Witten. 30 Jahre seines Lebens hat ein Wittener in Haft verbracht. Nun sieht das Gericht für den Mann eine Chance auf ein Leben ohne Kriminalität. Warum?
Fast die Hälfte seines bisherigen Lebens hat ein Wittener wegen größerer und kleinerer Straftaten bereits im Gefängnis verbracht. Damit könnte nun Schluss sein. Am Mittwoch wurde der 61-Jährige vom Amtsgericht zwar wegen einer weiteren Tat zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt – allerdings auf Bewährung. Drei Jahre lang darf sich der Mann nun nichts mehr zu Schulden kommen lassen.
„Sie haben die Kurve bekommen, wie Sie sie so in Ihrem Leben noch nie bekommen haben“, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung. Denn der 61-Jährige hatte von Oktober bis März einen Drogenentzug und eine Therapie in einer geschlossenen Einrichtung durchgezogen. Die Therapeuten bescheinigten ihm eine positive Prognose.
Wittener war wegen gewerbsmäßigen Diebstahls angeklagt
Angeklagt war der Wittener wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und versuchten Diebstahls. Er soll im September 2019 in die Radstation an der Bergerstraße eingebrochen sein und dort 300 Euro entwendet haben. Außerdem wurde ihm ein gescheiterter Einbruch in die Bäckerei Büsch am Hauptbahnhof vorgeworfen, ebenso ein versuchter Ladendiebstahl bei Kaufland. Nur die letzte Tat, bei der der Angeklagte vom Ladendetektiv erwischt worden war, gab er zu.
Im Laufe der Verhandlung wurden die beiden anderen Anklagepunkte zugunsten des gescheiterten Ladendiebstahls fallen gelassen. Am Strafmaß hätten sie ohnehin nicht viel geändert. Auch gab es für den Einbruch in der Radstation nicht genügend stichhaltige Beweise.
Wittener war früher schwerkriminell
Und ohnehin: Im Zentrum der Verhandlung stand die Tatsache, dass der 61-Jährige derzeit versuche, sein Leben umzukrempeln. „Ich sehe, sie strampeln sich ab“, so die Vorsitzende Richterin. Er habe die Therapie gemacht und dabei gut kooperiert. Zudem habe sich der Angeklagte von der hohen Kriminalität in seiner Vergangenheit „heruntergewirtschaftet“. „Sie haben schlimme Dinge getan“, so die Richterin.
Den überwiegenden Teil seines Erwachsenenlebens habe der Wittener im Gefängnis verbracht, nämlich rund 30 Jahre. Verurteilt worden war er erstmals mit 17. Es folgten Haftstrafen unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung und schwerem Raub mit Schusswaffengebrauch. Nach einer Kindheit mit einem gewalttätigen und selbst kriminellen Vater war der Wittener in dieses Leben hineingeschlittert. Er habe, so hatte er sich dem Gericht gegenüber geäußert, „als Beruf angesehen, was er tat“.
Mit 40 Jahren begann auch die Drogenkarriere des Witteners
Erst mit rund 40 Jahren begann auch seine Drogenkarriere, irgendwann nahm er täglich Kokain. Die Straftaten, für die er nun vor Gericht stand, verübte er unter zwei laufenden Bewährungen. Aber auch unter Drogeneinfluss. „Da denkt man nicht mehr rational“, so der Angeklagte. Nun sei er clean, wünsche sich eine Frau an seiner Seite, eine eigene Wohnung und die Möglichkeit, sich der Kunst zu widmen. Denn in dem 61-Jährigen steckt ein begabter Maler.
Er habe sich nun seine gute Prognose erarbeitet, so die Richterin. „Aber das kann sich ganz schnell wieder ändern bei einer neuen Straftat.“ Der Wittener müsse nun lernen, mit seinem „Ballast“ herumzulaufen, ohne wieder straffällig zu werden. Deshalb werde die kommende Zeit für ihn eine doppelte Bewährungsprobe. Denn der Mann ist nicht nur bei der Polizei stadtbekannt. „Ich hoffe, dass wir uns hier nicht mehr sehen“, so die Richterin. Der Mann soll sich nun um eine eigene Wohnung bemühen. Derzeit lebt er bei seiner Mutter, die er auch pflegt.