Witten. Witten hat so schlechte Radwege wie kaum eine andere Stadt. Die neue Radverkehrsbeauftragte Sophia Bröker möchte das ändern. Das sind ihre Pläne.

Bislang ging es mit dem im Sommer 2019 vom Rat beschlossenen Radverkehrskonzept eher im Schneckentempo voran. Nun aber schaltet die Stadt Witten ein paar Gänge höher: Die Radverkehrsbeauftragte Sophia Bröker hat am 1. Dezember ihren Dienst aufgenommen. Zudem stehen in naher Zukunft viele Verbesserungen für Radfahrende an: Markierungen mit roter Farbe auf den Straßen, die Einführung des Radleihsystems „Metropolrad Ruhr“, Abstellanlagen an Schulen und Umbauten.

Beim Fototermin überzeugt Sophia Bröker schon mal – denn gut Radfahren kann die studierte Bauingenieurin. Die 26-Jährige wuchs im münsterländischen Borken auf und radelte ein Auslandssemester lang durchs schwedische Göteborg. Kein Wunder, dass sie eine Affinität zu Speichen und Felgen hat. Das Stadtplanungsamt wurde auf die junge Frau aufmerksam, als diese noch studierte und eine Machbarkeitsstudie für einen Radweg von der Ruhr zur Emscher austüftelte. Einen Tag nach Abgabe ihrer Masterarbeit fing sie ihre Stelle im Technischen Rathaus als neue Radverkehrsbeauftragte an. Das Land zahlt die Stelle zunächst für zwei Jahre, eine Verlängerung ist möglich. Damit ist Sophia Bröker die erste „Rad-Lobbyistin“ Wittens.

Vier Stellen für Verkehrsplaner in Witten ausgeschrieben

Auch interessant

Bislang bremste das geringe Personal im Planungsamt den Fortschritt des Radverkehrs in Witten aus. Vier weitere Stellen für Verkehrsplaner sind zurzeit ausgeschrieben, aber noch nicht besetzt. Auch für die Stelle der oder des Radverkehrsbeauftragten fanden sich ein Jahr lang keine Kandidaten – schließlich ist Witten nicht die einzige Stadt im Land, die den Radverkehr voranbringen möchte.

Aber vielleicht die Stadt, die es am meisten nötig hat? Beim „Fahrradklimatest“ landet Witten abgeschlagen auf Platz 107 von 110. „Größte Herausforderung in Witten ist, dass sich die Radverkehrsführung so oft ändert. Es gibt zu viele Missverständnisse“, antwortet Sophia Bröker auf die Frage, welche Stelle in Witten denn am schlimmsten sei. Besonders negativ sei etwa die Ardeystraße. Den Pop-up-Radweg auf der Dortmunder Straße lobt sie als „richtigen Schritt in die richtige Richtung“. Lob gibt es auch für die klare Verkehrsführung in der Annenstraße.

Wittener Schulen beim „Fahrradparken“ beraten

Stadtbaurat Stefan Rommelfanger hat übrigens besonders „das Kommunikationsfreudige“ an Sophia Bröker gefallen. Er ahnt: „Wenn Radfahrer mehr Raum bekommen sollen, sie etwa gegenüber parkenden Autos bevorzugt werden, dann wird das für viele öffentliche Diskussionen sorgen.“

Auch interessant

Sophia Bröker möchte in Witten ein „Radforum“ gründen, in dem fachkundige Bürger oder die Radfahrverbände Anregungen geben können. Sie möchte die Wittener Schulen beim „Fahrradparken“ beraten. Demnächst soll dies an der Hardenstein-Gesamtschule umgesetzt werden, die sich bereits bei der Stadt gemeldet hat. Außerdem prüft sie die Einführung eines Fahrradverleihsystems in Witten.

„Metropolrad Ruhr“ möchte sein Konzept auch in Witten anbieten

So plant der Leipziger Anbieter „Metropolrad Ruhr“, sein Konzept auch in Witten anzubieten. Vor drei Jahren hatte die Firma der Stadtverwaltung noch einen Korb gegeben – Witten erfülle die „finanziellen Voraussetzungen“ nicht. Eine Idee ist nun, dass Studierende über ihr Semesterticket am Leihsystem beteiligt werden. Auch Wittener Wohnungsunternehmen haben Interesse an den Leihrädern angemeldet. Nicht nur dort würden die grau-orangenen Räder dann zur Verfügung stehen, sondern auch am Hauptbahnhof oder am Annener Bahnhof. „Der Betreiber hat uns viel Hoffnung gemacht. Wir müssen jetzt noch Mitfinanziers finden“, sagt Stefan Rommelfanger.

Allerdings: Erst die richtige Infrastruktur bringt die Menschen aufs Rad. Wie sieht es damit aus? In der Innenstadt wird demnächst die Kreuzung am Karl-Marx-Platz umgestaltet. Auch die Radwege der Pferdebachstraße werden bald „aufgemalt“. 2024 folgt die Sanierung der Sprockhöveler Straße, zu der die Planungen schon weit fortgeschritten seien, so Verkehrsplanungschef Tim Raabe. Auch die neue Lakebrücke (geplant 2023) könnte den Radverkehr in Heven und Herbede voranbringen. Sichtbarster Schritt für Pedaltreter: Im Frühjahr startet die Stadt damit, an kritischen Stellen rote Farbmarkierungen auf den Asphalt zu bringen. Start ist dabei an der Bergerstraße.