Witten. Martina und Ulrich Kobbeloer sind seit 20 Jahren Gastgeber auf Schloss Steinhausen. Corona hat die Gastronomen in eine schwierige Lage gebracht.

Im September sind sie 20 Jahre Pächter von Schloss Steinhausen, haben sich als Ort für romantische Hochzeiten im Grünen auch über das Ruhrgebiet hinaus einen Namen gemacht. Die Corona-Lage hat die Gastronomen Martina und Ulrich Kobbeloer - wie viele ihrer Kollegen - zu einer Vollbremsung gezwungen. Keine Hochzeits-, keine Geburtstags-, keine Firmenfeiern mehr, keine Partys im zum Bommeraner Schloss gehörigen „Kuhstall“. Uli Kobbeloer spricht von einem „Berufsverbot“ seit Beginn des zweiten Shutdowns im November. Eine Situation, die mittlerweile seine berufliche Existenz bedrohe, wie der 59-Jährige sagt.

Schloss Steinhausen zählt zu den beliebten Trauorten in Witten und verfügt auch über eine eigene Kapelle.
Schloss Steinhausen zählt zu den beliebten Trauorten in Witten und verfügt auch über eine eigene Kapelle. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Geheiratet werden darf noch auf Steinhausen. Im Schloss gibt es ein mit Stuck verziertes Kaminzimmer, das über die Stadt an Brautpaare für die standesamtliche Zeremonie vermietet wird. Eine Trauung in Corona-Zeiten ist eine einsame Angelegenheit. Außer dem Brautpaar und dem Standesbeamten darf dem Ja-Wort im Trauzimmer niemand beiwohnen. Kobbeloers dürfen den Frischvermählten nach dem formalen Akt noch nicht einmal ein Glas Sekt zum Anstoßen anbieten.

Eigentümer der Schloss-Anlage in Witten-Bommern verzichtet auf einen Teil der Pacht

Die Gastgeber auf Steinhausen sind froh, dass ihnen der Eigentümer der Anlage, Friedrich Oberste-Frielinghaus, finanziell entgegenkommt. „Er hat schon zu Beginn der Pandemie zu uns gesagt: ,An der Miete soll das hier nicht scheitern’“, sagt Martina Kobbeloer. Frielinghaus verzichte auf einen Teil der Pacht und im vergangenen Jahr habe es ja auch Monate gegeben, „wo man halbwegs arbeiten konnte. Ansonsten wären wir schon jetzt wirtschaftlich an dem Punkt, wo es nicht mehr weitergehen könnte“, so die 58-Jährige.

Rund 100 Hochzeiten werden in normalen Zeiten auf Schloss Steinhausen jährlich gefeiert - die meisten zwischen Mai und September. Feste, die für das Gastronomenpaar, das keinen normalen Restaurantbetrieb mehr anbietet, immer eine sichere Bank waren. Auch im vergangenen Coronajahr, in dem im Sommer noch mit Gästen gefeiert werden durfte, haben viele Brautpaare dies verschoben. Uli Kobbeloer: „Es gab Feiern, da waren 80 Personen eingeladen, aber nur 30 wären gekommen. Die anderen sagten wegen Corona ab.“ Für den 59-Jährigen war 2020 ein „Katastrophenjahr“. „2021 wird aber noch schlimmer. Seit November ist uns jegliche berufliche Betätigung verboten.“

„Wenn die Leute nicht in der Gastronomie feiern dürfen, tun sie es im Partykeller“

Im Schloss kann man in einem romantischen Ambiente mit Blick ins Grüne feiern und speisen.
Im Schloss kann man in einem romantischen Ambiente mit Blick ins Grüne feiern und speisen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Das Gastronomenpaar hat staatliche Finanzhilfen in Anspruch genommen - von der Soforthilfe bis zur Überbrückungshilfe 2. „Die Gelder sind zügig geflossen. Wir können davon aber unsere Fixkosten nicht bezahlen“, sagen die Schloss-Gastgeber. Sieben festangestellte Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, die beiden Azubis, ein Koch und eine Servicekraft, werden weiter ausgebildet. „Wir kochen zum Beispiel für uns selbst.“ Martina und Ulrich Kobbeloer leben jetzt von ihren Ersparnissen. „Geld, das eigentlich für unsere Versorgung im Alter gedacht war.“

Mit Blick auf die staatliche Corona-Politik sagen sie: „Da fehlt es an Pragmatismus. Man kann nicht Wochen benötigen, um wichtige Entscheidungen zu treffen.“ Kobbeloers verweisen auf ihre Räumlichkeiten. „Wir haben einen Saal, der ist 260 Quadratmeter groß.“ Man könne jedem Gast einen Corona-Schnelltest anbieten, natürlich Adresslisten führen. Uli Kobbeloer fürchtet: „Wenn die Leute nicht in der Gastronomie feiern dürfen, tun sie es im eigenen Partykeller.“ Für seine Branche sieht der Gastronom schwarz. „Experten gehen davon aus, dass es nach der Krise jeden zweiten gastronomischen Betrieb nicht mehr geben wird.“

Ihr berufliches Lebenswerk wollen sich die Kobbeloers nicht kaputt machen lassen

Jede vierte Trauung verschoben

Das Trauzimmer von Schloss Steinhausen können Brautpaare über die Stadt anmieten. Diese stellt Wittens Trauorte online vor. Neben Steinhausen gehören hierzu das Haus Hohenstein, die Häuser Witten und Herbede, das Fahrgastschiff Schwalbe sowie die Zeche Nachtigall.2020 haben sich 169 Paare für eine Trauung auf Steinhausen entschieden, 63 gaben sich auf dem Hohenstein das Ja-Wort. Stadtsprecherin Lena Küçük: „Insgesamt wurde in Witten etwa jede vierte Trauung wegen Corona storniert.“ Auf Steinhausen ließen sich in diesem Jahr erst acht Paare trauen.

Kobbeloers setzen ihre Hoffnungen in die Impfungen. „Im Frühjahr nächsten Jahres könnten wir eine andere Normalität haben.“ Man müsse lernen, mit Corona zu leben. Ihr berufliches Lebenswerk wollen sich die Eheleute durch die Pandemie nicht kaputt machen lassen. „Aufgeben, das kommt für uns nicht infrage.“