Wittener Waldbesitzer kann Baumsterben nicht verhindern
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Witten. Wenn seine Bäume vertrocknen, tue ihm das in der Seele weh, sagt Friedrich Oberste-Frielinghaus. Aber einen Wald könne man nicht bewässern.
Der Rekordhitzesommer 2018, die diesjährige Trockenheit, der Borkenkäfer-Befall – der Wald genießt in diesen Wochen viel Aufmerksamkeit von politischer Seite. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will im September einen nationalen Waldgipfel einberufen. Kommentar von Wittens größtem privaten Waldbesitzer, Friedrich Oberste-Frielinghaus: „Die Politiker kümmern sich zu spät darum.“
Seit Jahrhunderten lebt die Familie Oberste-Frielinghaus in Bommern von der Land- und Forstwirtschaft. Friedrich Oberste-Frielinghaus zeigt auf eine seiner Rotbuchen. Mit dem Baum, ein Naturdenkmal, ist der 72-Jährige als Kind aufgewachsen. Das einstige Prachtstück, das rötliches Holz hat, wurde vor 250 bis 300 Jahren von seinen Vorfahren gepflanzt. Und ist jetzt nicht mehr zu retten. Die Buche ist vertrocknet, muss gefällt werden.
Enkel Adrian soll einmal den Wald des Großvaters erben
„Das schmerzt, so etwas tut einem in der Seele weh“, sagt der gelernte Gärtner. 116 Hektar, also 1.160.000 Quadratmeter Wald gehören dem Bommeraner. Bäume, die unter anderem auf Frielinghausen, im Muttental, an der Burgruine Hardenstein und in Vormholz stehen. Wald, den der Landwirt einmal seinem Enkel Adrian (13) vererben möchte. Um dessen Zukunft macht sich Oberste-Frielinghaus mit Blick auf den Klimawandel Sorgen. „Diese Generation wird es einmal sehr schwer haben.“ Der 72-Jährige hat keine Monokulturen, sondern Mischwald – Buchen, Eichen, Lärchen, Ahorn und Fichten. Alle Bäume leiden unter der derzeitigen immensen Trockenheit – vor allem aber die Buchen.
„Der Boden ist bis zu einer Tiefe von rund zwei Metern durchgetrocknet“, erklärt Sandra Oberste-Frielinghaus, die Tochter des Landwirts, Adrians Mutter. Und weil die Trockenheit so tief reiche, bringe auch Starkregen wie am Samstag vor zwei Wochen den Bäumen nichts. „Das ist so, als wenn man einen ausgetrockneten Blumenkasten plötzlich stark gießt. Das Wasser fließt über den Kasten, aber sickert nicht in den Boden“, sagt die 48-Jährige. So sei das auch im Wald.
Gefährlich wird es, wenn Bäume durch die Trockenheit plötzlich große Äste abwerfen
„Wichtig wäre ein tagelang anhaltender Landregen“, meint Sandra Oberste-Frielinghaus. Ihr Vater blickt auf den Waldweg, der von Frielinghausen aus hinunter ins Muttental führt. „Im Sommer sieht man hier normalerweise ein dichtes Blätterdach und nicht wie jetzt den Himmel“, meint er und klingt dabei traurig. Die lichten Kronen seiner alten Bäume zeigen, wie es um sie bestellt ist. „Und neue Bäume kann man jetzt nicht pflanzen, weil sie im trockenen Boden gar nicht gedeihen.“ Wald könne man eben nicht bewässern. „Da kann man nur machtlos zugucken.“
Die Wälder rund um Witten leiden unter Wassermagel
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Gefährlich wird es, wenn Bäume durch die Trockenheit plötzlich große Äste abwerfen oder gar abbrechen. So geschehen hinter dem Haus von Oberste-Frielinghaus bei einer Roteiche. „Es hat geknackt, dann ist die ganze Krone heruntergestürzt“, erzählt der Landwirt. Und fügt hinzu: „Der Baum war grün. Er sah äußerlich nicht krank aus.“
Vom Borkenkäfer befallene Fichten an der Burgruine Hardenstein gefällt
Den Fichten der Familie hat die Borkenkäfer-Plage zugesetzt. An der Burgruine Hardenstein ließ Oberste-Frielinghaus jetzt eine Fläche von insgesamt rund 10.000 Quadratmetern fällen. „Die Bäume waren noch nicht abgestorben.“ Das Holz konnte er an einen Händler verkaufen, aber weit unter dem üblichen Preis. Denn die Sägewerke sind voll – bundesweit.
Ein Problem auch für Stadtförster Klaus Peter. „Die Holzpreise brechen weiter ein. Man bekommt nicht mehr viel fürs Holz.“ Derzeit sei im Gespräch, Wittener Holz über einen Händler nach China zu exportieren. Fichten im gesamten Stadtgebiet seien vom Borkenkäfer befallen. „Das ist dramatisch.“
Schon 2018 hatten sich die Insekten explosionsartig vermehrt
Schon die Wärme und Trockenheit des vergangenen Jahres hatte zur explosionsartigen Vermehrung der Insekten geführt. Und: Borkenkäfer überwintern unter der Rinde ihrer Opfer. Ab April schwärmen sie aus ihren Winterquartieren aus, um dann weiter ihr Unwesen zu treiben. Förster Peter: „Befallene Bäume müssen gefällt werden. Bleiben die Fichten stehen, wird der Schaden immer größer.“
Dies möchte auch Carsten Niederste-Frielinghaus verhindern, der Schwiegersohn von Friedrich Oberste-Frielinghaus. Der 42-Jährige besitzt 30 Hektar Wald (300.000 Quadratmeter), rund die Hälfte steht in Bommerholz. Auch dort waren Fichten auf insgesamt rund 5000 Quadratmetern von Borkenkäfern befallen. Die kranken Bäume wurden inzwischen gefällt.
In Witten gibt es rund 1000 Hektar Privatwald
Rund 700 Hektar groß ist der Wittener Wald, der der Stadt gehört. Für ihn ist Stadtförster Klaus Peter verantwortlich. Die vier großen kommunalen Waldgebiete liegen auf dem Hohenstein, in Vormholz, Buchholz und im Herrenholz.
Neben dem städtischen Wald gibt es in Witten noch rund 1000 Hektar Privatwald. Hierfür ist Klaus Peters Kollege, Förster Maximilian Bremes, in Wetter zuständig, der beim Landesbetrieb Wald und Holz angestellt ist.
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