Witten. Müll, Lärm oder Parkplatznot begleiten das beliebte Baden an der Ruhr in Witten-Bommern. Ein legales Naturfreibad könnte diese Probleme lösen.

Nach der ersten Hitzewoche des Jahres 2020 hat man beim Kanuslalomclub WKS schon den Kaffee auf. Auf dem Vereinsgelände an der Uferstraße 23 in Witten geht es voller und wilder zu denn je, heißt es. Bis tief in die Nacht würde dort gefeiert, wo auf Betreiben der Jungen Union (JU) Wittens Naturfreibad entstehen könnte. Damit würde es auch eine Lösung für die aktuellen Probleme geben, wie Müll, Lärm und Parkplatznot.

Mit genervtem Gesichtsausdruck räumt die Frau auf. Sie stapelt vergessene Handtücher in eine Ecke, sammelt Getränkedosen und Schnapsflaschen ein. Abgeknabberte Melonenschalen liegen auf der Wiese verstreut und jede Menge Entenkot. Sie schimpft über Gruppen junger Leute, die abends auf dem Gelände kiffen oder ihren Alkohol mit dem Einkaufswagen bis zu der Ruhrwiese schieben und dann lautstark feiern würden. Und die vor allem ihren Müll liegen ließen.

An den heißen Tagen der letzten Woche hätten die Sonnenanbeter dicht an dicht auf ihren Handtüchern gelegen, heißt es. Die Vereinsmitglieder des WKS, die ihren Namen nicht nennen wollen, teilen die Idee, auf Wittener Stadtgebiet ein Naturfreibad einzurichten. Denn so, wie es jetzt läuft, könne es einfach nicht weitergehen.

Familien planschen mit ihrem Nachwuchs in der Ruhr bei Witten

Jan Herbrechter, Vorsitzender der Jungen Union, beobachtet mit Sorge, wie das Baden in der Ruhr an warmen Tagen in diesem Sommer nicht zuletzt angesichts des geschlossenen Freibads in Annen zunimmt. Er zeigt Fotos, die wenige Tage alt sind. Sogar Familien planschen darauf mit ihren Kindern in der Ruhr. „Dabei ist das Baden hier nicht ungefährlich. Soviel Verantwortungsbewusstsein müssten die Bürger doch haben“, sagt der junge Christdemokrat. In der letzten Woche hätten Eltern zuhauf ihren Nachwuchs zum Fluss gefahren – als brächten sie die Kids zum Freibad.

Jan Herbrechter, Vorsitzender der Jungen Union, auf dem möglichen Gelände für ein Naturfreibad in Witten. Der Jungpolitiker engagiert sich für eine legale Badestelle, zum Beispiel an der Uferstraße in Bommern.
Jan Herbrechter, Vorsitzender der Jungen Union, auf dem möglichen Gelände für ein Naturfreibad in Witten. Der Jungpolitiker engagiert sich für eine legale Badestelle, zum Beispiel an der Uferstraße in Bommern. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche


Die Junge Union kämpft seit 2009 für eine legale Badestelle an der Ruhr. Herbrechter hat miterlebt, wie langsam die Mühlen der Verwaltung arbeiten. Briefe wurden im Jahrestakt beantwortet. Nun gibt es Rückenwind für die Idee. Der Rat der Stadt Witten hat am 23. Juni beschlossen, dass ein Standort für ein Naturfreibad gefunden werden soll.

Ein Team aus Verwaltung, Entwässerung Stadt Witten, Ruhrverband, Stadtwerke, DLRG, Feuerwehr, Verbundwasserwerk und Vertreter der Politik sollen zusammenarbeiten. Herbrechter: „Deren Analyse soll ein für alle mal zeigen, ob ein Naturfreibad in Witten machbar wäre oder eben nicht.“

Wittener Naturfreibad könnte 2027 eröffnen

Das Projektteam wird wahrscheinlich erst im Herbst die Arbeit aufnehmen, so der Unionspolitiker. Er hofft, dass das Naturfreibad 2027 öffnen könnte – in Zusammenhang mit der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA).

Die IGA legt einen Schwerpunkt aufs Ruhrtal, dazu wird es Fördertöpfe geben. Die Junge Union betont, dass das Naturfreibad nicht unbedingt am Standort Uferstraße entstehen muss. Das Wendemanöver der Schwalbe und die schlechte Parkplatzsituation seien dort ein Problem. Die Partei hat noch andere Stellen ins Auge gefasst – etwa in Heven, auf Höhe des Schleusenwärterhäuschens, oder bei den „Eisenbahnern“ unterhalb des Wartenbergwegs.

Homepage informiert über Wasserqualität in einem Naturfreibad Witten

Nach Festlegung des Standorts sollen die Wasserqualität beprobt und die Strömungsverhältnisse ermittelt sowie ein Betreiber gesucht werden. Die Kosten für ein Naturfreibad hielten sich im Rahmen, sagt Herbrechter. Teuer sei die einmalige Anschaffung des Frühwarnsystems, das Niederschlagsmengen und Wasserqualität bestimmt. Über Öffnung oder Schließung informiert eine Homepage. In einer Städten regelt dies auch eine Ampel, mitunter ist das Ufer mit einer Kette abgesperrt. Einnahmen könne man über einen niedrigen Eintritt oder den Verkauf von Eis und Getränken erwirtschaften.

Nach den Plänen der JU kann ein Naturfreibad nur mit einem „Kümmerer“ funktionieren. Herbrechter: „Es braucht eine Bewirtschaftung.“ Und wenn die Idee des Naturfreibads doch beerdigt wird? „Die Leuten springen weiterhin ins Wasser“, sagt der junge Wittener. Und die Probleme am Ruhrufer blieben ebenfalls.