Witten. Bei Lohmann in Witten haben sich 21 Mitarbeiter mit Corona infiziert. Wie die Firma den Ausbruch mit der britischen Mutante in den Griff bekommt.

Wie ansteckend die britische Virusmutation ist, die aktuell bereits 40 Prozent aller Infektionen in Witten ausmacht, hat jetzt der Stahlhersteller Friedr. Lohmann zu spüren bekommen. Binnen kürzester Zeit haben sich im Werk in Herbede 21 Mitarbeiter angesteckt.

„Ein Jahr lang spricht man über Corona – und jetzt ist es bei uns angekommen“, sagt Geschäftsführer Gunnar Lohmann-Hütte. „Es ist eine Ausnahmesituation.“ Seit über zwei Wochen kämpft das Traditionsunternehmen nun schon gegen das Virus – und konnte es mit Hilfe konsequenter Tests der Mitarbeiter auch eindämmen. Die erste Infektion wurde bereits am 22. Februar nachgewiesen – bei einem Mitarbeiter, der sich privat hatte testen lassen. Dann ging alles ganz schnell.

Tests der Kontaktpersonen bei Lohmann in Witten erfolgten nach einer Stunde

„Binnen einer Stunde haben wir die engsten Kontaktpersonen zum Test ins Rathaus der Medizin geschickt“, sagt Katja Lohmann-Hütte, die mit ihrem Bruder die Firma führt. Die ersten Ergebnisse waren alle negativ. Es folgten erneute Schnelltests zwei Tage später, bei denen eine Infektion gefunden wurde.

Die beiden Geschäftsführer und Geschwister Katja und Gunnar Lohmann-Hütte vor der kaufmännischen Verwaltung der Firma Fr. Lohmann in Witten. Das Foto entstand im Oktober vergangenen Jahres.
Die beiden Geschäftsführer und Geschwister Katja und Gunnar Lohmann-Hütte vor der kaufmännischen Verwaltung der Firma Fr. Lohmann in Witten. Das Foto entstand im Oktober vergangenen Jahres. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Daraufhin wurden zunächst alle Mitarbeiter der betroffenen Abteilung, der Instandhaltung, getestet. Dann die ganze Produktion, rund 230 Beschäftigte am Standort in Herbede – um zu sehen, ob das Virus auch in andere Abteilungen übergesprungen ist. Das war es. Auch im Walzwerk hatten sich da schon Mitarbeiter infiziert. Dort wird derzeit deshalb nur in zwei statt in drei Schichten gearbeitet.

Die gesamte Belegschaft wurde täglich vor Schichtbeginn getestet

Seit dem 1. März wurde im Herbeder Stahlwerk zudem täglich die gesamte Belegschaft abgestrichen, bevor sie den Betrieb betrat. Mittlerweile werden nur noch die betroffenen Abteilungen getestet. „Und alle haben freiwillig mitgemacht. Darüber sind wir sehr froh und dankbar“, sagt Gunnar Lohmann-Hütte. Das letzte positive Ergebnis gab es am 4. März. Wegen der Teststrategie verhängte das Gesundheitsamt nur für sechs weitere Mitarbeiter eine Quarantäne.

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Firmen sollen künftig vermehrt selbst testen

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben am Dienstag, 9.3., angekündigt, dass es eine „substanzielle Ausweitung“ von Tests innerhalb von Unternehmen geben soll, um die Teststrategie von Bund und Ländern zu unterstützen. In einigen Wittener Betrieben laufen derzeit schon die Vorbereitungen dazu. Ruhrpumpen hat sich bereits Angebote verschiedener Hersteller eingeholt und ist in Gesprächen über die konkrete Umsetzung. Das Unternehmen schickt bereits einmal wöchentlich Mitarbeiter aus den Bereichen Versand und Wareneingang in eine Arztpraxis, um sie dort abstreichen zu lassen. Auch die Edelstahlwerke prüfen derzeit nach eigenen Angaben zukünftige Angebote an die Mitarbeiter. Aktuell werde noch nicht getestet.

„Im Endeffekt sind wir froh, dass es so abgelaufen ist. Es geht einfach um Schnelligkeit“, zieht der 46-Jährige ein vorläufiges Fazit. Denn das Virus könne sich binnen ein bis zwei Tagen rasend schnell ausbreiten. Besonders dankbar sei man dem Team vom Rathaus der Medizin, das alle Tests der Mitarbeiter organisiert und durchgeführt hat – manchmal mit nur wenigen Stunden Vorlauf. „Was die Ärzte in Witten gerade leisten im Kampf gegen die Pandemie ist unglaublich. Da haben wir wirklich Glück“, sagt Katja Lohmann-Hütte.

Infizierte Mitarbeiter kehren nach und nach zurück

Die ersten erkrankten Mitarbeiter des Stahlwerks am Ruhrufer kehren nun nach und nach zurück. Man habe die ganze Palette von Verläufen erlebt, sagt Gunnar Lohmann. Von sehr milden Symptomen bis hin zu hohem Fieber und Schüttelfrost. Ein Mitarbeiter liegt derzeit sogar im Krankenhaus. Er hatte sich wegen Magen-Darm-Problemen in eine Klinik begeben und werde dort wegen Dehydrierung behandelt, so der 46-Jährige. Ein Coronatest sei positiv ausgefallen.

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„Ganz Deutschland ist ja coronamüde“, sagt der Stahlfabrikant. „Wir sind jetzt wieder sehr sensibilisiert.“ Wenn die großangelegten Tests in der nächsten Woche auslaufen, werde es aber wohl keine weiteren Tests innerhalb der Firma geben. „Wir haben ja das neue Schnelltestzentrum vor der Tür.“