Witten/EN-Kreis. Immer mehr drängeln mit Termin zum Impfzentrum Ennepetal, obwohl sie keine 80 sind. Über 40 waren es schon an einem Tag. Wie ist das möglich?

Erneut gibt es Ärger bei der Vergabe der Impftermine. Inzwischen nutzen Bürger offenbar verstärkt das Buchungsportal der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), um dort kurzfristig freigegebene Termine zu ergattern, obwohl sie eindeutig nicht über 80 sind. Am Mittwoch (17.3.) versuchten laut Kreis 42 Bürger, sich auf diese Weise im Impfzentrum Ennepetal vorzudrängeln, bis Donnerstagnachmittag waren es auch schon wieder 24.

„Nicht jedem wollen wir dabei Böswilligkeit unterstellen“, so Kreissprecher Ingo Niemann. Die meisten, die wieder umkehren müssen, seien etwa ab 40 Jahre alt. „Wer aber unter 80 ist, der müsste eigentlich wissen, dass er jetzt nicht an der Reihe ist.“ Denn auch wenn gerade wegen des Astrazeneca-Stopps mehr Biontech geliefert werde, sei dies nach wie vor ausschließlich für über 80-Jährige vorgesehen. Wie kann es also sein, dass Jüngere bei der Buchung eines Termins trotzdem erfolgreich sind?

Wittener Facebook-Nutzer bekam Termin, obwohl er unter 80 ist

„Bei der Impfterminvergabe über die Website wurde eine Altersabfrage gemacht. Wenn man dort ein Alter unter 80 angab, wurde man trotzdem zugelassen“, schrieb beispielsweise ein Wittener Facebook-Nutzer. Er habe es selbst ausprobiert, dann beim Kreis angefragt, ob das so richtig sei, anschließend auf den Fehler hingewiesen und seinen Termin „selbstverständlich“ wieder storniert.

Auch ein Selbstversuch ergibt: Ja, es ist in der Tat möglich, online einen Termin im Impfzentrum zu bekommen, wenn man unter 80 ist. Wer sich über www.116117.de einloggt, muss zunächst Bundesland und Impfzentrum anklicken, also „Deutschland“ und „Ennepetal“. Darauf folgt die Frage: „Wurde Ihre Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung bereits geprüft?“ Hier geht die Antwort „Ja“ nur, wenn bereits ein Vermittlungscode (z.B. vom Erstimpfungstermin) vorhanden ist. Also auf „Nein“ tippen.

„Die endgültige Prüfung Ihres Anspruchs auf eine Impfung findet im Impfzentrum statt“

Darauf folgt eine lange Auflistung aller Personengruppen, die aktuell impfberechtigt sind. Dazu zählen bekanntermaßen u. a. Senioren über 80 sowie Pflegende, die in (teil-)stationären Einrichtungen oder bei ambulanten Diensten arbeiten, seit 8. März außerdem Lehrer und Erzieher. Chronisch Kranke etwa – das erfährt man mit einem weiteren Click auf die NRW-Seite – seien erst Ende März vorgesehen.

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Darunter steht die Frage: „Gehören Sie einer der genannten Personengruppen an?“ Wer „nein“ anklickt, ist logischerweise raus. Wer „ja“ drückt, wird jetzt nach dem Alter gefragt. Gebe ich dann z.B. 50 ein, erfolgt eine Art Schnellprüfung, die mir dennoch erlaubt, einen Termin zu buchen. Allerdings steht dort auch: „Die endgültige Prüfung Ihres Anspruchs auf eine Impfung findet vor Ort im Impfzentrum statt.“

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Wer das alles ignoriere oder bewusst falsch ausfülle, der könne in der Tat einen Termin buchen, so KVWL-Sprecher Andreas Daniel. „Wir haben ja nicht die Geburtsdaten der Bürger gespeichert.“ Bei der schnellen Programmierung im Januar habe man keine prüfbaren Ausschlusskriterien einbauen können. Der KVWL-Sprecher appelliert: „Da sind wir auf die Mithilfe der Leute angewiesen.“ Vor allem aber auf deren Ehrlichkeit. Spätestens, wer mit einem „ergaunerten“ Termin vor dem Impfzentrum in Ennepetal steht, hat schlechte Karten. Dort muss natürlich der Personalausweis und gegebenenfalls ein Arbeitsnachweis vorgelegt werden.