Witten. Senioren und Angehörige aus Witten scheitern weiter beim Versuch, einen Impftermin zu bekommen. Betroffene schildern ihre verzweifelte Odyssee.

Jeder über 80-Jährige werde einen Impftermin bekommen, hat Gesundheitsminister Laumann versprochen. Nur: „Wann soll das bloß sein?“, fragt sich beispielsweise Franz Voß aus Witten. Der 89-Jährige ist einer von rund 250.000 Senioren in NRW, die noch immer vergeblich jeden Tag am Telefon ihr Glück versuchen, um endlich ein Datum für den ersehnten Piks zu erhalten.

Wut und Frust sind dem Mann aus Annen deutlich anzuhören. Ihn wundert, dass so viele schon die Zweitimpfung erhalten, dass gar schon übers Impfen der nächsten Prioritätengruppe der über 70-Jährigen gesprochen wird, während er an diesem Vormittag die 34. Absage innerhalb der letzten zwei Wochen fürs Impfzentrum in Ennepetal bekommen hat. „Ich weiß nicht, was da los ist“, sagt Franz Voß, den die vergeblichen Bemühungen um einen Termin zusehends resignieren lassen.

Fünf Wochen dauerte es, bis Tochter einen Impftermin für Eltern in Witten hatte

„Ich habe schon gar keine Lust mehr, es überhaupt zu versuchen, muss mich regelrecht dazu überwinden.“ In seiner Not hat er sogar schon an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) geschrieben, die das offenbar anhaltende Chaos bei der Impfterminvergabe zu verantworten hat. Auf Anfrage dieser Redaktion sagt Sprecherin Vanessa Pudlo: „Mittlerweile läuft die Terminvergabe deutlich stabiler als noch zu Beginn. Leider gibt es für Bürger, die noch keinen Termin haben, nur die Möglichkeit, es weiterhin telefonisch oder online zu versuchen.“

Franz Voß wird das nicht wirklich beruhigen. Tanja Berndt allerdings kann nachvollziehen, was der 89-Jährige gerade durchmacht. Denn auch sie hat eine Odyssee hinter sich. Die Frau aus Velbert hat seit dem 25. Januar versucht, einen Impftermin für ihre Eltern (82 und 83 Jahre), die in Witten leben, zu bekommen. Erfolgreich war sie erst am Nachmittag des 1. März: Ihre Mutter ist nun am 4. März an der Reihe, ihr Vater am 8. März. Dass sie nun die Tour von Velbert nach Witten und dann nach Ennepetal doppelt fahren muss, sei ihr völlig egal. „Mir ist einfach nur eine riesige Last von der Seele gefallen.“

Ab 8. März: Kitas und Schulen an der Reihe

Seit dem 12. Februar vergibt der EN-Kreis selbst Termine für jene Berufsgruppen, die mit Astrazeneca geimpft werden. „Das läuft gut“, so Kreis-Sprecherin Franziska Horsch. Aktuell sind Pflegekräfte und Mitarbeiter des Rettungsdienstes an der Reihe. Ab Montag (8.3.) können sich auch Kita-Mitarbeiter sowie Lehrer von Grund- und Förderschulen impfen lassen. „Wir haben Kita- und Schulleitungen bereits kontaktiert.“Die Terminvergabe für die über 70-Jährigen übernimmt wieder die Kassenärztliche Vereinigung. „In diesem Kontext wird es aber Änderungen bei der Buchungssystematik geben, dies wurde mit dem NRW-Gesundheitsministerium abgesprochen“, sagt Sprecherin Vanessa Pudlo.

Täglich habe sie versucht, per Telefon oder übers Internet Termine zu bekommen. „Man sah freie Termine, konnte sie aber nicht buchen. Bei der Hotline wurde mir gesagt, ich solle morgens anrufen, da die neuen Termine nachts freigeschaltet würden. Aber nichts ging“, schildert Tanja Berndt ihre verzweifelten Bemühungen. „Mittlerweile wurden meine Eltern nervös, waren psychisch, wie vermutlich viele andere auch, sehr angeschlagen.“ Denn sie hatten doch so sehr gehofft, durch die Impfung endlich wieder mehr Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln haben zu können.

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Zwischenzeitlich wusste Tanja Berndt nicht mehr weiter: „An wen muss ich mich wenden? An Herrn Laschet? An Herrn Lauterbach? An Herrn Laumann?“ Sehr dankbar sei sie ihrem Arbeitgeber, der ihr erlaubte, während der Arbeitszeit zu telefonieren und im Netz nach Terminen zu gucken, was sie zum Schluss halbstündlich tat. Trotzdem fragte sie sich besorgt: „Bin ich doch zu nachlässig bei den Versuchen?“ Ihr schlimmster Gedanke in den vergangenen fünf Wochen: „Wenn meine Eltern jetzt erkranken, weil sie nicht geimpft werden, dann trage ich mit Schuld.“

Dass es nun doch geklappt hat, kann Tanja Berndt kaum fassen. „Nachdem schon Nachbarn und Verwandte meine Eltern gefragt haben, was ich denn wohl falsch mache, dass ich keine Termine bekomme, bin ich wirklich erleichtert.“

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