Velbert. Im Februar wird Ursula Schwarz 103 Jahre alt. Erlebt und gesehen hat sie viel, aber am meisten vermisst sie das Meer und den Fisch.
Ursula Schwarz hat schon einiges mitgemacht. Ob Weltkrieg, Mauerfall oder die sich immer verändernde Technologie. Die Seniorin war bei fast allem dabei und hat in ihren 102 Jahren der Höhen und Tiefen trotzdem nie den Mut verloren, ist immer optimistisch geblieben. Ihre Lebensgeschichte ist voller Licht. Trotzdem ist sie überrascht, dass sie noch hier sitzt, in ihrem beigefarbenen Sessel, denn selbstverständlich ist das in ihrem Alter nicht. Und das weiß sie auch.
Seniorin aus Velbert geht auf die 103 Jahre zu
Als Älteste von ursprünglich vier Geschwistern ist Ursula Schwarz die einzige, die noch lebt. Geboren 1922 in Ostpreußen auf einem Bauernhof, wächst sie recht behütet auf. Trotzdem wollte sie immer weg, und zwar in die Stadt, dort wo ihre Tanten in Dortmund waren. „Ich bin ein Stadtmensch“, sagt Ursula mit einem breiten Lächeln. „Ich habe immer zu meinen Tanten gesagt: ‚Ich komm‘ auch dorthin!‘“
Und das hat sie auch geschafft. Schon als junge Frau zeigt sich ihre lebensbejahende Art. Mit nur 19 Jahren heiratete sie einen Lokomotivführer und zog nach Münster. Durch seinen Beruf war es ihr möglich, kostenlos mit der Bundesbahn zu fahren. „Ich bin immer gern gereist“, sagt Ursula begeistert. „Einmal im Jahr nach Ostpreußen zu meiner Familie. Dort war ich immer vier Wochen.“
Reisen und tanzen hat die Seniorin fit gehalten
Sogar bis nach Korsika ging es einmal für sie. Dort hat sie dann gezeltet. „Direkt am Wasser“, erinnert sie sich. „Auch wenn ich nicht so weit schwimmen konnte, das Wasser zog mich immer an. Vielleicht, weil ich vom Sternzeichen Fisch bin“, fügt sie lachend hinzu.
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An die Zeit als junge Erwachsene erinnert sie sich gern zurück. Denn da hat sie gut gelebt und ist gern tanzen gegangen. „Die meisten tanzten Tango, aber Walzer nur wenige. Ich habe alles getanzt!“ Ursula würde gern immer noch über die Tanzfläche fegen, aber das geht leider nicht mehr. Sie reibt sich die Stirn und fügt schmunzelnd hinzu: „Sonst würde es bei mir im Kopf tanzen.“
Von Münster kam Renate Schwarz nach Velbert
Trotz all der schönen Erinnerungen gab es auch Schicksalsschläge in ihren jungen Jahren. Der Verlust ihrer Brüder im Krieg – und dann die Nachricht von einem Kameraden, dass auch ihr Mann im Krieg gefallen sei. Für Ursula war das keine leichte Zeit. Sie blieb eine Zeit lang bei den Schwiegereltern, bis ihre eigenen Eltern aus Ostpreußen mit dem Treck und zwei Pferden anreisten.
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Statt zu verzweifeln, fand Ursula neuen Lebensmut, zog nach Velbert und lernte dort ihren zweiten Mann kennen. Gemeinsam bauten sie ein Haus, das sie nach und nach erweiterten. „Ich habe in vielen Dingen das Helle gesehen und nicht das Dunkle“, sagt Ursula Schwarz heute. Diese positive Einstellung half ihr, auch schwierige Zeiten zu meistern.
Zufriedenheit im Leben ist das Wichtigste
Mit ihrem zweiten Mann hat sie viele gute Momente erleben können. Kinder hat sie keine. Trotzdem ist sie froh, dass es ihr heute, mit bemerkenswerten 102 Jahren, soweit ganz gut geht. „Wenn das so bleibt, wäre das gut“, sagt sie lächelnd. „Meine Gedanken sind noch alle da. Das ist viel wert.“ Denn im Großen und Ganzen findet sie: „Wenn man so zufrieden ist, wie man ist, dann wäre es einem lieb, wenn es so weitergeht. Mehr kann man sich nicht wünschen.“
Ob sie rückblickend gern etwas in ihrem Leben geändert hätte? Ursula schüttelt den Kopf. Lang überlegen muss sie gar nicht. „Ich wüsste nicht, was ich so viel verändern würde. Ich hatte viel Zeit, konnte reisen.“ Sie sieht optimistisch auf ihren 103. Geburtstag am 20. Februar hin – und weiß, dass sie den auch noch schafft. Bis dahin lebt sie im Johanniterheim „in den Tag hinein“, wie sie selbst sagt.
„Fisch würde ich gern mehr essen“, fällt ihr noch ein. Denn das ist ihr Lieblingsessen. Nur aussuchen kann sie sich das im Johanniterheim leider nicht. Aber wer weiß: Vielleicht bekommt sie einen zu ihrem Geburtstag serviert.