Langenberg. Es regnet viel - und das ist gut für die Natur, sagt Peter Tunecke. Doch reicht das Wasser, um die Dürrejahre der Vergangenheit ausgleichen?

„Nein“, sagt Peter Tunecke bestimmt. „Der viele Regen in diesem Jahr kann die Folgen der Dürrejahre sicherlich nicht ausgleichen.“ Der Stadtförster in Diensten der Technischen Betriebe Velbert (TBV) ist nach wie vor besorgt, wenn es um den Zustand der Velberter Wälder geht.

„Die Belaubung ist zwar intensiv grün, aber die Vorschäden gehen ja nicht weg.“ Wer genau hinschaue, sehe überall tote Äste und kaputte Baumkronen. „Und was man da sieht, fehlt auch im Wurzelbereich.“ Deutlicher gesagt: In den Dürresommern der vergangenen fünf Jahren haben sich die Wurzeln zurückgebildet.

Wurzeln bilden sich in Dürrephasen zurück

„Es gibt weiterhin massive Wurzelschädigungen, die ganz gut zu sehen sind, wenn mal ein Baum umfällt.“ Die Wurzelteller seien kaum noch vorhanden. Und das kreuz und quer durch die Holzarten: „Von Nadelholz brauchen wir schon gar nicht mehr reden“, sagt Peter Tunecke. „Aber auch Buchen, Eichen, Kirschen oder Birken sind betroffen.“

Kleinere und geschädigte Wurzeln bedeuten aber nicht nur, dass die Bäume schlechter mit Nährstoffen versorgt werden. Sie bedeuten auch, dass die Standsicherheit gefährdet ist. Es fehlt Stabilität. Kommt dann viel Regen - so wie jetzt -, weicht der Boden auf, die Wurzeln halten nicht mehr, der Baum kippt um. Spätestens im Herbst mit den drohenden Stürmen steige die Gefahr zusätzlich.

Diese Buche ist im Februar 2023 umgefallen. Gut zu sehen: Der Wurzelteller ist kaum breiter als der Stamm. Die Schädigung der Wurzeln ist eine Folge der Dürrejahre. Dadurch wird der Baum nicht nur schlechter mit lebenswichtigen Stoffen versorgt, er verliert auch an Standsicherheit.
Diese Buche ist im Februar 2023 umgefallen. Gut zu sehen: Der Wurzelteller ist kaum breiter als der Stamm. Die Schädigung der Wurzeln ist eine Folge der Dürrejahre. Dadurch wird der Baum nicht nur schlechter mit lebenswichtigen Stoffen versorgt, er verliert auch an Standsicherheit. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Förster hat früh vor Spätfolgen gewarnt

Natürlich helfe der viele Regen der Natur, „aber vor allem Jungbeständen und Kulturen“, erläutert der Stadtförster. Denn klimabedingte Schäden, fährt er fort, zeigen sich in der Natur in der Regel mit Verzögerung. „Bei Bäumen sprechen wir von einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren“, sagt er. Das bedeutet: Je nach Verfassung eines Baumes treten die Schäden, die zum Beispiel durch Dürrephasen hervorgerufen worden sind, erst Jahre später auf.

Er habe schon früher darauf hingewiesen, sagt er. Zum Beispiel im November 2018, nach einem viel zu trockenen Sommer mit langen Hitzeperioden. Im Gespräch mit der WAZ warnte Peter Tunecke damals, dass die Folgen erst wesentlich später zu sehen sein werden.

Bäume reagieren oft erst spät auf schädliche Umwelteinflüsse

„Genau in dieser Phase sind wir jetzt“, betont der Experte der TBV heute. „Von den vergangenen fünf Jahren gab es nur in einem normale Niederschlagsmengen.“ Die anderen vier seien extrem trocken gewesen. „Da hilft auch das eine Jahr nicht, in dem die Menge über dem Durchschnitt lag.“ Davon profitierten nur Bäume, „die auch eine gewisse Grundvitalität mitbringen.“

Nadelhölzer leiden besonders unter den Folgen der Dürrejahre. Aber auch robustere Laubbaumsorten sind inzwischen stark betroffen.
Nadelhölzer leiden besonders unter den Folgen der Dürrejahre. Aber auch robustere Laubbaumsorten sind inzwischen stark betroffen. © dpa | Silas Stein

Manche reagieren aber eben jetzt erst auf das fehlende Wasser aus den vier Dürrejahren. „Der Absterbeprozess geht weiter“, sagt Peter Tunecke. „In manchen Ecken hier in Velbert waren wir in diesem Jahr schon drei Mal, um kaputte Bäume zu entnehmen.“ Diese Arbeiten müssten auch im Sommer erledigt werden.

Gefährdung von Menschen ausschließen

„Leider“, betont der Stadtförster. „Wir machen das auch nicht gerne.“ Aber er müsse eben auch dafür Sorge tragen, dass niemand gefährdet wird. Als Beispiel nennt er den Hang neben der Vogteier Straße zwischen Bökenbusch und Spindel: Hier sind die TBV während der Sperrung (WAZ berichtete) auch tätig geworden und haben vorgeschädigte Bäume entfernt.

„Das Holz war dort teilweise so zerfressen, dass wir die mit herkömmlichen Methoden nicht mehr fällen konnten.“ Andere Bäume habe er von Baumkletterern bearbeiten lassen wollen. „Aber deren Zustand war so schlecht, dass die da gar nicht erst rein wollten.“ Er habe festgestellt, sagt Peter Tunecke, „dass der Anspruch der Leute zwischen dem wunderbar grünen Wald und der Realität immer weiter auseinander klaffen“. Er wird deutlich: „Das ist Wunschdenken.“

So wünschen sich wohl die meisten den Wald: satt grün, gesund, mit einem vielfältigen Mix an Arten. „Doch das hat mit der Realität nicht viel zu tun“, mahnt Velberts Stadtförster Peter Tunecke.
So wünschen sich wohl die meisten den Wald: satt grün, gesund, mit einem vielfältigen Mix an Arten. „Doch das hat mit der Realität nicht viel zu tun“, mahnt Velberts Stadtförster Peter Tunecke. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Immerhin kaum Waldbrandgefahr

Dem Wald geht es überhaupt nicht gut“, betont der Stadtförster noch einmal. Denn die Dürreschäden und die damit einhergehende Schwächung der Bäume sorgt auch dafür, dass Schädlinge sich ausbreiten können: „Zum Beispiel Rußrindenpilz, Eichenprozessionsspinner, Eichenprachtkäfer, Borkenkäfer, um nur ein paar zu nennen. Es reißt nicht ab.“

Dieser Baum ist vom Rußrindenpilz befallen und musste daher gefällt werden.
Dieser Baum ist vom Rußrindenpilz befallen und musste daher gefällt werden. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Aber, es gibt auch einige positive Aspekte: Abgesehen davon, dass sich vor allem junge und gesunde Bäume und Pflanzen dank des vielen Regens erholen durften, ist auch eine ganz andere Gefahr derzeit kein Thema, sagt Peter Tunecke: „Immerhin ist die Waldbrandgefahr momentan sehr gering.“