Neviges. In Tönisheide hatten suchtkranke Menschen jahrelang eine Arbeitsstelle, die ihrem Leben Halt gab. Warum die Einrichtung geschlossen wurde.

Auf der Homepage des ZAB, des Zentrums für Arbeitsförderung und Beschäftigung“, früher ansässig in Velbert-Tönisheide, steht noch, wie wichtig Sätze wie „Ich gehe zur Arbeit“ oder „Ich bin gerade auf der Arbeit“ seien. So wichtig für Menschen, die mitunter Schwierigkeiten haben, morgens aufzustehen, sich anzuziehen, überhaupt ihren Alltag zu wuppen.

Im ZAB an der Wülfrather Straße wurden suchtkranke Menschen seit Sommer 2009 behutsam in einen „normalen“ Alltag ohne Alkohol und Drogen geführt, indem sie eine Aufgabe bekamen. Und sie waren stolz auf ihren Job, stolz auf jedes Vogelhäuschen, das sie zusammengebaut hatten, davon hat sich die WAZ bei diversen Besuchen ein Bild machen können. Doch das ZAB ist Vergangenheit, das Ladenlokal an der Wülfrather Straße steht leer. Der Träger hat die Einrichtung geschlossen.

Jede Socke bekommt ein Etikett, alles Vergangenheit. Im ZAB in Velbert gingen die Lichter aus.
Jede Socke bekommt ein Etikett, alles Vergangenheit. Im ZAB in Velbert gingen die Lichter aus. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

„Ja, es hat uns alle bestürzt“, sagt Thorsten Sanders, Leiter des Bereiches Betreutes Wohnen bei der GBS Suchthilfe. Die „Gesellschaft für den Betrieb von Sozialeinrichtungen“ (GBS) war einer der ZAB-Träger, gemeinsam mit dem Caritasverband für den Kreis Mettmann und dem Verein Freundes- und Förderkreis Suchtkrankenhilfe, der in Velbert das Café Intakt betreibt. Zu den Gründen der ZAB-Schließung sagt Thorsten Sanders, der vor zwei Jahren die, wie er es nennt, „administrative Leitung“ der Einrichtung an der Wülfrather Straße übernommen hatte: „Das Klientel hat sich verändert.“ So läge bei einigen Suchtkranken auch eine psychische Störung vor, oder sie seien in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.

Träger in Velbert arbeitet an neuem Konzept

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Doch für das Konzept des ZAB sei eine grundsätzliche Erwerbsfähigkeit Voraussetzung, „daher fallen auch Rentner heraus“, so Sanders. Ziel sei es nicht nur gewesen, den Menschen eine sinnvolle Tagesstruktur zu geben, es gehe auch darum, sie fit zu machen für den zweiten Arbeitsmarkt. Zu den ZAB-Kooperationspartnern gehörte unter anderem die Imkerei Paletta: Sie lieferte das Bienenwachs, mit dem an der Wülfrather Straße Teelichter gefertigt wurden. Die Solinger Firma Wowerat hatte kistenweise Socken geschickt, die hier mit Etiketten versehen wurden.

Zuletzt seien knapp zwölf suchtkranke Menschen an der Wülfrather Straße beschäftigt gewesen, Platz war für mehr als 20. Man kümmere sich weiter um diese Männer und Frauen, „die Klienten sind fest bei uns angebunden“, betont Thorsten Sanders. Gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeite man „mit Hochdruck an einem eigenen, neuen Konzept, um Alternativen zu schaffen“.