Velbert/Wuppertal. Lange war der Fall ein Cold Case: Nun gibt es einen Angeklagten. Dieser erzählt aber vor dem Wuppertaler Landgericht eine ganz andere Geschichte.
Nein, er habe die Frau nicht getötet und die Tat nicht begangen. Er sei zwar am Tatort gewesen: Er sei aber unschuldig. Ein 58 Jahre alter Angeklagter bestreitet im Mordprozess um den gewaltsamen Tod der Velberterin Claudia Knapp (47) im Februar 2007 den Tat-Vorwurf. Er habe einen anderen Mann am Tatort in der Wohnung von Knapp gesehen, an der Friedrichstraße in der Velberter City.
Der Angeklagte ist vorbestraft nach Raubüberfällen und hat eine Freiheitsstrafe verbüßt. Er lebte mit seiner Frau bis zu seiner Festnahme Ende August 2023 im Raum Frankfurt. Im Landgericht Wuppertal rang der Mann mit den Tränen, als er den Richterinnen und Richtern sagte: „Ich schäme mich, dass ich damals weggelaufen bin, dass ich bis jetzt geschwiegen habe und als Mörder da stehe.“
Staatsanwaltschaft überzeugt: Angeklagter hat den Mord in Velbert begangen
Mit dem Prozessbeginn wurde die Version des Angeklagten zum ersten Mal öffentlich bekannt. Die Staatsanwaltschaft kennt sie seit einigen Wochen. Sie ist weiter überzeugt: Sie kann den 58-Jährigen als Auftragsmörder überführen. Am Tatmorgen habe er die Frau in ihrer Wohnung besucht. Er habe sie angegriffen, als sie keine Gewalt erwartete. Mit einem Gegenstand habe er sie bewusstlos geschlagen. Er habe ihr einen Plastikbeutel aus der Wohnung über den Kopf gezogen. Damit habe sie ersticken sollen. Er habe weiter auf den Kopf eingeschlagen, bis sie starb. Die schrecklich zugerichtete Leiche fand am Mittag desselben Tages der damals 14 Jahre alte Sohn der Frau. Den Auftrag für die Tat habe der Ex-Mann zwei Wochen zuvor erteilt gehabt. Für einen unbekannten Geldbetrag habe der Angeklagte zugesagt.
58-Jähriger wird durch DNA-Spur belastet
Belastet wird der 58-Jährige durch eine DNA-Spur von der Leiche. Zu dem genetischen Fingerabdruck suchten die Ermittler lange das Gegenstück. Im Sommer 2023 führte die Spur schließlich zum Angeklagten. Die Richterinnen und Richter müssen die Geschehnisse unabhängig aufklären. Die Version des 58-Jährigen müssen sie prüfen.
Seiner Aussage zufolge war er um die Tatzeit arbeitslos. Den Ex-Mann der Getöteten habe er kennengelernt, für jeweils 100 Euro habe er Besorgungsfahrten für ihn übernommen. Für eine solche Fahrt sei er am Tattag zusammen mit einem anderen Mann in Velbert gewesen.
Mann will im Auto gewartet haben
Der Angeklagte sagte: Er habe im Auto gewartet. Der Andere habe sich für Geschäftliches verabschiedet. Nach einiger Zeit sei er hinterhergegangen. Die Adresse habe ihm der Andere genannt: „Ich bin in den Hausflur rein und habe gerufen.“ Sein Bekannter habe geantwortet, es solle noch kurz dauern. Durch eine offene Wohnungstür sei er weiter gegangen: „Als ich reinkam, hat in dem Raum nach rechts eine leblose Person auf dem Boden gelegen.“
Opferzeuge
Der Sohn der Getöteten fand ihre Leiche am Mittag des 1. Februar 2007, als er aus der Schule heim kam.
Der Schüler war damals 14 Jahre alt.
Die Aussage des inzwischen erwachsenen Zeugen hat das Gericht für später im Prozess vorgesehen.
Er habe noch helfen wollen
Instinktiv habe er versucht zu helfen, sagte der Angeklagte: Er sei ausgebildeter Rettungsschwimmer. Er sei zu dem Körper der Frau gegangen. Sofort habe ihn aber der andere Mann weggezogen. Der habe gedrängt, schnell zu gehen. Der Angeklagte beschrieb: „Ich war so aufgeregt, dass ich vor dem Haus zuerst in die falsche Richtung gelaufen bin.“
Auf der Rückfahrt Richtung Frankfurt habe er versucht, den Ex-Mann zu befragen, sagte der Angeklagte. Antworten habe er aber nicht erhalten. Der Andere habe an seinem Hals mit einer Geste einen Strich angedeutet. In Binsheim in Südhessen sei er ausgestiegen.
Ehemann nahm sich das Leben
In dieser Stadt lebte der getrennte Ehemann der Verstorbenen damals. Er nahm sich Tage später das Leben. Laut früheren Mitteilungen war sein Alibi überprüft worden. Das Ergebnis sollte sein: Zur Tatzeit hätte er nicht in Velbert sein können.
Als ersten Zeugen befragte das Gericht einen Sanitäter der Feuerwehr. Seiner Aussage zufolge hatten zunächst Blutspritzer an der Küchenwand die Helfer aufmerksam gemacht. Dazu seien weitere Spuren an der Leiche gekommen: „Irgendwann ist jemand aufgestanden und hat gesagt: Alle raus hier. Wir müssen Spuren schützen. Das ist ein Tatort.“
Das Gericht hat Verhandlungstage zunächst bis Mitte Juli 2024 bestimmt.
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