Langenberg. Ukrainische Geflüchtete lernen im Begegnungszentrum Klippe 2 in Langenberg Deutsch und zeigen dabei Initiative. Organisatoren sind voll des Lobes
Die Liste der Menschen, die das Ukrainische für ihr Schaffen genutzt haben, ist reich an großen Namen: Taras Schewtschenko dürfte der größte sein, auch Iwan Franko hat ein Wörtchen mitzureden, Mykola Kulisch ebenfalls, heutzutage stehen Serhij Zhadan, Andrej Kurkow oder Tanja Maljartschuk im Scheinwerferlicht der Lesungen.
Nun müssen viele Menschen diese alte – ihre – Sprache zurückdrängen, nicht zurücklassen natürlich, nicht aufgeben, aber doch Platz machen für eine andere, neue Sprache: die der vorübergehenden Heimat. Ganz zaghaft, wie aufgescheuchte Schmetterlinge, flattern deshalb nun immer wieder deutsche Worte durch die Räume im Begegnungszentrum Klippe 2, die sich alle zwei Wochen mit Menschen aus der Ukraine füllen.
Deutschunterricht bei Kaffee und Kuchen
„Hallo“, flüstert jemand, „Haus“ raunt eine junge Frau. Der slawische Akzent ist unüberhörbar, natürlich ist er es: Diese hier sind für viele Geflüchtete immer noch die ersten Versuche, diese merkwürdige Sprache zu bändigen, die mit ihrer wenig gemein hat, aber doch die Sprache von Goethe und Arendt und Mann und Merkel ist; ebenfalls viele große Namen.
Manchmal dreißig, manchmal fünfzig Menschen finden sich für die Kaffee-Kuchen-Deutschunterrichts-Sonntage im Café Sternchen ein, wie sie es hier nennen, organisiert wie eh und je von Mechthild Apalups. Sogar ein eigenes Maskottchen haben sie im März auf die Schnelle besorgt, ein Plüschpferd mit aufgenähter ukrainischer Flagge, darauf das Wort Sirotschka: Sternchen.
Schwieriger Start in 2015
„Seit 2015 haben wir hier Deutsch unterrichtet“, erzählt Apalups. Damals, wird später eine Mitarbeiterin sagen, sei das aber viel schwieriger gewesen: Strukturen habe es kaum gegeben, dazu deutlich weniger Übersetzer als heute, Arabisch und Kurdisch seien einfach sehr selten zu finden gewesen.
Das Problem gibt es für das Ukrainische nicht: Mit zahlreichen Übersetzern arbeiten die sozialen Einrichtungen in Velbert zusammen. Und wenn sich auf die Schnelle niemand finden lässt, der Ukrainisch beherrscht, tut es auch jemand, der Russisch spricht – denn viele Geflüchtete sind der Sprache des großen Nachbarn mächtig, für manche ist sie sogar Muttersprache. Eines der vielen Paradoxa dieses Krieges.
Pro Tisch ein Lehrer
In Gruppen aus Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen sitzen die Menschen um die Tische im Begegnungszentrum herum, an jedem ein Lehrer, der mit eingekauften Lehrbüchern DAZ (Deutsch als Zweitsprache) vermittelt.
„Ich merke hier sehr stark“, sagt Apalups, während sie die Szenerie beobachtet, „dass die Menschen Deutsch lernen wollen, arbeiten, sich nützlich zeigen“. Es gibt sogar eine kleine Gruppe Geflüchteter, die bereits wenige Tage nach ihrer Ankunft angefangen hatte, Deutsch zu lernen, ein paar Stunden pro Woche, selbst organisiert und aus eigenem Antrieb.
„Leute sollen Grundwortschatz erlernen“
Denn natürlich kann im Begegnungszentrum nur eine Basis vermittelt werden, alle zwei Wochen eine Stunde Deutschunterricht in der Klippe 2 würde schlicht nicht ausreichen, um das Sprachniveau zu erreichen, dass die Menschen brauchen.
Und so sagt Apalups: „Wir wollen, dass die Leute hier einen Grundwortschatz erlernen.“ Der Rest, ist sich ein Beobachter im Raum sicher, werde schnell kommen: „Wenn die Menschen erst einmal Arbeit haben und in festen Strukturen sind.“ Und wer weiß, vielleicht reiht sich eine der jungen Frauen, der Kinder oder der Jugendlichen ja eines Tages in die Liste der großen Namen einer dieser beiden großen Sprachen ein.
Ehrenamtliches Engagement
Ehrenamtlich Engagierte in der Klippe 2 leiten Kurse, betreuen Menschen mit einer Demenz, besuchen Menschen in besonderen Lebenssituationen, unterstützen im Umgang mit Laptop, Smartphone und Co und vieles mehr.Wer sich auch engagieren möchte, erreicht die Leiterin der Klippe 2, Astrid Kothe-Matysik, unter 02052 2734 oder per Mail an klippe2@ekir.de.