Velbert. Die Initiative von Eheleuten in Velbert ist zu einem über 20-köpfigen Helferkreis gewachsen. Ex-Kita bietet Ukrainerinnen eine kleine Zuflucht.

„Man müsste was tun, müsste irgendwie helfen“, denken viele, wenn sie die Bilder von ukrainischen Flüchtlingen sehen. Gedacht haben das die Velberter Eheleute Peter und Ulrike Lang, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung abgedruckt haben wollen, auch. Und sie haben umgehend was getan. Haben in ihrer kath. Pfarrgemeinde St. Michael und Paulus Pfarrer Ulrich Herz angesprochen, der sie einst getraut hat, und haben es zu kalendarisch passendem Anlass als ihren ganz großen Geburtstagswunsch vorgetragen, Flüchtlinge im Begegnungszentrum unterzubringen. Pfarrer und Kirchenvorstand hätten allerdings die alte Kita für besser geeignet gehalten, berichtet der Mit-Initiator zurückblickend. Und die wurde tatsächlich „Unsere kleine Zuflucht“, wie er sie nennt, für ukrainische Mütter und ihre Kinder.

Einst auch Tafel-Standort für Velbert-Mitte

Nicht nur Jan (li.) und Ilja lieben das Trampolin.
Nicht nur Jan (li.) und Ilja lieben das Trampolin. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Der ehemalige Kindergarten gehört an der Friedrichstraße zu den Immobilien rund um St. Joseph, von denen sich die Gemeinde zum Großteil trennen will. Letztlich sollen dort nur die alte Kirche und der frei stehende Glockenturm erhalten bleiben. Die Kita hat schon einmal vorübergehend als Standort für die Tafel Niederberg gedient. Und jetzt leben dort Bürger aus der Ukraine: die älteste 78 und die jüngste gerade mal zwei Jahre alt.

Gemeinsam Ostern gefeiert

Am vergangenen Wochenende gab es ein Osterfeuer und Eiersuchen auf der Wiese an der Kirche, auf den Gängen stehen noch Vasen mit Zweigen und Deko-Eiern. Und an den Türen der sieben einstigen Gruppen- und Personalräume prangen die Namen der jeweiligen Bewohnerinnen. Es gibt einen Gemeinschaftsraum mit Tischen und Spielzeug, die kleine Küche ist hergerichtet worden, draußen steht ein Trampolin.

Grundgereinigt und möbliert

„Wir sind eigentlich mittlerweile sehr gut ausgestattet“, sagt Peter Lang und erzählt wie man anfangs, nachdem die bis dato leere Kita grundgereinigt worden war, mit Hilfe von Haushaltsauflösungen, Ebay-Kleinanzeigen und privaten Spenden möbliert sowie anfangs Händler und Läden angebettelt habe. Jeder Raum hat jetzt eine Sprecherin, die z. B. (mit-)bestimmt, was mit Spenden gemacht wird.

Familie von der Grenze abgeholt

Die ehemalige Kita-Küche – im Bild Sofiia Uhryn – ist recht klein, war allerdings auch wohl nie fürs Bekochen von mehr als 30 Menschen gedacht.
Die ehemalige Kita-Küche – im Bild Sofiia Uhryn – ist recht klein, war allerdings auch wohl nie fürs Bekochen von mehr als 30 Menschen gedacht. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die ersten Bewohner wurden anfangs zum Teil von der IHLA vermittelt, in anderen Fällen hatte sich die Kita-Unterkunft einfach fix herumgesprochen. Alona Pylypenko und ihr Sohn kommen aus einem kleineren Ort bei Dnipro. Ihr Zuhause sei bisher vom Krieg verschont geblieben, erzählt Irina Palyha, die mit ihren beiden Kindern ebenfalls von dort geflüchtet ist. Ihr Ehemann Dima, der schon in mehreren europäischen Ländern gearbeitet hat, ist in Tschechien losgefahren und hat seine Familie an der Grenze abgeholt. Jetzt ist er von den Kita-Bewohnerinnen quasi als „Mädchen für alles“ auserkoren worden. Er packt mit an, repariert, begleitet Frauen bei Behördengängen oder Sparkassen-Besuch.

Nicht nur ein Bett und eine Decke über dem Kopf

Mittlerweile ist der Helferkreis laut Peter Lang auf mehr als 20 gewachsen, darunter auch ukrainisch und russisch Sprechende; es gebe Unterstützung durch eine schon länger in Velbert lebende russischsprachige Psychologin, und ein ukrainisches Mädchen aus der Nachbarschaft kümmere sich um die Kinder. Einige von ihnen gingen schon in die Tönisheider Grundschule; für Vorschulkinder gebe es eine Kita-Gruppe. Man unternehme gemeinsame Ausflüge; ein russischer Student mache einen Deutschkurs für alle. „Wir wollen mehr als ein Bett und eine Decke über dem Kopf“, sagt Lang. Und muss sich sputen: Ein Fahrrad will geflickt und in Ratingen eine Küche abgebaut werden; zudem stehen zwei Wohnungsbesichtigungen an. Er finde es einfach nur lächerlich, erzählt er noch beim Abschied, wenn jemand in diesen Tagen per WhatsApp eine Friedenstaube verschicke und dabei erkläre, er wolle ein Zeichen setzen.

Auf zwei Jahre befristete Duldung

Aktuell halten sich 510 Kriegsvertriebene in Velbert auf

Aktuell leben vor Ort insgesamt 510 Kriegsvertriebene aus der Ukraine. Diese Zahl teilte die Stadt Velbert auf WAZ-Nachfrage mit.Von ihnen sind ca. 25 Prozent bzw. 131 durch die Stadt untergebracht, zum Beispiel 55 Menschen in der Sporthalle Waldschlösschen.

Die Kita sei nunmehr mit Rauchmeldern und Feuerlöschern ausgestattet. Vom Bauordnungsamt der Stadt sei eine Begehung erfolgt und für zwei Jahre eine gefristete Duldung für die jetzigen Wohnzwecke ausgesprochen worden. Bis zu 33 Menschen wohnten hier schon. Einige wenige haben eine Wohnung gefunden oder sind Verwandten in anderen deutschen Städten hinterhergezogen. Die frei gewordenen Kapazitäten in der Kita halten die Organisatoren fest, falls Verwandte von Bewohnerinnen nach Velbert nachkommen.

Wer sich in der Kinderbetreuung engagieren oder grundsätzlich helfen möchte, schreibt eine E-Mail an die Adresse fbmh78@gmail.com. Für Geldspenden nennt die kath. Kirchengemeinde St. Michael und Paulus folgende Bankverbindung: Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert, IBAN DE 92 3345 0000 0026 0240 26, BIC WELADED1VEL, Stichwort Ukraine-Hilfe.