Neviges. In der Serie „Mein grünes Wohnzimmer“ zeigt Roland Boldt sein Paradies in Tönisheide: Sein wunderschöner Terrassengarten ist voller Kuriositäten.
Experimentieren, Neues wagen, pflanzen, was sich andere nicht trauen – dafür ist Roland Boldt immer zu haben. Auch heute noch, mit 84 Jahren, wagt der gelernte Modellbauer, der in dieser Folge der Serie „Mein grünes Wohnzimmer“ seine Gartenpforte öffnet, gern Ungewöhnliches. Seine Kreativität hat letztes Jahr auch die Jury des Nevigeser Obst- und Gartenbauvereins überzeugt: „Ich bekam den zweiten Platz beim schönsten Garten“, sagt Roland Boldt stolz, der bei Einzug vor 50 Jahren das steil abfallende 700 Quadratmeter große Grundstück an der Kantstraße in Tönisheide nach und nach in eine terrassenartige grüne Oase verwandelt hat. Wäre der Garten mit den meisten Überraschungen gekürt worden – alle anderen hätten einpacken können.
Die Tönisheider Supertanne
So kann sich Roland Boldt noch gut erinnern, wie er vor 50 Jahren mit einem zarten Bäumchen im Blumentopf nach Hause kam, einer chilenischen Andentanne, im Volksmund auch Affenbaum genannt. „Der Verkäufer sagte damals, der wird etwa drei Meter hoch“, erzählt Roland Boldt, der in den folgenden Jahren aus dem Staunen nicht mehr heraus kam. Denn der Affenbaum wuchs und wuchs in den Tönisheider Himmel, ist inzwischen gut 15 Meter groß. Nur gut, dass Roland Boldt von seinem Lieblingsplatz, einer wunderbar schattigen Laube am Fischteich, trotzdem einen tollen Weitblick hat.
Bonsai vom Spaziergang
Wie gesagt, experimentiert hat er schon immer gern. So sehr seine Andentanne in die Höhe schoss, so klein blieb seine Buche – als Bonsai. „Ich dachte mir damals, was die Japaner können, das kann ich auch.“ Und so umwickelte er kurzerhand zwei kleine Buchen-Ableger, die er beim Spaziergang am Schlammteich mitgenommen hatte, mit Draht, „hab die so ein bisschen umgefriemelt“. Für das Ergebnis habe man ihm schon 1000 Euro geboten. „Buchen-Bonsais sind sehr selten, die gibt’s sonst nur als Nadelhölzer. Aber die gebe ich nicht her.“ Eine gute Nase hatte er auch für den Apfelbaum, der wie verrückt Obst trägt. „Der Verkäufer riet mir damals, lieber einen anderen zu nehmen, aber ich wollte unbedingt diesen.“
Buchsbaum einfach eingeschäumt
Roland Boldt weiß eben, wie es geht. Zieht selbst Tomaten, Stangenbohnen, kürzlich kamen die Enkelinnen
Carla (17) und Johanna (15) zur Stachelbeer- und Johannisbeerernte. Dass bei ihm die lila Wegwarze, die er aus Norddeutschland mitgebracht habe, hier so ungewöhnlich prächtig blühe, habe einen einfachen Grund: „Ich hab beim Einpflanzen einfach eine Schippe Sand drauf getan, da oben haben die ja auch Sandboden.“ Und was rät er Garten-Neulingen? „Die Umweltbedingungen haben sich verändert. Besser etwas pflanzen, was nicht so viel Wasser benötigt. Da sollte man sich beraten lassen.“ Mit einem einfachen Trick hat er auch seine vielen Buchsbaum-Büsche erfolgreich vor dem lästigen Buchsbaumzündler befreit. „Da muss man nicht groß Geld ausgeben. Ich hab ihn mit ganz wenig Kernseife ordentlich eingeschäumt, und alles war gut.“
Aufgewachsen auf Rügen
Zeigen Sie uns ihr kleines Paradies
Zeigen Sie uns ihr „grünes Wohnzimmer“: Haben Sie einen Garten, Balkon, eine Dachterrasse oder einen Schrebergarten in Neviges oder Tönisheide? Dann machen Sie mit bei unserer Serie.Auch ein Balkon kann ein wunderbarer Wohlfühlort zum Entspannen sein. Das „grüne Wohnzimmer“ muss nicht immer ein repräsentativer Garten sein. Erzählen Sie uns etwas über ihr persönliches kleines Paradies, warum sie sich hier so gern aufhalten. Auch Wildwuchs im Garten ist kein Hindernis.Bei Interesse schreiben Sie einfach eine Mail an redaktion.velbert@waz.de. Oder rufen Sie Redakteurin Kathrin Melliwa direkt an unter 02051 49533.
Wenn der Witwer Roland Boldt vor seiner Laube sitzt und auf sein grünes Wohnzimmer schaut, dann ist er froh, vor Kurzem nicht einem Impuls nachgegeben zu haben. Geboren und aufgewachsen auf der Insel Rügen, habe er schon manchmal Sehnsucht nach seiner Ostsee. „Ich hatte überlegt, das hier zu verkaufen und wieder hoch zu ziehen. Aber nee...“ Und wenn ihn doch mal Heimweh überkommt, dann verzieht sich der passionierte Hochsee-Segler in seine Laube. Und schaut mal nicht ins Grüne, sondern auf ganz viele Leuchttürme.