Sprockhövel. Die 270 Jahre alte Kastanie an der Hauptstraße in Sprockhövel musste gefällt werden. Wie geht es ihrer etwas jüngeren Verwandten am Gedulderweg?
Der Zustand der Kastanie am Gedulderweg in Sprockhövel bleibt ernst, ist aber nicht hoffnungslos - im Gegensatz zu dem der deutlich älteren Kastanie an der Hauptstraße, die in der vergangenen Woche gefällt werden musste. Doch der Rückhalt schwindet, und das ist das eigentliche Drama um den stattlichen Baum.
Vor 18 Jahren begann die Kastanienfreundschaft
Wer sich für die rund 150 Jahre alte Kastanie am Gedulderweg 136 interessiert, kommt irgendwann zu Barbara Hinze, eine Frau der ersten Stunde beim Bemühen, das Großgehölz möglichst lange am Leben zu erhalten. „18 Jahre ist es her, dass sich mehrere Familien und Ehepaare in einer Initiative zusammengefunden haben, um den Baum zu retten“, erinnert sich die heute 76-jährige Sprockhövelerin.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Sprockhövel verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
„Freunde der Kastanie“ nennen sie sich seither, die Ehepaare und Familienangehörigen, die alle im Umfeld des Standorts, dort, wo die Wurzeln des alten Baums viele Meter tief ins Erdreich greifen, wohnen. Ihr Engagement trägt seit 18 Jahren maßgeblich dazu bei, dass das Leben des Riesen verlängert werden konnte. Kern der Maßnahmen ist die Finanzierung der jährlichen Visite eines Baumsachverständigen, der die Kastanie untersucht und bei Bedarf auch versorgt. „Seit einiger Zeit sind Halteseile eingezogen worden, damit die weit ausladenden Äste nicht abbrechen“, berichtet Barbara Hinze.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.
Um das nötige Geld zusammenzubekommen, haben die Freunde der Kastanie jährlich ein Reibekuchenessen veranstaltet. „Da haben alle mitgeholfen, denn es ist ja eine Menge Vorbereitungsarbeit und das Stehen an den heißen Pfannen ist auch sehr mühsam“, berichtet Hinze. Doch das Ergebnis war jedes mal gut und trug maßgeblich zum Erhalt der Baumes bei, unter dem die Party jedes Mal stattfand.
Lesen Sie auch:
- Gehölzrückschnitt: „Eine typisch deutsche Diskussion“
- Das Wochenende: Grusel, Party und Besinnliches
- Das passiert beim Trassenumbau in Hattingen und Sprockhövel
- Tausende Vögel verlieren am Starenweg ihren Nistplatz
- Wann wird die neue Brücke im Autobahnkreuz fertig?
Im vergangenen Jahr meldete die Sprockhövelerin, dass das Reibekuchenfest ausfallen musste. Sie hatte es aus gesundheitlichen Gründen nicht geschafft, Kartoffeln und Öl zu kaufen, schnippeln und backen. „Das hängt alles allein an mir, und niemand wollte es übernehmen, als ich ausfiel.“ Also ist das Fest unterm Baum auch dieses Jahr ausgefallen. „Es wird nicht leichter“, sagt Barbara Hinze. Erst vor Kurzem haben die Kastanienfreunde Mia Herbst beerdigt, eine der ganz wichtigen Stützen. Auch andere Mitsteiter schwächeln, die Kräfte lassen einfach nach. Verlass ist auf einen Spender aus Nad Nenndorf, der vor vielen Jahren zu Besuch am Gedulderweg war und seither immer wieder 20 Euro für die Kastanie überweist.
>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Ohne den exakten Kontostand zu kennen, weiß Barbara Hinze doch, dass noch für rund drei Jahre Mittel für die Pflege der Kastanie vorhanden sind. Und auch für weitere heiße Sommer, wo die Bäume unter Trockenheit leiden, ist vorgesorgt: „Die Eigentümerin, auf deren Grundstück die Kastanie steht, wird wieder ihren Wasserschlauch ans Wurzelwerk legen.“ Insofern genießt die Kastanie vom Gedulderweg gegenüber normalen Bäumen eine privilegierte Stellung.
Jetzt wird nach neuen Veranstaltungsformen gesucht, die mehr Geld in die Kasse spülen könnten. „Ein Umtrunk wäre eine gute Sache“, sagt Hinze. Die Vorbereitungen für ein solches Event seien überschaubar, das könnten eben auch ältere Mitstreiter noch gut organisieren. Die Umstände, die zur Fällung der deutlich älteren Kastanie an der Hauptstraße geführt haben, kann Barbara Hinze gut nachvollziehen. „Wenn der Baum so krank und instabil ist, dass es zu einer Gefahr für seine Umwelt zu werden droht, muss er gefällt werden“, sagt sie. Das gelte natürlich auch für die Kastanie am Gedulderweg.