Sprockhövel. Ein Unfallschwerpunkt in Sprockhövel sollte entschärft werden. Doch jetzt gibt es an der Bochumer Straße neue Gefahren - Unfall vorprogrammiert.

„Gut gedacht – schlecht gemacht“: Auf diese Formel lassen sich Beobachtungen der Verkehrssituation in Sprockhövel reduzieren. Dort wurden an der Bochumer Straße die Verkehrsregeln geändert - Anwohner und Geschäftstreibende sind empört, Lkw-Fahrer verzweifeln und die Gefahr wird größer statt weniger.

Anwohner, Gewerbetreibende und Verkehrsteilnehmer sind von der neuen Regelung betroffen, die verbietet, von der Bochumer Straße links in die Alte Bergstraße abzubiegen. Kaum wahrnehmbar sind die nagelneuen weißen Streifen der Fahrbahnmarkierung: War die Linie bislang gestrichelt und erlaubte das Überfahren für die Linksabbieger, so wurde die unterbrochene Linie kurzerhand zu einer durchgezogenen Linie umgepinselt. Ergänzt wird die neue Regelung durch das blaue runde Verkehrsschild mit Geradeaus-Pfeil.

Kein Durchkommen für Lieferanten

Wie aber, stellen sich nicht nur der Inhaber der Physiotherapeutischen Praxis, Filip Vanderborcht oder der Küchenchef des renommierten Restaurants „Sukhotai“ die Frage, sollen Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten denn nun zu ihren Firmen kommen? Patienten und Gäste hätten dasselbe Problem. Auch Barbara Mustert, die im unteren Teil der Straße wohnt und mehrfach täglich in ihre Wohnstraße ein- und ausfahren muss, ist empört: „Das geht ja gar nicht!“

„Hier hat es bald alle zwei Wochen schlimme Unfälle gegeben, auch tödliche.““

Barbara Mustert
Anwohnerin

Und das im wahrsten Sinn der Worte: Es geht nicht. Die alternative Anfahrt zum unteren Bereich der Alten Bergstraße mit ihrem kleinen Gewerbegebiet muss jetzt von oben durch ein dicht besiedeltes Wohngebiet erfolgen. Die Parksituation zu beiden Seiten der Straße, winzige Sträßchen, die teilweise in Sackgassen münden, machen es schon für größere Autos schwierig, hier durchzufahren. Lastwagen – etwa für die Anlieferung von Waren der Handwerksbetriebe oder des Restaurants – kommen hier gar nicht durch.

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Attapong Lerdpopisit ist Küchenchef im Sukhotai und wartet auf eine Lebensmittellieferung. Er beobachtet, dass verzweifelte LKW-Fahrer die jetzt durchgezogene Linie ignorieren und trotzdem links in die Alte Bergstraße einbiegen. „Andere haben die Veränderung gar nicht bemerkt und fahren den gewohnten Weg. Sie machen das gar nicht absichtlich“, hat er für die Notlösung sogar ein bisschen Verständnis.

Das aber ist genau die Situation ist, die in der Vergangenheit häufig schwere Auffahrunfälle verursacht hat, weil die Linksabbieger halten müssen, andere Verkehrsteilnehmer aus Richtung Sprockhövel kommend, aber Grün haben und mit erlaubten 70 Stundenkilometern Richtung Ortsausgang brausen. „Hier hat es bald alle zwei Wochen schlimme Unfälle gegeben, auch tödliche“, hat Barbara Mustert Verständnis dafür, dass die damalige Regelung auch keine gute war.

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„Vielleicht wäre es sinnvoll, hier einen Kreisverkehr zu bauen“, überlegt sie. Dann wären die Fahrzeuge gezwungen, langsam in den Bereich einzufahren, und die Alte Bergstraße könnte wieder von unten geöffnet werden. „Aber wie lange wird das dauern, bis hier ein Kreisverkehr geplant, genehmigt und gebaut ist. Das kann zehn Jahre dauern“, überlegt sie. Außerdem möchte sie unbedingt, dass der alte Baumbestand am Rande des Abzweigs erhalten bleibt.

Physiotherapeut Filip Vanderborcht thematisiert noch einen anderen Aspekt, der bei der neuen Verkehrsregelung nicht einkalkuliert wurde: „Jetzt gibt es ja zwei Möglichkeiten, zu den Betrieben oder unserer Praxis zu gelangen. Ein großer Umweg führt durch das Wohngebiet. Der Durchgangsverkehr ist ja auch für die Anwohner eine Zumutung“, erläutert er.

Aus der Alte Bergstraße kommend, darf man nur nach rechts abbiegen.
Aus der Alte Bergstraße kommend, darf man nur nach rechts abbiegen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Höchst gefährliche Wendemanöver

Viel schlimmer aber ist seine folgende Beobachtung: „Wer zu einem Unternehmen im unteren Bereich der Alten Bergstraße möchte und jetzt nicht mehr links abbiegen darf, fährt einfach ein Stück die Bochumer Straße hinauf und macht an passender Stelle eine Kehrtwendung. Auf der Straße – das ist vor der Hügelkuppe ein höchst gefährliches Unterfangen. Die Bochumer Straße Richtung Sprockhövel darf mit 70 Stundenkilometern befahren werden“, malt Vanderborcht ein Horrorszenario der Kollision mit einem fahrenden und einem wendenden Fahrzeug. Andere Autofahrer, die wenden wollten, benutzten die Einfahrten von Anwohnern, was auch keine gute Idee ist, findet Filip Vanderborcht.

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Offenbar denkt Straßen NRW noch einmal über eine weitere Veränderung der Straßenführung nach, so der Inhaber der Physio-Praxis, denn das Unfallrisiko habe sich jetzt nur vom Kreuzungsbereich weg die Bochumer Straße hinauf verlagert.