Sprockhövel. Seit Jahren leben Anwohner des Starenwegs in Sprockhövel mit herrenlosen Flächen: Niemand kümmert sich, alles verwahrlost. Doch es regt sich was.

Eigentlich könnte man doch glauben, dass jeder Quadratzentimeter Grundstück in Deutschland irgendjemand gehört, sauber dokumentiert im Grundbuch. Doch es gibt Ausnahmen: am Starenweg in Sprockhövel beispielsweise. Und das hat erhebliche Folgen für die Menschen, die dort leben.

Erster Hilferuf vor zwei Jahren

Bereits vor zwei Jahren war ein Hilferuf der Anwohner des Starenwegs an diese Zeitung erfolgt. Gerhard Heinermann und Hans-Jürgen Hiby hatten berichtet, dass sie vor einem gleichsam unlösbaren Problem standen: Vor damals 40 Jahren hatte die Wohnungsbaugesellschaft HWG am Starenweg Eigenheime errichtet, und über Jahrzehnte hatte das Verhältnis zwischen ihr und den Bewohnern gut funktioniert: die HWG verwaltete die Wohnhäuser und hielt die Grünstreifen, Spielplätze, Treppen und Wege in Ordnung. Doch 2018 war Schluss: Da teilte die HWG den Hauseigentümern mit, dass sie die Verwaltungsaufgaben beende und auch keine Verantwortung mehr trage für die besagten Flächen.

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Es stellte sich heraus: Es gibt keinen Eigentümer und keinen Nachfolger für diese Aufgaben. Die Eigentümergemeinschaft fragte seinerzeit beim Grundbuchamt im Amtsgericht nach und erhielt die Auskunft, die HWG habe 2018 auf das Eigentum der Randgrundstücke verzichtet und der ebenfalls angefragte Liegenschaftsbetrieb NRW teilte mit, es gebe für solche Fälle keine Regelung.

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An dieser Situation hat sich bis heute, zwei Jahre später, nichts geändert. Aber an dem Zustand der Flächen um die Anwohner herum doch: „Alles Grün wächst in den Himmel, die Steine der Treppen lockern sich, der Spielplatz ist völlig zugewuchert“, berichtet Heinermann. Eine Anfrage bei der CDU Sprockhövel sei unbeantwortet geblieben. Da stellt sich wieder einmal akut die Frage nach der so genannten Verkehrssicherungspflicht. Wer muss sich kümmern?

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Erneute Anfrage bei der Stadt Sprockhövel: „Es handelt sich um eine privatrechtliche Angelegenheit. Die Stadtverwaltung ist hieran nicht beteiligt und hat keinerlei Informationen darüber, wie das Verfahren weiter entschieden wurde“, heißt es im Rathaus. „Es gibt kein Verfahren“, sagt dagegen Dr. Christian Amann, Direktor des Hattinger Amtsgerichts, wo auch das Grundbuchamt untergebracht ist. „Grundbuchrechtlich handelt es sich um herrenlose Flächen, nachdem die HWG ihr Eigentum aufgegeben hat“, so Amann. Besagte Flächen würden weiterhin im Grundbuch geführt, jedoch ohne einen Hinweis auf einen Eigentümer. „Für uns ist dieser Fall damit erledigt“, so die Information aus dem Amtsgericht.

Treppen wuchern zu, Steine lockern sich. Wer haftet, wenn hier mal etwas passiert?
Treppen wuchern zu, Steine lockern sich. Wer haftet, wenn hier mal etwas passiert? © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Verstehen kann am Starenweg niemand diese Situation. „Was wird im Winter, wenn die Leute hier auf den Wegen ausrutschen oder stolpern?“, fragt Heinermann bang. Immerhin: In der vergangenen Woche hat es doch eine Veränderung gegeben. Gerhard Heinermann berichtet von einem Gartenbauunternehmen, das sich an einigen Wildwuchsflächen zu schaffen gemacht habe. „Da wurde ein Weg von Grünzeug befreit und sauber gemacht.“ Einen Auftrag durch die Eigentümergemeinschaft habe es nicht gegeben, versichert er.

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Dahinter steht die HWG, wie sich herausstellt. „Wir sind zwar nicht mehr zuständig, weil uns die Flächen rechtlich nicht mehr gehören“, sagt Laureen Brandt von der Hattinger Wohnungsgesellschaft. Aber eine gewisse Verpflichtung den früheren Bewohnerinnen und Bewohnern gegenüber verspüre man doch. „Wir haben uns bereit erklärt, für Sauberkeit und Sicherheit zu sorgen und haben unsere Gärtner in den Starenweg geschickt“, sagt Brandt. Das passiere unentgeltlich, aber auch nicht regelmäßig, „nur wenn es unsere Kapazitäten zulassen.“ Fragt sich nur, wer bei aller Unverbindlichkeit in dem Fall haftet, wenn jemandem auf besagten Flächen wirklich etwas zustößt.