Sprockhövel. In den Schulferien etwas Besonderes lernen: Die Kinderreitschule in Sprockhövel vermittelt wichtige Werte nicht nur im Umgang mit Pferden.
„Lebenslanges Lernen“ - das gilt nicht nur für die klassische Bildung. Auch im Sport ist dieses Prinzip Grundlage für eine qualifizierte Ausbildung. Für Reitsport, der gerade durch die Profis oftmals zurecht in die Kritik geraten ist, weil der Umgang mit dem Pferd rücksichtslos ist, gilt jedoch der Grundsatz: „Do it right!“. Auf dieser Grundlage hat Birgit Voggenreiter, die in Sprockhövel eine Kinderreitschule betreibt, jetzt einen Ferienlehrgang gestartet. Was die Kinder lernen.
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Eine Woche lang haben die zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer – die meisten von ihnen im Grundschulalter – theoretischen Unterricht und praktische Reitstunden. Je nach Anforderungen in den Reitabzeichen sind das Übungen in Dressur und Springen, aber auch der sachkundige, pferdegerechte und respektvolle Umgang mit dem Freizeitpartner Pferd wird auf der kleinen versteckt liegenden Reitanlage im täglichen Miteinander der Zwei- und Vierbeiner praktiziert.
Eine besondere Herausforderung in Form eines zauberhaften, erste wenige Wochen alten Ponyfohlens namens „Dolly“ gibt es für alle, die regelmäßig auf die familiären kleine Reitanlage inmitten eines Wohngebiets kommen: Das Pferdekind muss auch eine Art „Fohlenschule“ absolvieren, wenn es sich zu einem freundlichen, den Menschen zugewandten Freizeitpartner entwickeln soll. Die ersten Schritte des Pferdekindes – etwa das Folgen an einem Strick – war für Birgit Voggenreiter einer der Anlässe, die Pferdexpertin Sandra Schneider für eine besondere Lerneinheit zum Lehrgang einzuladen. Die 50-jährige „Pferdeflüsterin“ war vielen der Kinder bereits aus der Fernsehserie „Die Pferdeprofis“ bekannt, die von 2012 bis 2023 ausgestrahlt wurde. Ihrem Idol dabei zuzuschauen, wie es sich das Vertrauen des Ponykindes erarbeitet, so dass es sich – trotz zunächst allergrößten Misstrauens – an die Loge nehmen und wenige Schritte führen lässt, war für die Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer etwas ganz Besonderes.
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Vor der praktischen Arbeit beeindruckte die Pferdeexpertin aus Gevelsberg mit den Schwerpunkten ihrer Arbeit: Sie habe mit Wildpferden gearbeitet, ließ sie die Kinder wissen, und zwar in Namibia. Dort sei es ihre Aufgabe gewesen, die wilden Pferde für die Zusammenarbeit mit dem Menschen auszubilden, erläuterte Sandra Schneider. Zunächst ließ sie sich von den Kindern berichten womit sie sich in den zurückliegenden Lehrgangstagen beschäftigt hatten, und wie die Prüfungsanforderungen bei den kleinen Reitabzeichen sind. Dann betrat der vierbeinige „Star“, das Fohlen „Dolly“, die Bühne gemeinsam mit seiner Mama.
Sicherheit, das wissen die Reitschüler von Birgit Voggenreiter, ist oberstes Gebot im Umgang mit den mehrere Hundert Kilo schweren Ponys und Pferden. Deshalb hielten sie sich in sicherer Entfernung auf dem Beobachtungsposten auf, als sich Sandra Schneider dem durchaus misstrauischen Pferdekind näherte. „Es kennt ja noch gar nichts von den Dingen der Menschenwelt“, erklärte Birgit Voggenreiter den aufmerksamen Kindern. Sandra Schneider erklärte kindgerecht jeden ihrer Schritte, jede ihrer Bewegung, beobachtete genau die Reaktion des Fohlens und ordnete diese für die Kinder ein. Ohne Druck und Zwang, lediglich auf der Basis von Kennenlernen fremder Dinge, Respekt vor dem Verhalten der Fluchttiere und Vertrauen funktioniere eine faire und pferdegerechte Ausbildung, erläuterte sie den Kindern. Über ausgiebiges Kraulen nach Pferdemanier und freundlicher Kommunikation mit „Dolly“, deren Mutter die ersten Schritte der Fohlenschule gelassen „erlaubte“, konnte Sandra Schneider die Kleine vorsichtig „an die Leine“ nehmen. Jede noch so winzige Muskelbewegung ohne Widerstand wertete sie als Fortschritt und warb bei den Kindern für das Verständnis gegenüber den tierischen Reaktionen. „Sie kennt es ja bislang nur, sich so zu bewegen, wie sie mag. Sie kennt nur die Freiheit. Durch die Leine erlebt sie aber etwas, was sich für sie wie Gefangenschaft anfühlt. Das findet sie zunächst einmal nicht gut“, erklärte die Pferdeexpertin den Widerstand, den sie gleich als Erwartung in ihr Training eingebaut hatte.
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Warum Pferde denn überhaupt so etwas wie Halfterführigkeit lernen sollten, wollte Sandra Schneider von den Kindern wissen: „Es kann ja sein, dass der Tierarzt kommt, und sie untersuchen will“, begründete ein Kind. „Oder sie soll mit ihrer Mutter zu einer anderen Weide gebracht werden. Dann muss sie sich ja führen lassen“, ergänzte Birgit Voggenreiter. Für sie als Ausbilderin ist es immer eine Gratwanderung zwischen dem, was Reiter ihren gegenüber dürfen und was nicht. „Wir haben die Verantwortung für sie, dürfen sie nicht dominieren wollen. Sie sind uns anvertraut“, ist ihre Botschaft.
Reiterliche Ausbildung ist gelebter Tierschutz
Auch die neunjährige Mizzi hatte sich zum Ferienlehrgang angemeldet: „Ich kann hier ganz neue Sachen lernen. Außerdem finde ich es cool, den ganzen Tag hier zu sein!“. Jana (9) hatte vor, ihre Reittechnik zu verbessern: „Ich will lernen, besser auszusitzen und auch das Treiben muss noch besser werden“, erklärte sie ihre Lernziele. „Eine gute reiterliche Ausbildung ist gelebter Tierschutz!“, sagt sie. Birgit Voggenreiter sagt, sie möchte nicht alle Reiterinnen und Reiter über einen Kamm geschoren sehen: „Die meisten sind bemüht, das Beste für ihr Pferd zu machen.“