Oberhausen. Das Musical „Elisabeth“ hat im Metronom-Theater Oberhausen seine Premiere gefeiert. Krönung oder Kaiserschmarrn? Diese Momente stechen heraus.
Früher Mittwochabend, einige Besucher haben den schnieken Anzug aus dem Schrank geholt, andere schauen im Alltagspullover vorbei: Es ist schließlich keine Kleiderfrage, wenn im Metronom-Theater neben dem Centro Oberhausen eine Kaiserin Hof hält. Das Musical „Elisabeth“ feierte große Premiere. Zweieinhalb Stunden mit einer musikalisch aufwühlenden Sissi-Geschichte und der Frage: Krönung oder Kaiserschmarrn?
Welche Geschichte erzählt „Elisabeth - Das Musical“?
Was hat die österreichische Kaiserin nicht schon leiden müssen: In legendären Historienschinken einer herrlich kitschigen Sissi-Trilogie aus den 1950er-Jahren mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm. Oder in den absurden Sketchen „Sissi - Wechseljahre einer Kaiserin“ von Michael „Bully“ Herbig im früheren TV-Format „Bully Parade“.
„Elisabeth - Das Musical“ stellt den Kitsch dagegen kalt und wirkt wie ein schaurig-leidenschaftlicher Flirt mit dem personifizierten Tod. Elisabeth (Bettina Mönch), die mit nur 16 Jahren anstelle ihrer Schwester Helene, von Kaiser Franz Joseph erwählt, den österreichischen Thron besteigt, zerbricht an den Zwängen am Hofe. Die Geschichte aus dem 19. Jahrhundert treibt im Musical Elisabeths späterer Mörder, der italienische Anarchist Luigi Lucheni (Robin Reitsma), als Erzähler voran. Der Tod, gespielt von Lukas Mayer, trägt weißen Anzug und umgarnt Elisabeth als attraktiver Hüne - und das Publikum gleich mit.
Er begleitet die Kaiserin bei ihren Zweifeln, der verwehrten Selbstverwirklichung und Flucht von Ort zu Ort. Der Tod erscheint in alptraumhaften Sequenzen, wie dem Selbstmord ihres Sohnes Rudolf. Auch der Nationalismus kocht in den Straßen Wiens hoch. Und doch ist es am Ende eine Liebesgeschichte. Die Inszenerung von Regisseur Gil Mehmert verzichtet erstaunlich konsequent auf Längen, schreitet temporeich voran - ohne sich zu überschlagen.

Warum heißt es Schönbrunn-Version?
Im Metronom-Theater läuft die Schönbrunn-Version des Musicals, die halbszenisch inszeniert ist. Schönbrunn heißt sie deshalb, weil diese Variante für eine Freiluft-Aufführung im Ehrenhof von Schloss Schönbrunn in Wien gestaltet wurde. Darauf basiert nun wiederum eine Theater-Variante, die auf Tour geht und in dieser Form auch im Oberhausener Metronom-Theater läuft.
Die Musik spielt die tragende Rolle: Das rund 20-köpfige Orchester sitzt mitten auf der Bühne und nicht in einem Orchestergraben. Man schaut den Musikern während des Spiels also auf die Instrumente. Die Darsteller agieren im Umfeld. Wer in die Geschichte atmosphärisch tief abtauchen möchte, muss seine eigene Fantasie mitspielen lassen.
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Wie sehen die Bühnen-Kulissen aus?
Die Kulissen in „Elisabeth“ lassen sich nicht mit der Vorgänger-Produktion „Der Geist der Weihnacht“ vergleichen. Es werden keine Gebäudefassaden nachgebaut. Nichts fährt herauf und herunter. Ein leuchtender Torrahmen ist wiederkehrendes Element, für Schaukeleinlagen der jungen Sisi oder Klettereinlagen von Luigi Lucheni.
Vieles funktioniert mit Lichteffekten. Zwar dosierter als zuletzt bei der knalligen Metronom-Konzertserie „World of Hans Zimmer“. Aber die Effekte gelingen verblüffend detailliert, wenn etwa Elisabeths Traukirche projiziert wird. Zusätzlich blinken Landschaften in Postkarten-Optik oder beinah poppig geschnittene Gebäude-Collagen.

Wie gelingen die Songs?
Einzelne Texte von Songschreiber Michael Kunze dürften selbst Elisabeth-Laien kennen. Als zum ersten Mal die Selbstbestimmungs-Hymne „Ich gehör nur mir“ im Metronom-Theater erklingt, sieht man wie sich im Publikum automatisch einige Lippen mitbewegen. Genauso stark: „Die Schatten werden länger“.
Die Kompostionen stammen vom Ungarn Sylvester Levay, der einen rockigen wie balladigen Klangteppich strickt. Wer einige 80er-Jahre-Vibes beim 1992 entstandenen Musical heraushört, liegt nicht verkehrt. Levay komponierte zuvor einige zeitgenössische Filmmusik-Werke - für die Action-Serie „Airwolf“ oder den Kinofilm „Die City-Cobra“ mit Sylvester Stallone.

Wie überzeugen die Schauspieler?
Der Tod ist eine Wucht! Lukas Mayer wirkt als turtelnder Gegenpart von Elisabeth-Darstellerin Bettina Mönch wie ein junger Matthew McConaughey. Mayer gelingt das Spiel mit beinah hypnotischer Präzision. Und der Schauspieler und Sänger scheitert nicht, wenn er in anspruchsvolle hohe Stimmlagen vordringt.
Bettina Mönch schafft es vor allem im zweiten Akt, die Gefühlswelten der leidenden Kaiserin für das Publikum spürbar zu machen. Robin Reitsma spielt den Mörder Lucheni zynisch und durchdringend. Die Hauptdarsteller werden von einem stimmigen Gesamtensemble getragen.

Was passt nicht?
Durch Elektronik verstärkte Orchesterinstrumente werden in manchen Ohren immer Geschmacksache bleiben. Zu Beginn werden feine Trommelfelle zudem ein etwas schwammiges Gesamtklangbild wahrgenommen haben. Das änderte sich zum Glück nach der ersten halben Stunde.
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Für wen lohnt sich ein Besuch bei „Elisabeth - Das Musical“?
Wer kein Kulissen-Feuerwerk erwartet, erhält ein stimmiges Musical mit überwiegend gelungenen Lichteffekten, sehenswerten Kostümen und guten Darstellern. Die Geschichte verzichtet auf Klischee-Kitsch, ist stattdessen getränkt in Melancholie und so rasant inszeniert, dass es nie langweilig wird.
Wie kam die Premieren-Vorstellung beim Publikum an?
Die 1700 Besucherinnen und Besucher im ausverkauften Oberhausener Metronom-Theater feierten die Darsteller mit langem Applaus und Ovationen.

Was war der amüsanteste Moment?
Das Musical haben sie problemlos gemeistert. Am Ende gab es aber beinah doch noch eine Panne. Als Lukas Mayer und Bettina Mönch beim Abschluss-Applaus winkend hinter der Bühne verschwinden wollten, nahmen sie beinah den geschlossenen Seitenvorhang mit. Die Reflexe stimmten aber noch. Nichts passiert, ein sympathischer Schmunzler.

Gibt es weitere Vorstellungen in Oberhausen?
Das Musical „Elisabeth“ läuft im Metronom-Theater (Musikweg 1, Neue Mitte Oberhausen) in zwei Terminblöcken jeweils einen knappen Monat am Stück. Zunächst stehen ab sofort bis zum Sonntag, 2. März 2025, die Tickets zum Verkauf. Danach geht es von Dienstag, 15. April 2025, bis Sonntag, 11. Mai 2025, weiter. Die Eintrittskarten kosten zwischen 50 und 110 Euro.
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