Oberhausen. Gesetze, Preise und vor allem der Versandhandel macht den Apotheken zu schaffen. Eine von ihnen kämpft obendrein noch mit einem Namensproblem.

Viele Apotheken haben arg zu kämpfen. Zum einen machen ihnen - wie natürlich auch den Patienten - die Lieferengpässe bei Medikamenten zu schaffen. Zum anderen stehen sie finanziell unter Druck. Die Vergütung durch die Kassen, so die Kritik, ist seit vielen Jahren auf dem gleichen Stand geblieben, während die Kosten für Personal, Energie oder Miete davon galoppierten. Die Lage verschärfe sich, wie die Apotheken beklagen, durch den Versandhandel, der immer stärker für sich werbe.

Onlinehändler haben Werbung seit Start des E-Rezeptes enorm verstärkt

Seit dem Start des E-Rezeptes hätten Onlinehändler deutlich nachgelegt, vor allem im Fernsehen Werbespots geschaltet, heißt es in der Branche. Dabei stellten die Unternehmen vor allem heraus, wie einfach und schnell eine Bestellung erfolgen könne. Man müsse das Rezept nur ans Handy halten und schon werde das Medikament nach Hause geliefert.

Der heimische Apothekensprecher Lukas Heuking beklagt allerdings einen ungleichen Wettbewerb, der hier auf dem Rücken der örtlichen Apotheke ausgetragen werde. „Bei den Firmen handelt es sich in der Regel um reine Händler, die weder Niederlassungen hierzulande betreiben noch Personal vorhalten und entsprechend auch keine Beratung anbieten.“

Zahl der Apotheken in Oberhausen deutlich geschrumpft

Heuking ist mit seinen Berufskollegen in großer Sorge, dass auch angesichts der gleichbleibenden Vergütung das Apothekensterben ungebremst weitergeht und vor allem Standorte in den Stadtteilen schließen müssen, weil sich das Geschäft nicht mehr rechnet. Gab es vor zehn Jahren noch 48 Apotheken, waren es Ende 2023 noch 41. In diesem Jahr kam für die Hirsch-Apotheke das Aus, obwohl sie alteingesessen war. Der Inhaber betreibt mittlerweile nur noch einen Standort.

Hirsch-Apotheke Osterfeld
Das Team der Hirsch-Apotheke: Sylvia Schlutius mit ihrem Vater Reinhard und den Mitarbeiterinnen Melek Seremet, Astrid Dettmann, und Yigit Kudre (v.l.). © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Das Ende der Liricher Apotheke hat allerdings Auswirkungen, die vorher wohl so recht keiner auf dem Zettel hatte. Denn in Oberhausen gibt es noch eine Hirsch-Apotheke, an der Vestischen Straße 96 im Ortsteil Osterfeld gelegen. „Wir haben aber weiterhin geöffnet“, betont Apothekerin Sylvia Schlutius. Wie oft sie diesen Satz in den vergangenen Wochen gesagt hat, kann sie kaum noch zählen. Immer wieder hat sie zu hören bekommen: „Ich dachte, Euch gibt es überhaupt nicht mehr.“ Doch die Apotheke mit langer Tradition, 1907 gegründet, von Vater Reinhard Schlutius (78) im Jahr 1977 übernommen, besteht nach wie vor.

Namensverwechselung unter den Oberhausener Apotheken

In harten Zeiten wie diesen könne sich eine solche Verwechslung verheerend auswirken, befürchtet die Apothekerin, zumal es noch ein weiteres Problem gibt, mit dem das Haus zu kämpfen hat. Die Langzeitbaustelle vor der Tür erschwert das Geschäft ohnehin schon genug. Momentan liegt die Apotheke regelrecht in einer Sackgasse, bedingt durch die Sperrung der Vestischen Straße. Die abzweigende Winkelstraße war auch für fast zwei Monate gesperrt.

Die Arbeiten in dem Baustellenabschnitt werden noch bis mindestens Mai andauern. Vor wenigen Wochen kam dann noch eine weitere Hiobsbotschaft hinzu: Die Arbeiten im weiteren Verlauf der Straße Richtung Sterkrade ziehen sich noch länger hin als geplant, sollen wahrscheinlich bis zum Jahr 2030 dauern.

Hirsch-Apotheke Osterfeld
Die Baustelle an der Hirsch-Apotheke in Oberhausen-Osterfeld dauert noch einige Zeit an. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Hirsch-Apotheke in Oberhausen hat eigenes Servicekonzept entwickelt

Inzwischen hat die Hirsch-Apotheke schon längst reagiert, macht auf den eigenen Standort aufmerksam. Die Kunden sollten sich von den Bauarbeiten nicht abschrecken lassen, heißt es auf der Internetseite. Zudem weist die Apotheke auf die App hin, über die man Medikamente bestellen und Rezepte einlösen kann.

Wenn ein Patient es nicht schafft, selbst vorbeizukommen, holt ein Bote die Versichertenkarte und bringt die erforderliche Arznei auch zu ihm nach Hause. Sogar mit Karte kann man mittlerweile an der Haustür bezahlen. Wer keine App hat, kann das Rezept auch auf der Seite einscannen und zusenden. Natürlich stehe man auch telefonisch zur Verfügung, unterstreicht Sylvia Schlutius.

Wachsende Zahl von Apotheken in Oberhausen bietet eine App an

Immer mehr Apotheken gehen im Übrigen dazu über, dass Patienten eine App nutzen können, um entweder ein Rezept einzulösen oder rezeptfreie Medikamente zu bestellen. Apotheker Martin Beutling von der Glocken-Apotheke in Sterkrade sieht darin auch einen maßgeblichen Weg, um auf den Onlinehandel zu reagieren. Immer vorausgesetzt das Medikament hat die Apotheke auf Lager, lasse sich die Arznei auch binnen zweieinhalb oder drei Stunden zum Patienten bringen. Oder Nina König von der St. Antonius-Apotheke an der Goebenstraße in Alt-Oberhausen. Sie sagt über ihre eigene App: „Wer bis 16 Uhr darüber bei uns bestellt, bekommt seine Medikamente noch am gleichen Tag in ganz Oberhausen nach Hause geliefert.“

Dass der Versandhandel den Eindruck erweckt, er sei schneller als die örtlichen Apotheken, ärgert die Inhaber massiv. Sie versuchen immer wieder, die Patienten über die Zusammenhänge zu informieren. Offensiv geht unter anderem die Avie-Apotheke vor. Auf ihrer Internetseite ist zu lesen: „Wenn immer mehr Patienten ihre Rezepte vom Arzt bei ausländischen Arzneimittelversendern einlösen, gefährden sie damit nicht nur die Existenz der Apotheken vor Ort, sondern auch ihre eigene sichere Versorgung mit Arzneimitteln“.

Hirsch-Apotheke Osterfeld
Die Hirsch-Apotheke in Oberhausen blickt auf eine lange Tradition zurück. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Rechtsstreit mit Versandapotheke

Vorgehensweisen im Versandhandel führen inzwischen auch schon zu Rechtsstreitigkeiten. Das Portal IhreApotheken.de, das Internetdienste für Apotheken bereithält, hat nach eigener Darstellung einen Händler abgemahnt, der einen Zehn-Euro-Gutschein ab einem bestimmten Bestellwert versprach.

Nachdem das Unternehmen aber nicht reagiert habe, sei dann der Gang zum Landgericht Frankfurt erfolgt. Der Onlinehandel habe daraufhin den „Rezeptbonus“ als Imagewerbung bezeichnet. Das Gericht habe deutlich gemacht, dass es aber juristisch nicht akzeptabel sei, wenn „nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verschenkt werden“. Eine Anfrage dieser Redaktion an den Onlinehändler, was er zu den Vorwürfen sagt, blieb unbeantwortet.

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