Oberhausen. Die Firma hat eine Schutzschirm-Insolvenz beantragt, holt Sanierer an Bord. Die Nachricht hat Beschäftigte kalt erwischt. Sie hoffen und bangen.
Die einen Laster kehren gerade von einer Tour zurück, andere verlassen beladen den Hof: Es herrscht am Freitag reger Betrieb auf dem Gelände der Kodi-Zentrale im Gewerbegebiet „Zum Eisenhammer“. Rein äußerlich deutet nichts darauf hin, dass am Abend zuvor die Geschäftsleitung den 1800 Beschäftigten „eine traurige Nachricht verkündet hat“, wie es ein Mitarbeiter am Werkstor formuliert. Der Discounter hat Insolvenz beantragt, allerdings im Schutzschirmverfahren. Das bedeutet: Ab jetzt sind Sanierungsexperten mit an Bord, um Kodi wieder auf Kurs zu bringen.
Geschäftsleitung hat Belegschaft in einer Videoschalte informiert
Wie es um das Oberhausener Unternehmen steht, darüber sei in den vergangenen Monaten viel gemunkelt worden, meint ein Lkw-Fahrer, der für einen Kodi-Dienstleister tätig ist. Die Firma leide wohl schon seit längerem unter erheblichen Umsatzeinbußen. Sorgen um die Zukunft haben sich schon manche Beschäftigte gemacht, gibt er zu verstehen.
Auch interessant
Seit Donnerstagabend (28. November) ist es nun raus: Kodi hat den Gang zum Amtsgericht angetreten. Nach Ladenschluss um 18.30 Uhr waren alle Mitarbeiter in den 238 Filialen und am Oberhausener Hauptsitz zu einer Videoschalte eingeladen, bei der nach Informationen dieser Redaktion die Geschäftsleitung die aktuelle Lage und das weitere Vorgehen erläutert hat. In den nächsten drei Monaten will sie einen Sanierungsplan entwickeln, „um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen“.
Versammlung soll von optimistischer Atmosphäre geprägt gewesen sein
„Für manche Beschäftigte war die Nachricht durchaus ein Schock“, sagt ein Mitarbeiter, den wir am Werkstor treffen. Er habe aber schon den Eindruck gewonnen, dass das gesamte Vorgehen nach einem erfolgversprechenden Konzept ablaufe. Nach seinem Eindruck war die Online-Versammlung durchaus von einer optimistischen Atmosphäre geprägt, zumal der Verkauf weiter geht sowie Löhne und Gehälter weiterhin gezahlt werden.
Der Beschäftigte erzählt, wie er schon einmal in einem Konzern gearbeitet habe, der in die Insolvenz schlidderte und die Belegschaft mit großer Ungewissheit leben musste. Bei Kodi herrsche zum Glück eine ganze andere Stimmung. Der junge Mann spricht von einer starken Hoffnung, dass die Sanierung das Unternehmen wieder nach vorne bringt.
Beraterkanzlei hat auch die Insolvenz von Galeria Kaufhof gemanagt
Mit an Bord sind dazu die Restruktierungsexperten Holger Rhode und Paul Taras. Beide gehören der Wirtschaftskanzlei Görg an, für die rund 350 Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig sind und die bundesweit 31 Büros unterhält. Die Kanzlei hat die Insolvenzen zahlreicher namhafter Unternehmen gemanagt, darunter Galeria Kaufhof. Neben Rhode und Taras wirkt der Unternehmensberater Thomas Montag mit, dessen Gesellschaft sich auf die Restrukturierung mittelständischer Firmen spezialisiert hat.
Im Laufe der nächsten Monate wollen die Fachleute - im Schulterschluss mit der Geschäftsleitung - ein Zukunftskonzept entwickeln, um damit das Verfahren beenden zu können. An dem Prozess sollen dann auch die verschiedenen Führungsebenen von Kodi beteiligt sein, betont ein Sprecher.
Discounter und chinesische Portale setzen Kodi unter Druck
„Da kommt eine echte Herausforderung auf die Beteiligten zu“, meint ein Beschäftigter, der für einen Kodi-Dienstleister am Stammsitz im Gewerbegebiet arbeitet. „Wir leben nun mal in schwierigen Zeiten, eine Krise jagt die andere. Viele Leute halten ihr Geld zusammen, überlegen sich drei Mal, ob sie wirklich eine neue Kaffeemaschine, einen neuen Toaster oder einen Wasserkocher brauchen“, beobachtet er. Der junge Mann zählt damit Artikel auf, die zum Sortiment von Kodi gehören.
Als am Donnerstagabend das Unternehmen bekanntgab, dass es eine Insolvenz im Schutzschirmverfahren beantragt habe, nannte es den Rückgang der Verkaufserlöse als einen der maßgeblichen Gründe. Zugleich seien die Kosten rasant gestiegen, unter anderem für Energie und Fracht. Zugleich steht das Unternehmen durch Konkurrenten wie Action, Pepco und Woolworth stark unter Druck. Diese Lage hat sich durch chinesische Verkaufsplattformen mit Billigartikeln wie Temu noch verschärft hat.
Einer der Fahrer kann die Nachricht noch immer nicht fassen. Er hatte damit gerechnet, wie er sagt, dass es Kodi auch so wieder schafft, aus der Krise zu kommen. An diesem Morgen hat er sich auf den Weg zum Stammsitz gemacht, kommt gerade aus dem Urlaub zurück. 33 Jahre arbeite er schon für Kodi, erzählt der Fahrer. Und aus seinen Worten spricht große Sorge um seinen Job.