Oberhausen. Täter wollen ergaunertes Geld von Enkeltricks und Schockanrufen beiseite schaffen. Dazu nutzen sie Jugendliche skrupellos aus. Was denen blüht.
Ob Enkeltrick oder Schockanruf: Die Opfer werden meist heimtückisch um Tausende von Euro gebracht. Bevor die Täter aber mit ihren Mafia-Methoden zuschlagen, wenden sie skrupellos noch weitere miese Tricks an, damit sie das ergaunerte Geld auch beiseite schaffen können. Rund 30 solcher Fälle hat das Oberhausener Amtsgericht in den vergangenen Monaten verhandelt und sie trugen alle ein sehr ähnliches Muster. Auch in anderen Städten kommt es vermehrt zu solchen Straftaten, die Polizei Dortmund hat erst vor kurzem eine eindringliche Warnung herausgegeben.
Oberhausener Jugendliche schickten Tätern ihre Kontokarten zu
Meist sind es junge Menschen, die den Tätern auf den Leim gehen, in der Regel nicht einmal volljährig, erklärt Thomas Hubert, stellvertretender Direktor des Oberhausener Amtsgerichtes. Über soziale Netzwerke wie Tiktok, Snapchat, Instagram oder Whatsapp suchen die Täter den Kontakt zu den Jugendlichen, unter Umständen wenden sie sich auch auf offener Straße oder im persönlichen Umfeld an die jungen Leute.
Sie versprechen ihnen, mit recht wenig Aufwand verhältnismäßig viel Geld verdienen zu können. Geldwerte Vorteile, beispielsweise dreistellige Summen, stellen die Täter in Aussicht, was für Minderjährige dann doch viel Geld darstellt, zumal sie kaum etwas tun müssen. Sie sollen nämlich für vermeintlich legale Geldtransaktionen die Zugangsdaten samt PIN- oder TAN-Nummern ihrer Girokonten übermitteln. „Es gab auch Fälle, bei denen die jungen Menschen ihre Kontokarten zugeschickt haben“, sagt Hubert. Mit diesen Kontoverbindungen setzen die Täter ihre Masche fort. Die Opfer von Enkeltrick oder Schockanruf werden aufgefordert, an genau diese Konten die Beträge zu überweisen.
Statt des schnellen Geldes wartet auf die Oberhausener Minderjährigen eine böse Überraschung
Lange bleibt das Geld dort natürlich nicht, die Täter leiten es weiter, meist auf Konten irgendwo im Ausland. Da sie über die Kontodaten verfügen, sieht alles nach einer regulären Überweisung aus. Warum die Täter zu solchen Methoden greifen, ist klar und eindeutig, erläutert Hubert: Sie selbst behalten eine weiße Weste, während die Jugendlichen zu Handlangern von Geldwäschegeschäften werden.
Den jungen Menschen blüht schon bald die böse Überraschung. Die Geschädigten wollen ihr Geld zurückhaben und erstatten Anzeige gegen die Kontoinhaberin oder den Kontoinhaber. Auch wenn von dem Konto nichts mehr zu holen ist, können die Betrogenen ihr Geld einfordern: Wenn der Jugendliche wieder bei Kasse ist, müssen sie den ebenfalls Betrogenen ihr Geld zurückzahlen. Zudem steht ihnen auch ein Verfahren wegen Geldwäsche ins Haus. In Haft musste bislang zwar noch niemand, aber beispielsweise Sozialstunden ableisten, erläutert Rechtsexperte Hubert.
Manche Jugendliche müssen das gesamte Geld zurückzahlen
Es soll auch schon zu Vorkommnissen gekommen sein, bei denen die Geldinstitute sich frühzeitig eingeklinkt und Schlimmeres verhindert haben. Wenn nämlich auf einem Konto, auf dem sonst wenige Hundert Euro liegen, plötzlich ein vier- oder fünfstelliger Betrag auftaucht, wurden Banker hellhörig und haben Rücksprache mit dem Kontoinhaber oder auch dessen Eltern genommen. Mit einer Anzeige mussten die Jugendlichen aber dennoch rechnen.
Bei rund einem Drittel der Fälle hatten die Betroffenen ein Konto bei der Oberhausener Stadtsparkasse. Jedes Mal werde sehr genau geprüft, welche zivilrechtlichen Ansprüche die Geschädigten haben und inwieweit strafrechtliche Tatbestände vorliegen, erklärt deren Sprecher Frank Wrobel. Mitarbeiter der Bank überlegen oftmals auch gemeinsam mit den Eltern der Jugendlichen, wie das Geld an das Opfer zurückgezahlt werden kann.
Manchmal springen die Familien der Jugendlichen in die Bresche
Dazu kommen Ersparnisse des Teenagers in Betracht, mitunter springt auch die Familie finanziell in die Bresche. Manche junge Menschen zeigen sich einsichtig, dass sie einen Fehler begangen haben, andere wiederum sehen keine Schuld oder Verantwortung bei sich selbst. Je nach Verlauf der Gespräche entscheidet die Sparkasse, ob die Geschäftsbeziehung zu dem Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bestehen bleiben kann. Zudem befindet die Bank darüber, ob das Konto alsbald aufgelöst wird. Denn die Täter können versuchen, es weiterhin für ihre Geschäfte zu missbrauchen.
Auf die weitreichenden und langwierigen Folgen weist auch die Dortmunder Polizei hin. Die jungen Menschen laufen nämlich auch Gefahr, dass sie negative Einträge bei der SchuFa erhalten. Das wiederum könnte den Abschluss eines neuen Handyvertrags erschweren oder behindern. Zudem erstellen die Täter mit den Kontodaten auch Accounts im Internet und bestellen Ware zu Lasten der Kontoinhaber.
Weshalb die jungen Leute sich möglicherweise nicht trauen, frühzeitig Laut geben, einen Fehler begangen zu haben, hat auch Gründe: Sie werden von Tätern meist unter Druck gesetzt oder auch bedroht, falls sie Dritte informieren sollten.