Oberhausen. Um Freimaurer ranken so mancherlei Gerüchte. Eine neue Loge will gegen veilfach verbreitete Vorurteile angehen. Was sie im Einzelnen plant.

Freimaurer genießen oftmals einen zweifelhaften Ruf. Geheimnisvolle Praktiken werden ihnen nachgesagt, man rückt sie in die Ecke von Verschwörungstheoretikern und ihre Gemeinschaften gelten als eigenwillige Clubs. In Oberhausen bildet sich gerade eine Freimaurerloge, die gegen Vorurteile ankämpft, sich neuen Trends zuwendet und offen über Ziele und Zusammenkünfte sprechen will.

Oberhausener Freimaurer legt beim Besuch erst einmal seine Montur an

Als Mitbegründer Nils Esser zum Gespräch in der Redaktion erscheint, muss er erstmal am Dress feilen. Aus einer Tasche holt der 34-Jährige eine schwarze Krawatte und ein schwarzes Jackett hervor, sie gehören ebenso zur Freimaurer-Montur wie ein Halstuch, dem Emblem der jeweiligen Loge und eine Schürze. Heute ist sie aus Stoff, früher aus Leder, gehörte zur Berufskleidung von Bauleuten aus der Zeit des frühen Mittelalters, als die Geschichte der Freimaurer ihren Anfang nahm.

„Damals waren es vor allem überregional tätige Steinmetze, die für Kathedralen und Dombauten tätig waren und ihr Wissen austauschten“, erzählt Esser. „Meist kamen bei den Treffen auch wissenschaftliche Gelehrte hinzu“, ergänzt seine Kollegin Gaja von Hagen. Ihren bürgerlichen Namen möchte sie nicht preisgeben, sondern eben nur, wie sie in der Loge heißt. Denn dort geben sich Freimaurer einen anderen Namen. Rund 15.000 leben in etwa in Deutschland, weltweit sollen es rund fünf Millionen sein.

Bücher von Dan Brown brachten Oberhausener auf den Weg zu den Freimaurern

„Rosae Crucis“ (Rosenkreuz) nennt sich die neue Freimaurerloge und in ihrem Emblem sind die Zeichen des Kreuzes und der Rose enthalten.
„Rosae Crucis“ (Rosenkreuz) nennt sich die neue Freimaurerloge und in ihrem Emblem sind die Zeichen des Kreuzes und der Rose enthalten. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Weil nun offensichtlich in grauer Vorzeit die Leute vom Bau ihr Know-how für sich behalten und vor Konkurrenz schützen wollten, machte sich der Eindruck breit, als könnten sie etwas verheimlichen, erklärt Esser. Er hat durchaus Verständnis dafür, dass eine solche Geheimniskrämerei heutzutage schwer verständlich ist. Mit der Geschichte der Freimaurer hat sich der Oberhausener nach der Lektüre von Dan Brown-Büchern befasst, die Freimaurer Verschwörungen nachsagen. „Die Wirklichkeit sah und sieht anders aus“.

Nachdem die Freimaurerei zunächst abgeebbt war, erlebte sie ab dem 18./19. Jahrhundert eine neue Blüte, allerdings unter anderen Vorzeichen. Die Werte von Brüderlichkeit und Toleranz, die früher auch schon zum Wesen gehörten, traten nun in den Mittelpunkt. Fachleute sprechen auch vom Beginn der modernen Freimaurerei. Die Angehörigen wollten sich den Kriegen ihrer Zeit widersetzen.

Noch ganz junge Loge versteht sich als liberal und weltoffen

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Allerdings blieben meist die Männer unter sich, erst allmählich gründeten sich einige Logen, die auch Frauen aufnahmen. Zu ihnen gehört das noch ganz junge Dürener Bündnis mit Namen „Rosae Crucis“ (Rosenkreuz), das sich als liberal und weltoffen ausgibt. Ihm steht der Oberhausener Nils Esser vor, der nun mit seiner Kollegin in der Heimat einen Ableger gedeihen lassen will. „Wir nehmen sowohl Frauen und Männer als auch transgeschlechtliche Menschen auf“, betonen beide. „Damit bilden wir durchaus eine Ausnahme unter den Freimaurern, sehen uns aber ganz in der Tradition, indem wir auf den Menschen unabhängig von seiner Herkunft, seinem Geschlecht, seiner Meinung schauen.“

Der Oberhausener Nils Esser oder Michael Leonadis, wie er sich als Freimaurer nennt, im Ornat mit schwarzem Anzug, Schürze und Emblem.
Der Oberhausener Nils Esser oder Michael Leonadis, wie er sich als Freimaurer nennt, im Ornat mit schwarzem Anzug, Schürze und Emblem. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die regelmäßigen Treffen verlaufen nach festen Mustern, ähnlich wie liturgische Feiern. Winkel und Zirkel, ganz in der Tradition der Baumeister, liegen ebenso aus wie die Bibel. In aller Regel stehen Passagen aus früheren Freimaurerzeiten, biblische Bilder und Symbole im Mittelpunkt, über die die Teilnehmer diskutieren und mit dem Alltag in Verbindung setzen. Fragen nach der Freiheit des Menschen, seiner Würde und nach seiner Bestimmung sind die großen Themen, die solche Abende beherrschen.

Winkel und Zirkel sind die maßgeblichen Zeichen der Freimaurer und liegen wie die Bibel bei ihren Treffen aus.
Winkel und Zirkel sind die maßgeblichen Zeichen der Freimaurer und liegen wie die Bibel bei ihren Treffen aus. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Der frühere Metallbauer aus Oberhausen arbeitet an seiner eigenen Persönlichkeit

Die Entwicklung des Menschen vergleichen die Freimaurer gern mit der Errichtung eines Bauwerks, dem Salomonischen Tempel. König Salomon gilt der Tradition nach als großer Bauherr der biblischen Geschichte. Deshalb „sprechen wir auch von Tempelarbeit“, erzählt Niklas Esser. Zu der zähle aber ebenso, immer an sich selbst zu arbeiten und über die eigene Persönlichkeit nachzudenken. Er selbst, erzählt der gelernte Metallbauer, sei beispielsweise früher sehr stur gewesen. „Das hat mir auch manche Probleme eingebracht.“ Doch er habe gelernt, diesen Wesenszug abzustreifen.„Die Reaktionen aus meinem Umfeld zeigen mir, dass ich das wohl auch geschafft habe.“

Gaja von Hagen bleibt etwas zurückhaltender, spricht von wertvollen Impulsen, die sie regelmäßig während der Zusammenkünfte erhalte. Unter dem Strich gehe es darum, die Werte von Brüderlichkeit, Einigkeit und Nächstenliebe im Alltag zu leben.

Zusammenkünfte haben oftmals auch einen geselligen Charakter

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Genau diese Ziele hörte die Oberhausenerin auch vor einiger Zeit bei einem Vortrag über Freimaurer - und schloss sich ihnen an. Nachdem sie zunächst an Gästeabenden teilnehmen musste, begann ihre Laufbahn: Momentan hat sie noch den Rang des Lehrlings inne. Nach einer Prüfung, die im Wesentlichen aus einem Vortrag plus Diskussion besteht, erklimmt sie die nächste Stufe als Gesellin. Den Titel des Meisters wiederum kann man nicht nur durch eigenes Zutun erlangen, erläutert Nils Esser, „der wird verliehen“. Den Rang hat er inzwischen erreicht, heißt als Logenchef „Meister vom Stuhl“ und lässt schon durchblicken, dass man dafür schon eine Vorbildfunktion erfüllen muss. Wie seine Kollegin hat auch er einen Zweitnamen, nennt sich Leonidas Michaelis: Im Vornamen kommt der lateinische Begriff für Löwe vor, mit Nachnamen ist der Erzengel gemeint. Als Ziel streben die Freimaurer, betonen die beiden Oberhausener, den perfekten Menschen an, wobei sie wissen: Im wirklichen Leben bleibt man oft dahinter zurück.

Um in Düren und in Oberhausen (noch) mehr Menschen zu gewinnen, wollen die Initiatoren verstärkt im Internet Präsenz zeigen. Wer sich ihnen im Einzelnen anschließt, bleibt unter Verschluss, wobei es einem jedem selbst überlassen bleibt, ob er sein Umfeld darüber informiert. Nils Esser und Gaja von Hagen haben es durchaus in ihrem persönlichen Umkreis erzählt. Dabei erwähnen sie dann, dass manche Treffen sehr gesellig sind, ein gemeinsames Essen dazugehören kann.

Kontakt: freimaurer.dueren@gmail.com

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