Oberhausen. An ein Schnäppchen glaubte der Hauskäufer. Doch am Ende hat er viel Geld verloren. Unsere Recherchen zeigen auf, wie der Betrug funktioniert.
Wer ein Haus kaufen will, muss tief in die Tasche greifen. Da liegt es nahe, nach Schnäppchen Ausschau zu halten. So dachte auch Lambert Weiß, der seinen echten Namen nicht öffentlich lesen möchte, und ließ sich auf ein vielversprechendes Angebot ein. Doch inzwischen sitzt er auf einem Schaden von über 4000 Euro, hat Anzeige wegen Betrugs erstattet und sich einer WhatsApp-Gruppe von Leuten angeschlossen, die gleich klingende Fälle schildern. Aber der Reihe nach.
Angebot für Oberhausener Objekt auf Immobilienseiten klang sehr verlockend
Der Oberhausener durchforstete im Frühjahr 2024 wieder einmal einschlägige Immobilienseiten wie Immoscout, als er auf ein Objekt stieß, das er schon kannte. Er hatte es bereits kaufen wollen, war sich aber mit dem Eigentümer über den Preis nicht handelseinig geworden. Nun bot ein Unternehmen aus dem Düsseldorfer Raum das Gebäude an, das jetzt unter den Hammer kommen sollte. Ein Termin vor dem Oberhausener Amtsgericht dazu stand bereits fest. Die Firma warb damit, er könne das Haus 25 bis 40 Prozent billiger bekommen.
Die Firma habe vorgegeben, erklärt Weiß, dass abseits von der Zwangsversteigerung ein Bieterverfahren im Auftrag des Gläubigers eröffnet werde. Dabei handelte es sich, wie der Oberhausener erst später erfuhr, um die Bank, die wegen ausbleibender Zahlungen des Besitzers das Verfahren eröffnet hatte. Sie verlangte laut Darstellung der Firma aus dem Rheinland aber nur den Mindestpreis für das Objekt von 150.000 Euro, das eigentlich 245.000 Euro wert war, erinnert sich Weiß. Er sollte aber schon mal 1,5 Prozent des Verkehrswertes vorab überweisen, um die Ernsthaftigkeit seines Interesses zu beweisen. Denn, so das Argument, man rechne mit 20 bis 30 Anbietern. Der Oberhausener witterte seine Chance, überwies die geforderten 4373,25 Euro und erhielt zwei Tage später die Nachricht, er sei der Höchstbietende und habe die Immobilie erstanden.
Oberhausener hat erste Zweifel an der Redlichkeit der Firma
Was nach einem perfekten Deal aussieht, entwickelte sich aber zu einem Albtraum. Weiß sandte zunächst noch ein gewünschtes Finanzierungszertifikat seiner Bank an das Unternehmen, wollte aber auch wissen, ob denn die Gläubigerbank schon dem Kauf und dem vereinbarten Preis zugestimmt habe. Darauf erhielt er zwar eine Antwort. Aber in der Drei-Zeilen-Mail schrieb ein Sachbearbeiter lediglich: „Ich werde jetzt alle weiteren Schritte einleiten. In ca. 10 Tagen melde ich bei Ihnen mit Terminvorschlägen für Besichtigung und Notar.“
Gerne hätte Weiß den Mann jetzt direkt angerufen. Denn er wusste noch immer nicht, ob der Kauf schon in trockenen Tüchern war. Doch eine Telefonnummer enthielt die Mail leider nicht. Die Antwort seines ersten Ansprechpartners fiel recht ernüchternd aus: Der Mann schrieb, er sei krank, sein Kollege wegen Zwangsversteigerungsterminen unterwegs und nicht erreichbar.
Nachforschungen im Netz verschärfen die Sorgen des Oberhauseners
Der Oberhausener versuchte nun seinerseits den Druck zu erhöhen und setzte eine Frist, bis zu der sich die Firma melden sollte. Es passierte nichts. Recherchen im Internet hatten inzwischen seine Sorgen wachsen lassen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Er las nämlich von Betrugsfällen, die es bei „Bieterverfahren“ schon gegeben habe.
Hoffnung keimte indes auf, als dann nach einiger Zeit doch noch Mails eintrudelten, worin von Verzögerungen und „zeitintensiven“ Verfahren die Rede war. Das letzte Schreiben, das Lambert Weiß von dem Unternehmen aus dem Raum Düsseldorf vorliegt, stammt vom besagten Sachbearbeiter, der aber jetzt weder einen Besichtigungs- und Notartermin in Aussicht stellt noch die Kaufbestätigung erwähnt. Stattdessen schreibt er, dass eine Rückmeldung des Gläubigers frühestens Anfang April 2024 erfolgen werde. Sollten Neuigkeiten vorliegen, werde er sich melden. „Aber rechnen Sie nicht damit vor dem 8. April“.
Oberhausener erstattet Anzeige und ist nicht der einzige, der gegen die Firma vorgeht
Dieser Termin ist längst verstrichen, der Oberhausener hat einen Widerruf zu seinem Gebot bei der Firma mit der Bitte um Rückzahlung eingereicht, worauf keine Reaktion erfolgte. Der Versuch, das Geld über seine Bank mittels einer Rückbuchung wieder auf sein Konto zu holen, scheiterte. Längst hat Weiß bei der Polizei Anzeige erstattet. Mittlerweile liegen dort drei Anzeigen gegen das Unternehmen vor.
Den Anbieter haben längst mehrere Staatsanwaltschaften im Visier
Die Redaktion hat Notizen und Papiere von Lambert Weiß eingesehen. Wie weitere Recherchen belegen, ist das Unternehmen längst ein Fall für die Justiz, mehrere Staatsanwaltschaften haben es ins Visier genommen. Der Duisburger Justiz sind die Vorgänge aus Oberhausen bekannt, sie prüft derzeit die Unterlagen. Die Kölner Behörde, bei der zwei Betrugsanzeigen eingingen, fand heraus, dass der mutmaßliche Verantwortliche der Gesellschaft vor zwei Jahren verstorben war.
Weitere Ermittlungen an der Firmenanschrift und zu den Personen, die in der Anzeige genannt wurden, „führten aber nicht zur Ermittlung weiterer Beschuldigter“. Weil es an Ermittlungsansätzen mangelte, habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt. Ähnlich lautet die Antwort der Bochumer Staatsanwaltschaft. Ein Bürger aus der Stadt habe zwar Strafanzeige wegen Betrugs gestellt, aber das Verfahren sei eingestellt worden, weil der Aufenthaltsort des Verdächtigen unbekannt sei.
Geschädigte aus ganz Deutschland haben WhatsApp-Gruppe gegründet
Wie weitere Nachforschungen dieser Redaktion ergaben, hat sich über das soziale Netzwerk Reddit eine WhatsApp-Gruppe von etwa 15 Geschädigten aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands gebildet, der mittlerweile der Oberhausener angehört. Auf Nachfrage schilderten Betroffene, dass es ihnen ähnlich wie Lambert Weiß ergangen ist. Auch sie zahlten in einem „Bieterverfahren“ Geld.
So überwies eine Frau aus Süddeutschland rund 1800 Euro, um ihrer Mutter die Wege für einen Immobilienkauf in Duisburg zu bereiten. Die Beträge liegen aber oft höher, so gibt ein 4400 Euro als Schadenssumme an. Alle Vorgänge verliefen nach demselben Muster: Jedes Mal kam es zu einer freundlichen Kontaktaufnahme, aber nach der Zahlung brach die Verbindung ab.
Die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe haben mittlerweile auf Youtube ein Video gefunden, in dem der Autor einen Post zu einer weiteren Beschwerde zitiert. Gezeigt wird eine Seite des Unternehmens, die ein Foto eines Mitarbeiters enthält, mit dem auch Lambert Weiß im Kontakt stand. Das Porträtbild, so erklärt der Video-Verfasser, taucht noch einmal im Netz auf - mit dem Namen eines belgischen Staatsbürgers.
Unternehmen lässt Anfrage dieser Redaktion unbeantwortet
Diese Redaktion hat versucht, mit Verantwortlichen Kontakt aufzunehmen. Allerdings ist die Internetseite nicht mehr erreichbar. Fragen, die die Redaktion über den Facebook-Account dem Unternehmen zukommen ließ, blieben unbeantwortet. Ebenso wenig reagierte ein Mitarbeiter der Firma, dessen Namen samt Mailadresse und Telefonnummer noch im Netz zu finden ist.
Verärgert zeigen sich Weiß und andere Betrugsopfer aber auch über die bekannten Immobilien-Internetportale, die solche Unternehmen überhaupt auf ihren Seiten zulassen würden. Denn dadurch seien sie in dem Eindruck gestärkt worden, dass alles rechtmäßig verläuft. Immoscout hat allerdings der Firma inzwischen „Hausverbot“ erteilt, da „uns mehrere Beschwerden vorliegen“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Weiß bemängelt allerdings, dass es viel zu lange gedauert habe, bis das Immobilienportal reagiert habe. Das Angebot habe noch Wochen nach seiner Beschwerde auf der Seite gestanden. Bei ihm habe sich Immoscout zudem erst drei Monate nach seiner Mail gemeldet und erklärt, eine Prüfung sei nicht mehr möglich. Denn inzwischen sei das Angebot gelöscht.
Oberhausener kritisiert Immobilienseiten scharf
Ein Sprecher von Immowelt und Immonet wiederum erklärte, dass die Firma nicht gelistet sei. Es gebe aber einen Inserenten, der ähnlich heiße. Beschwerden gegen die AG würden allerdings nicht vorliegen.
Die Portale erklärten auf Anfrage, dass sie nur Inserate von Kunden zulassen, die sich an die einschlägigen Rechtsvorschriften halten. Man behalte sich aber vor, bei unseriösen oder rechtswidrigen Praktiken die Geschäftsbeziehungen zu beenden.
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