Oberhausen. Witzig oder geschmacklos? Grünen-Politiker und die Gleichstellungsbeauftragte prangern die Pissoirs der Fitness-Kette McFit in Oberhausen an.

Ist das Kunst oder kann das weg? Für Oberhausener Politikerinnen und Politiker der Grünen ist die Sache in diesem Fall ganz klar: Die Pissoirs in Kussmund-Form in der Männertoilette der McFit-Filiale im Bero-Zentrum nahe dem Oberhausener Hauptbahnhof sind „geschmacklos“.

Die Erklärung der niederländischen Designerin Meike van Schijndel, die sich die ungewöhnliche Keramik ausgedacht hat, lassen die Grünen nicht gelten. Einen geschlechtslosen Cartoon-Mund wollen sie hier nicht erkennen. „Die knallroten Lippen werden die meisten mit einem Frauenmund verbinden“, schreibt Petra Niemöller, Vorstandssprecherin der Oberhausener Grünen, in einer Stellungnahme, die nach der Beschwerde einer McFit-Nutzerin aufgesetzt wurde. Von ihrem Freund war die Dame auf die ungewöhnlichen Toiletten in ihrem Fitnessstudio aufmerksam gemacht worden.

Der Oberhausener Grünen-Parteichef Ralf Schindelasch: „Die Fitnessbranche hat sowieso Probleme mit dem Körperkult.“
Der Oberhausener Grünen-Parteichef Ralf Schindelasch: „Die Fitnessbranche hat sowieso Probleme mit dem Körperkult.“ © Grünen-Kreisverband Oberhausen | Grünen-Kreisverband Oberhausen

Grünen-Vorstandssprecher Ralf Schindelasch kann nicht nachvollziehen, warum solche Pissoirs ausgerechnet für eine Sportstätte ausgewählt werden: „Sexistische Objekte in Fitness-Räumen aufzustellen, ist Ausdruck von wenig Sensibilität und Weitsicht. Die Branche hat sowieso Probleme mit dem Körperkult. Der tut vielen nicht gut, insbesondere jungen Menschen. Vor allem die bekommen via Instagram und TikTok ein ideales Körperbild vorgespielt, das meist ohne Manipulationen und Eingriffe, auch in die Gesundheit, gar nicht zu erreichen ist.“

Knallrote Kusslippen auf McFit-Toilette: Oberhausenerin beschwert sich

Britta Costecki, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oberhausen, kritisiert die Idee des Fitnessstudios, diese Urinale zu installieren. „Das ist eindeutig ein Frauenmund“, sagt sie auf unsere Nachfrage und fragt: „Welches Frauenbild wird jungen Männern hier vermittelt?“ Sie freue sich über den Mut der Studio-Besucherin, die sich beschwert hat und hoffe, dass auch die eine oder andere Person beim Anblick der Kussmund-Urinale Unbehagen verspürt und dieses auch äußert. Sie selbst halte die Entscheidung, die „Kisses“ benannten Urinale aufzustellen, für unsensibel und hoffe, dass die Betreiber des Fitnessstudios diese Idee überdenken.

Britta Costecki, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oberhausen
Britta Costecki, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oberhausen © Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auf Nachfrage bei McFit, Deutschlands mitgliederstärkster Sportstudio-Kette, heißt es zunächst: „Wir möchten klarstellen, dass unsere Einrichtungen mit dem Ziel gestaltet werden, ein angenehmes Umfeld zu schaffen, in dem sich alle unsere Mitglieder gleichermaßen wohl und respektiert fühlen.“ Dann wird eingeräumt: „Wir verstehen, dass die Gestaltung der Urinale Fragen aufwerfen kann - und wir nehmen die Bedenken ernst.“ Da „Gleichberechtigung, Respekt und die Schaffung eines inklusiven Umfelds für alle“ zu den Unternehmen-Standards gehören, werde man die Beschwerde intern weiterleiten „und prüfen, ob Anpassungen möglich und angemessen sind“.

Proteste in Oberhausen, Potsdam, Sydney: Design-Urinale polarisieren

Kontroversen wie in Oberhausen lösen die niederländischen Design-Urinale weltweit aus. In der Kult-Kneipe „De Prins“ im Essener Südviertel sorgten sie ebenso für Proteste wie in einem Nobel-Restaurant in Sydney oder in einem Potsdamer Club, wo sie Feministinnen in Rage brachten. Im Wendland beschwerten sich Frauen über Kussmund-Urinale im Rolling-Stones-Museum und in den Niederlanden soll eine McDonalds-Filiale den geöffneten Frauenmund auf der Herrentoilette sogar wieder entfernt haben. Der Grund: die Beschwerde einer schockierten amerikanischen Touristin. Zu lesen ist diese Geschichte auf der Internetseite eines Badartikel-Verkäufers, der das Modell „Kisses“ als „extravagantes Design“ zum Verkauf anpreist – für 1287,95 Euro.

Es gehe ihnen nicht darum, „die Moralkeule zu schwingen“, schreiben die Grünen-Vertreter in ihrer Mitteilung. Sie appellieren aber an die Betreiber der Fitness-Filiale, „dass sie männlichen Mitgliedern nicht aufzwingen, Pissoirs nutzen zu müssen, die eine frauenfeindliche Interpretation derart nahelegen“. Eine öffentliche Schelte wollen sie ihnen offenbar jedoch nicht ersparen und empfehlen deshalb: „Am besten wäre es, wenn alle, die sich an den Kisses-Urinalen stören, dies McFit zum Beispiel über soziale Netzwerke mitteilen.“

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