Mülheim. Der Allroundkünstler geht mit eingespielter Band und neuem Programm auf Tour. In Mülheim gibt er drei Konzerte. Was er trotz Pokerface verrät.
Einen abgefahreneren Ort für eine Pressekonferenz gibt es wohl nicht. Helge Schneider hat in seinen Proberaum in Mülheim geladen, um sein neues Programm „Ein Mann und seine Musik“ vorzustellen. Aus dem riesigen Fenster des „Musik-Wohnzimmers“ hat man einen atemberaubenden Blick auf die Ruhr. Nicht satt sehen kann man sich aber auch an dem Sammelsurium an Instrumenten, Möbeln und urigen Gegenständen wie einem alten Flipper, einem Fitnessgerät oder einem Friseurstuhl. Der Allroundkünstler ist gut aufgelegt, setzt sich an seine Hammond-Orgel, Baujahr 1952, und gibt ein „Ständchen“. Für die Journalisten? Anlässlich seiner Tournee 2025? Wofür auch immer. Er spielt natürlich Jazz und improvisiert dabei bravourös. Das macht Lust auf mehr.
Wer will, kann jetzt schon Karten kaufen für die neue Show. Helge Schneider tourt 2025 zum „soundsovielten Mal“, weil er einfach so viel „Spaß am Spielen auf der Bühne hat“. „Im letzten Jahr bin ich für 20 Konzerte ungefähr 9.000 Kilometer mit dem Auto gefahren. Das war anstrengend, aber es macht mir unheimlich viel Freude live auzutreten“, sagt er. Deshalb startet er mit fast 70 Jahren (Geburtstag: 30. August) erneut eine Tournee mit über 60 Konzerten im In- und Ausland. Start ist am 19. Februar im Konzerthaus in Dortmund. Mit dabei ist dieselbe Band, die schon beim letzten Programm „Katzeklo auf Rädern“ dabei war (Sandro Giampietro, Reinhard Glöder, Willy Ketzer, Sergej Gleitman, Bodo Oesterling). „Die Band ist toll, es ist sehr schön mit ihr zu spielen“, findet Helge Schneider.
Mülheimer Multitalent wird in bekannter Manier Geschichten erzählen
Drei Auftritte sind in der Heimatstadt Mülheim geplant: Am 13., 14. und 15. März will das Multitalent das Publikum in der Stadthalle mit „Musik und Quatsch“ unterhalten. Bekannte Songs und Stücke (mit alten oder neu ausgedachten Texten – oder auch einfach ohne Worte) will er „aus der Wundertüte zaubern“ und natürlich auch viel improvisieren. Außerdem soll auch Brandneues zu hören sein. „Bis dahin sind mir hoffentlich noch ein paar neue Songs eingefallen“, sagt Schneider augenzwinkernd. Zwischendurch wird er in bekannter Manier Geschichten erzählen, die sich von Termin zu Termin auch schon mal leicht verändern können – wie überhaupt das ganze Programm: Jedes Konzert wird irgendwie anders und einzigartig sein.
Auch interessant
Viel mehr will der „Junge aus Heißen“ noch nicht sagen zum nächsten Jahr. Nur so viel noch: Nach der Tour hat er vor, mal wieder einen Film zu machen. „Das ist eigentlich das Schwierigste, das ich bisher gemacht habe. Einen Film drehen, mit einer großen Crew“, sagt er. Leichter geht ihm das Musizieren von der Hand. Wie bekannt, beherrscht er verschiedene Instrumente. Auf dem Klavier oder der Orgel Jazzimprovisationen darzubieten, macht ihm am meisten Spaß. „Da kann ich mich als Fantast entfalten“, sagt er.
Aber er sei ein „aufgeschlossener Musiker“, der vieles möge. „An der Popmusikwelt von heute finde ich allerdings nix gut“, so Schneider. Und für „ausufernde Begebenheiten“ – etwa, dass eine Stadt sich plötzlich „Swiftkirchen“ (nach Taylor Swift) nenne – habe er gar nichts übrig. „Da könnte Mülheim ja auch Helgeheim heißen!“ Er liebe authentische Musik (Amy Winehouse hat ihm gefallen) und könne die Kommerzialisierung in der heutigen Musik nicht leiden.
Für eine echte Homestory ist der Mülheimer nicht zu haben
Eine Homestory – dafür ist Helge Schneider nicht zu haben. Aber einiges lässt sich ihm doch entlocken: Er habe eine kleine Wohnung irgendwo in Mülheim und ein Häuschen in Andalusien. Hier und dort finde er die Muße, kreativ zu sein. Durch Schläge gegen seinen Boxsack und durch Nordic Walking an der Ruhr hält er sich fit für den Job. „Wenn ich an der Ruhr entlang laufe, werde ich auch erkannt und gegrüßt, aber keiner stiefelt hinter mir her und will ein Selfie mit mir“, ist er froh.
In die Mülheimer Innenstadt geht er kaum noch, zu viele Läden und Kneipen oder Cafés haben zu („zu hohe Mieten“). Aber auch Bequemlichkeit und Unreflektiertheit der Menschen stoßen ihm auf: „Da geht eine Kultur den Bach runter. Die Leute sitzen zu Hause auf dem Sofa und bestellen per Handy Schuhe. Und wenn sie sie haben, schicken sie zurück und bestellen sie in einer anderen Farbe. Aber die schicken sie auch wieder zurück.“ Allerdings: „Kritik anmelden will ich nicht, aber sagen, was ich denke“, so der Künstler. Was er auch sehr schade findet: „Es gibt immer weniger Begegnungsstätten – also Orte, wo sich Menschen treffen.“
Mülheimer Musiker: Künstliche Intelligenz kann keine Kunst liefern
Die Frage nach seinem „Beziehungsstatus“ umgeht der 69-Jährige nonchalant. „Ich habe viele Kinder, aber da endet die Berichterstattung“, sagt er schmunzelnd. Und ob sein Hinweis „Sie ist zu jung für Nordic Walking“ ernst gemeint ist? Helges Pokerface verrät es nicht. Gesprächiger wird er, als die Sprache auf seine Vorbilder kommt. Es sind der große Musik-Clown Grock (Adrien Wettach) und der Pianist und Komödiant Victor Borge. „Schon als Vierjähriger wollte ich so sein wie Grock“, erinnert er sich. Liebend gerne einmal gespielt hätte er mit dem verstorbenen US-Schlagzeuger Jo Jones.
Die „individuelle Ausdrucksstärke des Künstlers“ mache Kunst und Kultur aus, meint Helge Schneider und wird im amüsanten Gespräch zwischendurch ernst. Immer mehr werde die Künstliche Intelligenz auch in der Musik genutzt. „Aber eine KI kann nur reproduzieren, nicht improvisieren, sie kann die Genialität menschlicher Einfälle nicht ersetzen. Das, was mit KI entsteht, ist nur Konserve und keine Kunst.“ Werden künftig Roboter zur Pressekonferenz kommen?
Um diese düstere Zukunftsvision (schelmisch) zu untermauern, spielt der Entertainer auf der Orgel ein paar Akkorde, „die erschaudern lassen“. Für Musiker sieht er die Lage aktuell nicht so schwarz: „Wir müssen noch nicht beunruhigt sein. Die Leute kommen zu den Live-Konzerten und wollen dort echte Menschen spielen sehen.“ So hofft er auf ausverkaufte Häuser bei seiner Tournee und rät seinen Fans spitzbübisch (und ganz ohne Hintergedanken!): „Kauft die Karten früh!“
Weitere Informationen gibt es auf der Homepage von Helge Schneider unter: helge-schneider.de
Mehr zu Helge Schneider
- Helge Schneider: Welche Ehre dem Ur-Mülheimer jetzt zuteil wurde
- Helge Schneider geht 2025 auf Tour: Drei Events in Mülheim
- „Katzeklo auf Räder“: Helge Schneider 2024 auf Tour durch NRW
- NRW-Kunstpreis für Helge Schneider: „legendäres Multitalent“
- Helge Schneider über das neue Album: „Swing ist mein Ding“
- Helge Schneider bricht Auftritt ab: Geht mir auf den Sack
Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!
>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-Version, Apple-Version).