Mülheim. Für die Vita Therme in Mülheim ist bisher keine Insolvenz angemeldet worden. Der Betreiber reagiert nicht. Was der Eigentümer der Immobilie sagt.
Immer noch kommen Saunaliebhaber zum Heinrichsbad, stehen vor verschlossenen Türen und sind überrascht. Dass die Vita Therme Ende April ganz plötzlich geschlossen wurde, haben noch nicht alle Kundinnen und Kunden mitbekommen. Andere wissen schon länger Bescheid und ärgern sich darüber, dass ihnen noch kurz vor dem Aus Gutscheine, Zehner- oder Jahreskarten verkauft wurden. Ihre schriftlichen Beschwerden liefen bis jetzt ins Leere. Und telefonisch ist die Geschäftsführung ohnehin nicht zu erreichen.
Stammkunde Edgar Hupe erhielt das erste Einschreiben, das er abschickte, um 250 Euro einzufordern, zurück. Für das zweite, das er in einen anderen Briefkasten am Eingang des Heinrichsbades warf, bekam er eine Empfangsbestätigung, die allerdings nicht darüber aufklärte, wer seinen Brief erhalten hatte. Eine richtige Antwort blieb bisher aus. Ein anderer Stammkunde, Heinz Fetha aus Essen, versuchte es per Internet. „Die Nachrichten kommen gar nicht an, als ob der Empfänger die Adresse gesperrt hätte“, sagt er. Noch kurz vor dem 30. April habe man ihm im Saunacenter eine Zehnerkarte verkauft, 150 Euro müsste er eigentlich zurückbekommen, findet er. Er glaubt, dass bald ein Fall von „Insolvenzverschleppung“ vorliegen könne.
Mülheimer Verbraucherschützerin: „Der Fall ist böse für die Verbraucher“
In der Tat hat der Geschäftsführer der Vita Therme Heinrichsbad GmbH, seit Anfang 2024 ein gewisser Oliver Biermann, wohl noch nicht Insolvenz angemeldet. Das ergibt unsere Recherche in den bundesweiten Insolvenzbekanntmachungen. Auch die Verbraucherzentrale Mülheim, bei der eine ganze Reihe an Anfragen zur Schließung des Gesundheits- und Wellnesszentrums eingingen, weiß von einem laufenden Insolvenzverfahren nichts. „Ob Insolvenzverschleppung vorliegt, müsste die Staatsanwaltschaft prüfen. Es macht daher Sinn, wenn Kunden auch die Polizei ansprechen“, sagt Christiane Lersch. Der Fall sei „böse“ für die Verbraucher, erst mal sei das Geld für sie verloren. „Es sei denn, es wird doch noch ein Insolvenzverfahren eröffnet.“ Dann können sich die Betroffenen auf eine Liste setzen lassen, bekommen ob der Vielzahl der Gläubiger oft aber nur einen Bruchteil ihres Geldes zurück.
Lersch‘ Kollegin Susanne Niermann hatte vor einigen Wochen in unserer Zeitung noch einen weiteren Weg aufgezeigt: Man könne einen Mahnbescheid auf Kostenerstattung an das Unternehmen schicken. Das gehe übers Amtsgericht oder auch online. Im Netz sollte man aber aufpassen, dass man auch seriöse Formulare nutze. Ob der Mahnbescheid Erfolg habe, sei aber auch fraglich.
Planungsrecht der Stadt Mülheim erlaubt keinen Lebensmittelmarkt
Was geschieht nun mit dem Heinrichsbad? Bei der Bauaufsicht der Stadt weiß man nichts von möglichen Plänen des Eigentümers des Gebäudes beziehungsweise des Grundstücks, Anfragen liegen dort nicht vor. Der Hausbesitzer lebt in Süddeutschland und hatte die Immobilie an die Vita Therme Heinrichsbad GmbH vermietet. Mit dem Betrieb des Centers hatte er nichts zu tun. Vor einigen Wochen hatte er schon einmal erwähnt, er habe überlegt, ob ein Supermarkt auf dem Gelände gebaut werden könne. Aus planungsrechtlichen Gründen ist die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes laut Stadt an diesem Ort aber unzulässig.
Auf eine Anfrage unserer Zeitung meldet sich der Eigentümer jetzt erneut zu Wort. „Dass dieses Bad, welches seit 1948 als Sauna geführt wurde und zahlreiche Krisen überstanden hatte, schließen musste, macht mich ebenfalls sehr traurig“, schreibt er. Er habe in der Vergangenheit die Miete mehrfach gesenkt und auch auf Miete verzichtet, „zum Wohle der Angestellten“. Der finanzielle Schaden, den er selbst erlitten habe, liege „im mittleren sechsstelligen Bereich“.
Vorwurf: „Man verteuert die Energie, damit der Unternehmer aufgibt“
Den Grund für die Schließung sieht er aber nicht im Missmanagement des Betreibers Vita Therme GmbH, sondern in der aktuellen Wirtschaftspolitik in Deutschland. „Produkte wie Energie werden nun absichtlich so teuer gemacht, dass es sich aktuell nicht mehr lohnt, eine Sauna zu eröffnen oder zu betreiben“. Man sei als Unternehmer aktuell wirtschaftlich nicht in der Lage, einen solchen Betrieb profitabel zu führen. „Man verteuert die Energie, damit der Unternehmer aufgibt“, so sein Vorwurf. Neben den Energiekosten seien auch die gestiegenen Grundsteuern und das veränderte Konsumverhalten der Menschen (weniger Saunabesuche, Sparsamkeit) Teil des Problems.
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„Um dieses Geschäft als Sauna wieder profitabel zu führen, müssten die Preise massiv erhöht werden - um mindestens 40 Prozent. Aber dafür hat der Kunde kein Geld“, erklärt der Hauseigentümer, das habe er durchgerechnet. Zum Geschäftsführer der GmbH, dem er letztlich selbst gekündigt hat, habe er keinen Kontakt mehr. Die Eröffnung der Saunalandschaft durch einen anderen Betreiber oder durch ihn selbst sei bestenfalls nach einem Jahr (April 2025) möglich, da laut Gesetz der neue Unternehmer sonst für die Schulden des alten Betreibers haften müsse - und das wolle ja keiner.
Hauseigentümer gibt Versprechen an geschädigte Kunden in Mülheim
Sollte er selbst den Schritt wagen und die wirtschaftliche Situation (geringerer Strompreis usw.) es erlauben, im nächsten Frühjahr ein neues Saunacenter zu eröffnen, möchte er den geschädigten Kundinnen und Kunden entgegenkommen: Wer den Kauf einer Jahreskarte oder von etwas Ähnlichem in 2024 nachweisen könne, erhalte einen guten Teil der gezahlten Kosten zurück, sofern er eine neue Karte erwerbe. Ob es aber je zu einer Wiedereröffnung kommen wird, ist völlig offen.
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