Mülheim. In einem Mülheimer Viertel hocken Quietscheenten mitten auf der Straße. Vielleicht für manche Raser ein lehrreicher Schreck, hoffen Anwohner.

Schön in Reih‘ und Glied stehen die kleinen gelben Quietscheentchen auf dem Asphalt. Mitten auf die Jägerhofstraße im Raffelberg-Quartier hat sie irgendjemand dort hingeklebt. Um Autofahrer zu mahnen: Hier bitte nicht so rasen. Genutzt hat es wohl noch nicht soviel, wenn man auf den grauen Gummi-Abrieb auf den Entchen achtet. Von etlichen Autoreifen.

Aber auch die Tempo-30-Schilder, die die Stadt an den Zufahrten in das Viertel angebracht hat, werden nicht selten ignoriert. Oder die weißen Piktogramme, die seit kurzem auf dem Straßenasphalt glänzen. „Viele fahren hier immer noch zu schnell“, schildert Bernd Burichter.

60 Kinder im Mülheimer Quartier - achtsam fahren wäre das Gebot

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Der Anwohner kann zwar nicht benennen, wer die Entchen wann dort platziert hat. Wohl aber die mutmaßlichen Gründe: Seit Jahren bemüht sich ein Teil der Anwohner, sowohl eine Lösung zu finden, wie man das Tempo im Viertel reduzieren könnte. Als auch, wie zu verhindern wäre, dass das Quartier als Umgehungsstrecke zwischen Duisburger Straße und Akazienallee genutzt wird.

Anwohner Bernd Burichter erlebt, wie sein Viertel als Abkürzung missbraucht wird, um eine Ampel oder einen Stau zu umfahren.
Anwohner Bernd Burichter erlebt, wie sein Viertel als Abkürzung missbraucht wird, um eine Ampel oder einen Stau zu umfahren. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

„Allein hier wohnen 14 Kinder“, zeigt Burichter im mittleren Abschnitt der Jägerhofstraße einmal im Kreis. Insgesamt sollen es mehr als 60 Kinder unter zehn Jahren sein, die im Quartier wohnen, leben und spielen. Rücksichtsvoll fahren, wäre jetzt eigentlich das Gebot der Stunde.

Doch davon spüren die Anwohner wenig. „Da schon wieder“, zeigt Burichter einem schwarzen Pkw hinterher, der mehr als zügig die Hittfeldstraße zur Akazienallee entlang braust. Oberhausener Kennzeichen. „Der kommt von der Monning. Spart eine Ampel“, meint der Anwohner.

Abkürzung durch das Viertel spart eine Ampel

Dabei ist auf den großen Hauptverkehrsstraßen Duisburger und Akazienallee jetzt, gegen 10 Uhr morgens, nicht viel los. Man käme dort ganz gut durch. Noch schneller geht‘s aber offenbar dennoch durch‘s Viertel, weil man sich das Ampelintervall an der Hauptverkehrskreuzung spart. Aber nur, wenn man auch fährt, wie auf der Hauptstraße.

Gemessen hat die Stadt den Verkehrsfluss und die Geschwindigkeiten auf verschiedenen Straßen im Viertel - unter anderem an einem Feiertag. In Summe kam man auf 543 bis 633 Fahrzeuge sowie im Durchschnitt auf 32 bis 51 km/h. Nach Einschätzung der Stadt entspreche das „dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen vergleichbarer Siedlungsbereiche“. Keine ausreichende Begründung, also, um in den Straßenverkehr einzugreifen.

Spitzengeschwindigkeiten bis zu 70 km/h

Doch die Spitzengeschwindigkeiten sollen durchaus bis zu 70 km/h erreichen, zeigt Burichter auf die Ergebnisse im Detail. Und auch der Verkehr soll zum Berufsverkehr dichter sein, oder wenn etwa Stau auf der Duisburger herrscht oder als die A40 ausgebaut wurde. 140 Anwohner hatten das Anliegen, den Verkehr einzuschränken, damals gestützt.

Auch die Politik hatte im vergangenen November die Einschätzung der Verwaltung nicht geteilt und zumindest sanftere Maßnahmen beschlossen: Zum einen Piktogramme auf die Straße zu malen, zum anderen „Achtung Kinder“-Schilder an den Einmündungen ins Viertel anzubringen. Und zu blitzen.

Die ersten Entchen kratzte die Polizei vom Asphalt

Allerdings blieben die Forderungen der Anwohner nach Einbahnstraßen, Kreisverkehr und Diagonalsperren, die den Verkehr verlangsamen würden, in der Schublade. Denn manche Maßnahmen würden die Müllabfuhr und Feuerwehr behindern, so damals das Ordnungsamt. Dabei müsste man einen Kreisverkehr gar nicht ‚bauen‘, zeigt Anwohner Bernd Burichter am Dienstagmorgen vor Ort auf die Kreuzung Hittfeld- und Jägerhofstraße, es reichte für den Effekt, ihn aufzumalen.

Aus Sicht der Stadt ist der politische Beschluss aber damit erfüllt, die Lage vor Ort habe sich durch die Beschilderung und drei Piktogramme verbessert. Jedoch nicht aus Sicht der Anwohner. Die erste Kohorte von Gummientchen hat die Polizei neulich vom Asphalt gekratzt und in einer gelben Tonne dem Wertestoffkreislauf zugeführt. Noch steht die zweite Reihe tapferer Entchen an der Jägerhofstraße. Und mahnt Autofahrer zur Achtsamkeit. Wer weiß, wie lange?

Verkehr in Mülheim: die Debatten

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