Mülheim. Eine Brandschutzprüfung in einem Wohnhaus in Mülheim-Styrum brachte diverse Mängel ans Licht und schockierte die Bewohner. Der Fall ist kurios.
Böse überrascht werden die Eigentümer im mehrstöckigen Wohnhaus an der Moritzstraße 68 im Februar 2023 nach einer Brandverhütungsschau der Feuerwehr: Brandschutzmängel werden entdeckt, die Räumung einiger Wohnungen binnen weniger Stunden steht an. Die Bewohner sind geschockt. Dann findet sich doch noch eine andere Lösung: Für die kommende Nacht wird ein Security-Dienst engagiert, am folgenden Tag ein Gerüst aufgebaut, das den Bewohnern der oberen Etagen als Fluchtweg dienen soll. Ein Provisorium – bis andere Baumaßnahmen durchgeführt werden können.
Das Gerüst steht jetzt, sechs Monate später, immer noch da. „Es geht nicht weiter, das Bauordnungsamt gibt uns keine Genehmigung für das Freilegen und Anlegen der erforderlichen Rettungswege und die Errichtung eines Standplatzes für ein Feuerwehrfahrzeug hinter dem Haus. Dabei haben wir einen Architekten eingeschaltet und Pläne eingereicht“, klagt Dieter Korbmacher, einer der Eigentümer. Die Eigentümergemeinschaft müsse die Kosten für das Gerüst tragen, jeder weitere Tag erhöhe den Betrag. „Und keiner hat uns gesagt, wie hoch die Miete für das Gerüst überhaupt ist!“ Der Aufbau allein habe schon 2800 Euro gekostet.
Mülheimer Bauordnungsamt: Bearbeitungszeit völlig normal
Das Bauordnungsamt fühlt sich völlig zu Unrecht kritisiert. Amtsleiter Axel Booß erklärt schriftlich: „Der zugehörige Bauantrag, welcher im Nachgang zu den Feststellungen aus der Brandverhütungsschau der Feuerwehr eingereicht wurde, ist erst (!) am 13. Juni gestellt worden. Gerade ist die letzte erforderliche Rückmeldung der Fachämter eingegangen – es war die wichtigste Antwort, nämlich die der Feuerwehr. Daneben wurden im Genehmigungsverfahren noch die Untere Naturschutzbehörde, das Amt für Verkehrswesen und Tiefbau sowie die Untere Wasserbehörde gehört.“
Die Bearbeitungszeit für den Antrag sei völlig normal: „Es handelt sich um eine gängige Bearbeitungszeit. Der Bauantrag liegt keine drei Monate vor und hat zudem eine gewisse Prüfungstiefe. Die Antwort kann jetzt aber in Aussicht gestellt werden. Mit der Baugenehmigung ist innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen“, so Axel Booß weiter.
Bewohner: Feuerwehrzufahrten waren schon 1985 überwuchert
Der Fall ist kurios: Irgendwie haben alle Beteiligten irgendetwas übersehen. Für die Eigentümer war der Brandschutz nie Thema, sie haben (arglos) nie darüber nachgedacht, verließen sich auf den Verwalter Haus & Grund. „Als wir 1985 hier eingezogen sind, waren die Rasengittersteine, die die Feuerwehrzufahrt bildeten, schon überwuchert und gar nicht mehr zu sehen. Da war nur Wiese“, sagt Dieter Korbmacher. Haus & Grund habe die Eigentümer auch nicht über die Rettungswege und deren Zustand informiert – und den Brandschutz nie in den Fokus genommen. Die Brandverhütungsschau im Februar sei dem Verwalter angekündigt worden, er habe die Nachricht aber nicht an die Eigentümer weitergegeben.
Schief gegangen ist aber noch mehr: Vorgeschriebene Brandverhütungsschauen der Feuerwehr hatte es wohl lange nicht gegeben – „nicht, seit wir hier wohnen, seit 38 Jahren“, berichtet Dieter Korbmacher. Amtsleiter Axel Booß hatte im Februar erläutert, dass bei größeren Gebäuden die Überprüfung laut Gesetz „alle sechs Jahre“ stattfinden müsse. Schließlich führte aber auch ein Entscheid der Stadt Mülheim dazu, dass niemand sich Sorgen um den Brandschutz machte. „Die Stadt hat uns genehmigt, einen Zaun rund um das Grundstück zu bauen“, erklären die Korbmachers. Das taten die Eigentümer auch – unabsichtlich direkt auf den Feuerwehrzufahrten, also den zugewucherten Rasengittersteinen.
Mülheimer Eigentümer haben schon 50.000 Euro bezahlt
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Nach der Brandverhütungsschau im Februar hieß es dann: Der Zaun muss größtenteils weg, damit die Feuerwehrwege wiederhergestellt werden können. Auferlegt wurde den Bewohnern auch, hinter dem Haus einen befestigten Standplatz anzulegen, auf dem ein Löschfahrzeug stehen könne. „Erst wenn der fertig ist, kann das Gerüst als Fluchtweg wieder weg“, erläutert Dieter Korbmacher.
Grundsätzlich muss die Eigentümergemeinschaft den Brandschutz beachten und finanzieren. Auf 50.000 Euro belaufen sich laut Korbmacher die Kosten schon jetzt, noch bevor die Außenarbeiten zu Buche schlagen. Im Gebäude haben die Eigentümer seit dem Vorfall im Februar einiges unternommen – zum Beispiel neue Brandschutztüren im Keller eingebaut und Rohrverkleidungen vorgenommen – damit „kein Qualm aus den Rohren nach draußen dringen kann“. „Wir haben mehr gemacht, als die Feuerwehr fordert“, sagen sie. Ihre Rücklage werde durch die Maßnahmen leider schwer angegriffen.
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Mülheimer Amtsleiter: Alles fertig bis auf Eintragung einer Baulast
Deshalb hoffe man, dass es jetzt zügig weitergeht, man Kosten sparen kann. Eine neue Verwalterin hat man auch engagiert, die schon die Baupläne im Hausflur ausgehängt hat. Dass die Baugenehmigung soweit fertig ist, ist die gute Nachricht. Allerdings gibt es auch eine schlechte: „Es bedarf noch der Eintragung einer Baulast, um über ein Fremdgrundstück das Gebäude rückwärtig durch die Feuerwehr anfahren zu können“, erklärt Axel Booß. Dieses Grundstück gehöre der Stadt, mit der Eintragung einer Baulast sei daher ganz sicher zu rechnen.
Allerdings könnte es noch etwas dauern, bis die Eigentümer loslegen können mit den Außenbauarbeiten: Der städtische Immobilienservice kümmert sich um diese Frage, die Bauaufsicht hat darauf keinen Einfluss. Erst, wenn der Eintrag vorliegt, kann die Genehmigung tatsächlich erteilt werden. „Dieser Punkt ist also noch abzuarbeiten“, so Booß. Der Immobilienservice hat das geforderte Verfahren nach eigenen Aussagen in Gang gebracht. Man glaubt, dass die Baulast in ein bis zwei Wochen eingetragen wird, die Baugenehmigung dann erteilt werden kann.