Mülheim.

Den 38-Jährigen mit den rückenlangen Dreadlocks, der jugendlichen Ausstrahlung und der ruhigen, entspannten Art könnte man sich gut und gerne auf einem Reggae-Festival vorstellen. Und in der Tat hat der Musikwissenschaftler artverwandt seine Magisterarbeit an der Uni Köln unter dem Titel „Hierarchische Strukturen innerhalb der Technoszene in Köln“ geschrieben. Doch Jörg Jüdt lässt sich auf andere Melodien ein: Demnächst wird er in der Mülheimer Stadthalle stehen und die Einführung in die Sinfonie-Konzerte halten: Als Nachfolger von Astrid Kordak ist Jüdt der neue Mann an der Klassik-Front. „Ich bin in der Klassik auch Zuhause“, sagt Jüdt, der in den verschiedensten Musik-Genres unterwegs ist und keine Grenzen kennt. Er ist vielleicht so etwas wie ein Mann für jede Tonart.

Bei der Auswahl der Orchester und Solisten für die Sinfonie-Konzerte will er der erfolgreich-bewährten Spur von Kordak folgen – eine Mischung aus klassischer Klassik und neuen Stücken. „Es wird keine großartigen experimentellen Veränderungen geben“, sagt Jüdt: „Ich will das Publikum nicht vor den Kopf stoßen.“ Wenngleich das Programm mit sieben Konzerten bis April 2014 von seiner Vorgängerin in trockene Tücher gebracht wurde, ist er schon dabei, die nächste Konzert-Saison auszutüfteln. „Die Planungen laufen.“

Sinfonie-Konzerte seit 57 Jahren

Eine Ausschreibung für die Stelle habe es nicht gegeben, erläutert Udo Balzer-Reher, Leiter des Theater- und Konzertbüros der Stadt. Stattdessen habe er sich lieber im Konzertleben umgehört und mit Kandidaten, die in Frage kommen, gesprochen: „Es musste passen.“ Und so stieß er mit dem Kölner Jörg Jüdt und seiner Biografie wie u.a. der ehrenamtlichen Mitarbeit bei Öko-Projekten im Ausland, Eventplanung, Angestellter der Bibliothek des Musikwissenschaftlichen Instituts der Uni Köln, wo er auch eine Seminarleitung hatte, auf einen Mann mit Blick über den Tellerrand. Neben Organisieren und Planen, gehört auch die Repräsentation und die Einführung in die Konzerte dazu. Angefangen mit drei Leuten, erinnert sich Balzer-Reher, komme jetzt ein Drittel der Besucher ins Stadthallen-Foyer. „Wir haben solch ein wundervolles Publikum – das geht mit.“

Die Sinfonie-Konzerte sind die traditionsreichste Reihe, die in Mülheim über die Bühne geht. Es gibt sie seit 57 Jahren. Durch das Aufbegehren der Bürger sind sie vor zwei Jahren knapp dem städtischen „Streichkonzert“ entgangen. Pro Saison laufen sieben Konzerte mit im Schnitt 500 Besuchern, so Balzer-Reher. Darunter viele Stammgäste, die sicher schon gespannt auf den „Neuen“ sind.