Mülheim. Im Dreiergespräch: Breitbandkoordinator Thelen, Katasteramtsleiter Lincke und Geodatenmanagerin Neubner über WiFi und Glasfaser.
Wer sich über WLAN-Hotspots in Mülheim informieren möchte, findet auf der Internetseite der Stadt eine Karte, die nicht länger zentral gepflegt wird. Lange hat die Verwaltung zu dem Thema nichts nach außen kommuniziert. Wurde der WLAN-Ausbau aufgegeben? Im Kataster-Amt hält man dagegen – doch zeigt sich im Gespräch mit dem Amtsleiter Matthias Lincke, Breitbandkoordinator Marcel Thelen und Juliane Neubner, Abteilungsleiterin Geodatenmanagement, dass die Prioritäten längst woanders liegen – bei Glasfaserkabeln im Mülheimer Boden.
„Offenes WLAN-Netz in der Bottroper City ist so gut wie tot“, titelte neulich die WAZ-Lokalredaktion in Bottrop. Ist so eine Meldung auch in Mülheim denkbar? Seit 2014 ist es sehr still um das Thema geworden.
Marcel Thelen: Ich würde schreiben „Offenes WLAN in der Mülheimer City ist eine Herausforderung“. Bedenken Sie, bis vor kurzem hatten wir sogar noch die Störerhaftung in Deutschland. Außerdem haben wir freies WLAN in der Stadt – nur nicht flächendeckend.
Matthias Lincke: Die Frage, die sich beim WLAN-Ausbau stellt: Muss man das wirklich als erstes auf der ganzen Schloßstraße haben oder ist es nicht wichtiger, das WLAN an prägnanten Punkten zu haben, wo die Leute verweilen?
Gehen wir noch mal zurück ins Jahr 2014. Die damalige OB Dagmar Mühlenfeld sagte damals, „auf dem Weg zu einer modernen und zukunftsorientierten Stadt“ würde man bald WLAN-Hotspots im Bürgeramt oder in der Touristinfo einrichten. Was wurde daraus?
Matthias Lincke: Wir haben dort noch kein WLAN, das ist richtig, aber wir haben das weiterhin auf dem Schirm, Wichtig ist, dass die Stadtverwaltung bereits modern und digital aufgestellt ist.
Marcel Thelen: Die Frage der Finanzierung ist hier auch wichtig. Es gibt das EU-Förderverfahren WiFi4EU, Mitte Mai können wir uns hierfür bewerben. Das Fördervolumen dafür ist insgesamt zwar groß. Aber bei jeder Kommune, die Fördermittel erhalten kann, kommen am Ende maximal 15 000 Euro an. Mit diesen Mitteln lässt sich das WLAN nur begrenzt ausbauen. Um eine Innenstadt zu bespielen, müsste man das Zehnfache an Eigenmitteln drauflegen.
Sollte man gleichzeitig auch über den Breitband-Ausbau sprechen, wenn man über den WLAN-Ausbau spricht, oder sind das für Sie zwei verschiedene Paar Schuhe?
Marcel Thelen: Wir haben einen liberalisierten Telekommunikationsmarkt in Deutschland. Deswegen tritt die Stadt nicht als Bauherr von digitaler Infrastruktur auf. Beim Thema Breitband können wir also nur als Mittler auftreten. Beim WLAN ist das anders, da ist die Stadt unter Umständen schon Bauherr. Von daher muss man beides schon trennen. Gleichzeitig muss man beides zusammen denken. Wenn man eine WLAN-Verbindung an einem Platz haben möchte, wo regelmäßig mehrere hundert Leute zusammenkommen wie etwa am Rathausmarkt, dann braucht das eine gewisse Anbindung – und die lässt sich am besten mit Glasfaser realisieren. Das Thema WiFi ist eine zusätzliche Aufgabe, die wir gerne wahrnehmen, weil auch das EU-Förderverfahren ansteht. Aber Hauptaufgabe ist der Breitbandausbau.
Herr Thelen, Sie sind seit Juni vergangenen Jahres Breitbandkoordinator. Wie haben Sie das erste Jahr Ihrer Arbeit gestaltet und was planen Sie in der Zukunft?
Marcel Thelen: Wir haben es geschafft, dass das Gewerbegebiet im Hafen flächendeckend mit Glasfaser ausgebaut wurde, in Heißen wird gerade gebaut, da sind wir auch marktstimulierend tätig geworden. Dort gibt es jetzt für die Gewerbetreibenden die Möglichkeit, unter verschiedenen Anbietern zu wählen.
Vor anderthalb Jahren war das nicht möglich. Aktuell steht die Akquirierung von Fördermitteln in Höhe von 3,2 Millionen Euro im Fokus. 1,6 Millionen kommen vom Bund, 1,6 vom Land. Da werden wir in einigen Monaten Ergebnisse kommunizieren können.
Juliane Neubner: Bevor Herr Thelen zu uns gestoßen ist, haben wir im Amt für Geodatenmanagement schon notwendige Vorarbeit geleistet. Wir haben bereits Anfang 2015 begonnen, die Informationen der vorhandenen Breitbandinfrastrukturen aus verschiedenen Quellen zusammenzutragen und in ein Kataster zu überführen. Die Versorgungslage kannte man bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch gar nicht. Man braucht erst einmal so einen Wissensvorsprung, um die Bürger und die Wirtschaft entsprechend informieren zu können.
Nach einem Ranking der Bundesnetzagentur ist Mülheim unter 110 Städten inzwischen die Stadt mit der zehntbesten Breitband-Versorgung. Da dürften sich die Bürger gar nicht über schlechtes Internet ärgern dürfen?
Marcel Thelen: Wo die Glasfaser vorbeiläuft, da erhält man nicht automatisch auch einen Glasfaser-Anschluss. Das sind Strukturen, die durch eigenwirtschaftlichen Ausbau von Unternehmen verlegt wurden. Die erschließen meist nur Verteilerkästen, das ist das sogenannte Vectoring mit Geschwindigkeiten von 50 oder 100 MBit/s. Dabei spricht man aber noch nicht über Glasfaser-Hausanschlüsse. Davon haben wir nämlich in Mülheim noch nicht so viele, außer für Gewerbetreibende. Vor allem die Neubaugebiete werden mit Glasfaser bis ins Haus erschlossen.
Matthias Lincke: Durch die Aufrüstung der Verteilerkästen hat man erst einmal schnelleres Internet. Das ist schön – aber das, was durch Breitband in den Neubaugebieten möglich ist, möchten wir am Ende überall haben. Dafür bräuchte man eben ein Glasfaser-Kabel im Haus.
Und wie sollen die in die Mülheimer Häuser kommen?
Marcel Thelen: Das geht nur voran, wenn eine bestimmte Menge von Leuten tatsächlich Anschlüsse abnimmt, damit sich das fürs Unternehmen rechnet. Im Moment ist der Bedarf an realen Glasfaser-Anschlüssen noch gar nicht da. Die Leute müssen bereit sein, ein hochwertigeres Produkt zu buchen, was tatsächlich schon bei VDSL oftmals nicht gegeben ist. Solange das nicht der Fall ist, können wir auch nicht mit einem Ausbau rechnen. Kein Unternehmen baut aus, wenn die Nachfrage nicht gegeben ist.
Matthias Lincke: Aber wenn wir ein großes Glasfaser-Grundgerüst haben, hoffen wir, dass das seinen natürlichen Weg geht. Glauben Sie mir: Wenn der eine Nachbar Glasfaser hat, fragt sich der andere: Warum haben wir das nicht?
>>> INFO: WLAN-UMFRAGE
Zwischen November und Januar hat die Stadt eine
Online-Befragung
zum WLAN-Ausbau durchgeführt. Teilgenommen haben 1774 Teilnehmer.
Die Ergebnisse: 29 Prozent der befragten Mülheimer wünschen sich freies WLAN in der gesamten Innenstadt, 18 Prozent auf der Ruhrpromenade, 11 Prozent am Hauptbahnhof, 11 Prozent in der Müga, 8 Prozent im Gesundheitsamt und 7 Prozent im Rathaus, 6 Prozent im Forum.