Moers. Bei der Moerser Feuerwehr gibt es einen Wachwechsel. Christoph Rudolph geht in den Ruhestand. An welche Einsätze er sich besonders erinnert.
Christoph Rudolph hat jetzt Feierabend. Auch tagsüber. Der Chef der Moerser Feuerwehr hat am Freitag seinen letzten Werkarbeitstag gehabt, am Sonntag ist kalendarisch und damit offiziell Schluss. 24 Jahre lang war Christoph Rudolph Leiter der Feuerwehr. Nun gibt er den Posten an seinen Nachfolger Andre Gesthüsen ab. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wie er sagt. Denn: Der 59-Jährige ist Feuerwehrmann mit Leib und Seele. Das muss man bei dem Job auch sein, sagt er.
Mit ihm geht auch der stellvertretende Leiter der Freiwilligen Feuerwehr, Jörg Schmiegelt. 1973 ist er in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten, seit 1991 war er Löschzugführer in Asberg, stellvertretender Leiter ist er 2007 geworden. Wenn der 66-Jährige könnte, würde er vermutlich noch weitermachen wollen. Nun übernimmt Ulrich Boos die ehrenamtliche Stellvertretung.
Die Moerser Feuerwehr bekommt einen neuen Leiter
Es ist viel passiert im vergangenen Vierteljahrhundert. Wenn Christoph Rudolph aus dem Feuerwehralltag erzählt, kann es länger dauern: Der Neukirchen-Vluyner sprudelt vor Geschichten. Im zarten Alter von 13 Jahre ist er in seinem Heimatdorf in Niedersachsen in die Jugendfeuerwehr eingetreten. Es folgten das Abitur und die Zeit bei der Bundeswehr. Rudolph schlug die Offizierslaufbahn ein, war bis 1995 bei den Pionieren. „Das ist wie THW, nur olivgrün angemalt“, sagt er. Mitte der 1990er Jahre begann die Karriere bei der Feuerwehr. Die erste leitende Stelle trat der damals 33-Jährige bei der Feuerwehr in Essen an, seit 2000 ist er in Moers. Die Stellenausschreibung traf sich gut, kam doch seine Frau aus Neukirchen-Vluyn und ein Häuschen hatte das Paar dort auch bezogen.
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„Die Rahmenbedingungen waren deutlich schwieriger als heute“, erinnert sich Rudolph über den Zustand der Wehr. Die alten („museumsreifen“) Autos, die sanierungsbedürftigen Gerätehäuser … „Damals war das alles Schrott“, sprudelt es aus Rudolph heraus. 90 hauptamtliche Stellen gab es seinerzeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. 280 Ehrenamtler. Die Anzahl der Kameraden in beiden Gruppen ist gestiegen. „Die sind auf Augenhöhe“, sagt der scheidende Feuerwehrchef über das Haupt- und das Ehrenamt.
„Es ist nie langweilig, es gibt immer was Neues.“
Und schon geht es weiter mit den Erzählungen. Der 59-Jährige erinnert an die Unwettereinsätze der vergangenen Jahre, er streift die Energiemangellage und die Coronazeit. „Es ist nie langweilig, es gibt immer was Neues“, schwärmt er; mahnt aber auch, dass sich die Gesellschaft durch die aktuellen Bedrohungslagen wieder mehr mit dem Thema Zivilschutz beschäftigen müsse. „Klima und menschengemachte Katastrophen“ seien Themen, die der Feuerwehr in den nächsten Jahren erhalten blieben.
Und dann sind da noch die schlimmen Erlebnisse, die ihm vermutlich noch lange in Erinnerung bleiben werden. Der Einsatz, bei dem bei der Brandbekämpfung ein Kollege schwer verletzt wurde. Er war mit der Drehleiter im Einsatz, eine Stromspannungsleitung über dem Gerät. Plötzlich der Spannungsüberschlag im Korb. „Wenn du dann nachts um eins vor der Haustür stehst und die Frau öffnet, brauchst du nichts mehr sagen“, erinnert sich der Feuerwehrmann. Der Kollege habe „gekämpft wie ein Löwe“ und war tatsächlich noch viele Jahre für die Feuerwehr im Einsatz.
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Einschneidend auch das Feuer, das 2009 in Repelen eine Mutter und ihre drei Kinder tötete. Nur der Vater hatte sich retten können, seine verzweifelten Versuche, seine Familie aus dem Haus zu holen, scheiterten. So was vergisst man nicht. Christoph Rudolph hält einen Moment inne. Eine enorme psychische Belastung für die Feuerwehrleute.
Aber ja, da sind auch die schönen Momente. Der Zusammenhalt. Dank. Lob. Ob er es bedauert, dass er jetzt geht? „Ich finde es gut, dass der Staffelstab übergeben wird“, sagt Christoph Rudolph. Was er seinem Nachfolger mit auf dem Weg gibt? Dass er seine Feuerwehrleute gut pflegt. „Wichtig ist die nötige Ruhe.“ Operative Hektik sei gut, aber eine Grundgelassenheit, Moderationsvermögen und Menschenkenntnis unerlässlich. Ab Montag kann sich der Feuerwehrchef a.D. mehr seinem Hobby, der Jagd, widmen. Eine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Feuerwehr im Kreis Wesel hat er ja auch noch. Es dürfte ihm also nicht langweilig werden.