Kamp-Lintfort. Kleine Kommunen haben bis 2028 Zeit, um eine Wärmeplanung aufzustellen. Kamp-Lintfort ist früher am Start. Was das für die Bürger bedeutet.
Kamp-Lintfort hat fertig. Im Haupt- und Finanzausschuss wurde am Dienstag der Wärmeplan vorgelegt. „Damit sind wir Pilotkommune. Und wir sind ein bisschen stolz drauf“, sagte Bürgermeister Christoph Landscheidt im Vorfeld der Sitzung. Im Juli kann der Rat den Plan endgültig absegnen. Vier Jahre hätte es nach den Vorgaben des Bundes noch dauern können. Denn kleine Kommunen dürfen sich bis 2028 Zeit lassen, während große Städte bis 2026 liefern sollen. Ziel ist, mit einem solchen Plan die klimaneutrale Wärmeversorgung einer Stadt bis 2040 sicherzustellen.
Nun hat es Kamp-Lintfort womöglich auch ein bisschen leichter als andere Städte. Denn hier ist mit dem Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof ein starker Partner quasi vor der Haustüre, der mit der Abwärme der Müllverbrennung für große Mengen Fernwärme sorgen kann. Fernwärme gilt als fast klimaneutral. Weiter kann Kamp-Lintfort auf die Stadtwärme als eigenen Netzbetreiber setzen. Und die Stadtwerke-Tochter will, wenn der Asdonkshof in Spitzenzeiten doch nicht genügend Wärme bereitstellen könnte, und dazu geheizt werden muss, auch die eigene Infrastruktur optimieren.
Andere kleine Kommunen haben oft keine Wahl
Andere kleine Kommunen müssen anders denken. „Es heißt, dass 80 Prozent der kleinen Städte auf die Wärmepumpe setzen müssen“, sagt Landscheidt. Denn der Spielraum an Alternativen sei überschaubar. Was Kamp-Lintfort letztlich aus eigener Kraft schultern könne und was gefördert werden müsse, stehe auf einem anderen Blatt.
„Wir sind Pilotkommune. Und wir sind ein bisschen stolz drauf.“
Fakt ist: Nach der Verabschiedung des sogenannten Heizungsgesetzes ist die Verunsicherung groß. „Das stellen wir auch bei uns im Rathaus fest“, so Landscheidt. Er erinnert: „Lange haben die Menschen etwa in der Altsiedlung mit Kohle geheizt, dann wurden vor 25 Jahren alle auf Gas umgestellt, und jetzt kommt schon wieder was Neues.“ Damit Eigenheim-Besitzer nicht voreilig ein Investment tätigen, das sich am Ende nicht rechne, dafür gebe es zahlreiche Angebote zur Beratung, etwa als erste Anlaufstelle den Klimaschutzmanager Christopher Tittmann. Denn anders als häufig dargestellt, gebe es für Häusle-Besitzer im Zweifel einen großzügigen Zeitrahmen.
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Hieß es noch bis Anfang des Jahres, dass sich die Stadtwerke-Tochter Stadtwärme mit ihrem Fernwärme-Angebot auf die Innenstadt konzentrieren wolle und Fragen nach Erweiterungsplänen eher sparsam betrachtet wurden, sieht die Lage nun anders aus. So haben die Stadtwerke laut Dr. Kai Deppenkemper jetzt zumindest die Altsiedlung und den Niersenbruch in der Mittelfristplanung auf dem Schirm. Mittelfristig bedeutet laut dem Stadtwerke-Mann einen Zeitraum von 5 bis 15 Jahren. „Pro Jahr verbauen wir derzeit zwei Kilometer Fernwärmenetz“, schränkt er die Möglichkeiten ein. Aber bis 2040, wenn die klimaneutrale Wärmeversorgung der Stadt sichergestellt sein soll, sollten die Lücken geschlossen sein.
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Anschlusszwang soll es nicht geben
Bei einem Neubau sei die Wirtschaftlichkeit beim Heizen mit Fernwärme oder mit Wärmepumpe in etwa gleich, so Deppenkemper, bei Bestandsbauten liege dagegen der Vorteil im Zweifel bei der Fernwärme. Klimaschutzmanager Axel Witzke betont: „Es wird keinen Anschlusszwang geben. Die Entscheidung werden die Bürger letztlich auf finanzieller Grundlage treffen.“ Zwischendurch wird der Wärmeplan auch immer wieder - alle fünf Jahre - überprüft. Wer weiß, was die Wissenschaft bis dahin noch hervorbringt.
Aber auch in Kamp-Lintfort geht nicht alles nur glatt. Denn die ländlichen Gebiete Hoerstgen, Kamperbrück und Dachsbruch schauen beim Thema Fernwärme in die Röhre, weil sich das nicht wirtschaftlich darstellen lässt. Hier soll nun nach weiteren Alternativen gesucht werden. Da kämen laut Untersuchungen des beauftragten Büros und vieler anderer Beteiligter, die am Entstehen der Wärmeplanung beteiligt waren, Geothermie oder Solarthermie in Frage, vielleicht auch große Photovoltaik-Flächen. Weniger interessant erscheint derzeit die Nutzung von Wasserstoff, weil das noch nicht ausgereift erscheint.
Kamp-Lintforter wissen schon mal Bescheid
Am Ende wichtig ist: Die Kamp-Lintforter wissen vier Jahre früher als viele andere Bürgerinnen und Bürger, was auf sie zukommt und womit sie rechnen können. Wer sich dann noch gut und ausführlich beraten lässt, beispielsweise durch die Verbraucherzentrale, kann ziemlich sicher sein, zumindest nicht das Falsche zu tun in Sachen Heizen. Die Stadt Kamp-Lintfort, darauf weist Klimaschutzmanager Axel Witzke hin, fördere die Inanspruchnahme von Energieberatungen mit 100 Euro.