Herne. In Herne und Bochum schneit es seit Sonntagabend begrenzt auf wenige Straßen. Der Deutsche Wetterdienst sieht gleich mehrere seltene Phänomene.
Eine ungewöhnliche Wetterlage und ein seltenes Zusammentreffen verschiedener Bedingungen sorgen für Schneefall in einigen wenigen Straßenzügen von Herne und Bochum. Das Phänomen an den beiden Orten, an denen es in den vergangenen Jahren quasi überhaupt nicht schneite, ist selten und könnte auch schon bald wieder vorbei sein.
Dichtes Schneetreiben auf wenigen hundert Metern an der A43 in Herne und Bochum
Autofahrer auf der A43 rieben sich in der Nacht zu Montag am Kreuz Herne die Augen. Trotz gegensätzlicher Wettervorhersage setzte plötzlich dichtes Schneetreiben ein. Wenige hundert Meter war der Spuk schon wieder vorbei. Ein ähnliches Phänomen in Bochum-Harpen. Auch dort war der Schneefall auf wenige Straßenzüge beschränkt.
„Das ist eine Mischung aus mehreren Sachen“, erklärt Meteorologe Thomas Gerwin vom Deutschen Wetterdienst in Essen auf Nachfrage. Einerseits gebe es gerade eine besondere Inversionswetterlage mit einem „klitzekleinen Tiefdruckgebiet“. Dabei werde die eiskalte, sehr feuchte Grundschicht quasi von oben von anderen Luftschichten „plattgequetscht“. Bei einer gewissen Sättigung schneie es dann. Die Situation zeigt sich gerade durch die dichte, aber sehr dünne Nebelschicht und absolute Windstille.
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Wetterlage: Schornstein wirkt wie eine Schneekanone
Dazu komme das Phänomen des Industrieschnees, erklärt Gerwin. Die Luftfeuchtigkeit binde sich an Partikel, die aus Schornsteinen oder Kühltürmen ausgestoßen werden und schneie dann ab. Der Wasserdampf aus Kühltürmen zum Beispiel könne wegen der Wetterlage gar nicht in höhere Luftschichten aufsteigen. Die Luftfeuchtigkeit in unteren Luftschichten steige dadurch immer weiter. „Wir haben absolut keinen Luftaustausch.“ Schließlich schneie es im direkten Umfeld. Der Schornstein wirkt wie eine Schneekanone. „Wir machen unseren Schnee selbst“, sagt Gerwin und lacht. Herne sei gerade sehr schneesicher.
Als Verursacher in Herne stehen vor allem die großen Kraftwerke mit den Kühltürmen unter Verdacht. In Bochum, mutmaßt Gerwin, könnte es der Logistiker Kühne & Nagel mit den Kühlanlagen sein. An beiden Anlagen entsteht - eigentlich harmloser - Wasserdampf. Aber das reiche schon, um diesen Effekt auszulösen. „Das ist dann wirklich nur auf ein paar Straßenzüge beschränkt.“ Stellenweise könnten aber drei bis vier Zentimeter zusammenkommen. Montagmorgen fuhren einige schneebedeckte Autos durch Herne und Bochum.
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Warum der Schnee in Herne gerade besonders fein ist
Die Schneekristalle, das ist auch sofort zu sehen, sind in beiden Fällen besonders fein. Wegen des geringen Weges von der Wolke zum Boden ist die Zeit zu kurz, dass sich die Schneekristalle größer ausbilden können. Ein schöner Nebeneffekt: Weil sich der Schnee auch auf Bäumen und Wiesen absetzte, entstand - sehr lokal begrenzt - eine Winter-Wunderlandschaft.
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Wie lange dauert das Schnee-Phänomen im Ruhrgebiet noch an?
Wie lange hält das Phänomen noch an? Schon am Dienstag ändere sich die Wetterlage wahrscheinlich wesentlich, kündigt Gerwin an. „Dann gehen die Temperaturen wieder hoch.“ Windstille, Kälte und Bodennebel werden dann vorbei sein. „Dann kriegen wir wieder Schmuddelwetter.“ Vorbei die weiße Traumlandschaft....
Ein paar Kilometer weiter nördlich in Marl kam es in der Nähe des Chemieparks zu einem ähnlichen Phänomen, mit weniger schönen Folgen. Dort krachten in der Nacht mehrere Autos auf schneeglatter Fahrbahn ineinander.
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