Herne/Bochum. In einer Wohnung finden Ermittler nicht nur Drogen, sondern auch ein Schwert und ein Stuhlbein. Was der Mieter vor Gericht dazu sagt.

Prozessauftakt: Viereinhalb Jahre nach einem brisanten Drogen- und Waffenfund in einer Mietwohnung in der Herner Innenstadt muss sich ein Maurer aus Herne vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Zum Prozessauftakt räumte der 45-Jährige jahrelange Drogenabhängigkeit und regelmäßigen Drogenbesitz ein. Eine tragende Rolle in der Dealerszene will er aber nie gespielt haben.

Es war der 1. Juli 2020, als Polizisten die Wohnung des Angeklagten unweit der Herner Fußgängerzone auf den Kopf stellten und dabei neben verschiedenen illegalen Rauschmitteln unter anderem auch zahlreiche Messer entdeckten. Rund 70 Gramm Amphetamine, 220 Gramm Marihuana, zwei Gramm Kokain und 250 Ecstasy-Tabletten wurden im Sicherstellungsprotokoll festgehalten. Außerdem waren den Ermittlern laut Anklage nicht nur typische Verpackungsmaterialien, sondern auch 2000 Euro „Dealgeld“ sowie ein „Dealerbuch“ mit Namen und Beträgen in die Hände gefallen.

Herner Anwalt: „Ein Geschäft ‚Drogen gegen Geld‘ ist nie gelaufen“

Schauplatz des Prozesses: das Justizzentrum in Bochum.
Schauplatz des Prozesses: das Justizzentrum in Bochum. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Als hochbrisant für den Herner könnte sich insbesondere auch noch der zusätzliche Fund eines abgesägten Stuhlbeins, eines Hammers und eines Schwertes entpuppen. Weil die Bochumer Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass diese Waffen von dem Herner bewusst griffbereit und überwiegend in unmittelbarer Nähe zu den Drogen platziert worden sind, lautet die Anklage auf bewaffneten Drogenhandel. Die übliche Mindeststrafe dafür beläuft sich auf fünf Jahre Haft.

Ein klares Ja mit Blick auf eigene Abhängigkeit und Drogenbesitz – aber ein deutliches Nein hinsichtlich einer Dealertätigkeit: Der angeklagte Herner gab sich zum Prozessauftakt vor der 9. Strafkammer teilgeständig. Über seinen Verteidiger Ismail Kilicli räumte der 45-Jährige ein, in einem größeren Freundeskreis wechselseitig Drogen besorgt, portioniert und dann konsumiert zu haben. „Er hat sich morgens mit der einen Droge aufgepeppt und abends mit einer anderen wieder zurückgepfiffen, damit er schlafen und am nächsten Morgen wieder zur Arbeit gehen kann“, hieß es. Die unterschiedlichen Rauschgifte seien innerhalb der Freundesgruppe untereinander getauscht und ausgeliehen – aber nie verkauft worden. „Ein Geschäft ‚Drogen gegen Geld‘ ist nie gelaufen“, betonte der Anwalt des Herners.

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Und auch gegen die ihm mit der Anklage unterstellte gezielte Bewaffnung zur etwaigen Verteidigung seines Dealervorrats legte der 45-Jährige ein deutliches Veto ein. Das sichergestellte Schwert sei ein reiner Ziergegenstand, zudem stumpf gewesen und habe auf einem Schrank gelegen. Der gefundene Hammer sei für einen gelernten Maurer ein übliches Werkzeug, auch die zahlreichen Messer könne er erklären, so der 45-Jährige. Was Letztere angeht: „Die Messer kamen nach Feierabend bei mir immer sofort aus der Tasche auf den Tisch“, so der Angeklagte. Genutzt und benötigt habe er sie zuvor auf der Arbeit regelmäßig zum Kleinschneiden von Kartonage oder Folie. Und was hat es mit dem abgesägten Stuhlbein auf sich? „Das war von einem alten Barhocker, und ich habe es immer dafür verwendet, meinen Kofferraum beim Beladen aufzuhalten“, so der 45-Jährige.  

In einer weiteren Anklage wird dem Herner zur Last gelegt, im Januar 2021 die Wohnung eines damaligen Kumpels in Wanne-Eickel als eine Art Bunkerwohnung für die Aufbewahrung von mehr als 1500 Ecstasy-Tabletten genutzt zu haben. Zu diesem Vorwurf wollte sich der Herner vorerst nicht erklären. Für den Prozess sind vorerst noch Sitzungstage bis zum 22. Januar anberaumt. Das Gericht signalisierte, dass die eingetretene zeitliche Verzögerung bis zum Prozessauftakt sich möglicherweise strafmildernd für den Angeklagten auswirken könnte.