Herne. Ein 30-Jähriger greift in Herne an Silvester seinen Arzt und die Rettungskräfte an. Warum attackiert man in der Not seine Helfer?
Ein Patient greift von der Liege aus in der Silvesternacht seine Helfer an. Zwei Rettungsdienstkräfte und ein Arzt werden leicht verletzt. Wie kam es zu dem Vorfall? Dass ein Hilfsbedürftiger seine Helfer angreift, ist für die Einsatzkräfte kein neues Phänomen.
Protokoll eines Einsatzes: Lagebild sah ernst aus
Die Silvesternacht ist noch nicht weit fortgeschritten, als der Notruf eingeht. Die Einsatzkräfte werden laut Feuerwehr gegen 20.39 Uhr wegen eines internistischen Notfalls alarmiert. Das heißt: Der Patient könnte einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall haben. Er könnte damit in Lebensgefahr sein. Die Leitstelle schickt auf Grundlage des geschilderten Lagebildes zusätzlich zum Rettungsdienst einen Notarzt.
Vor Ort fällt die Entscheidung, den 30-Jährigen zur weiteren Untersuchung und Behandlung ins Krankenhaus zu bringen. Bis zu diesem Moment ist der Einsatz wohl ohne ungewöhnliche Auffälligkeiten verlaufen.
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Muss man ins Krankenhaus mitkommen?
Der Mann, das steht laut Feuerwehr außer Frage, kommt freiwillig mit ins Krankenhaus. „Wir würden nur jemanden zwingen, mitzukommen, wenn das aufgrund einer Einweisung passiert“, erklärt Feuerwehrsprecher René Bonn. Solch eine Zwangseinweisung komme beispielsweise bei psychischen Ausnahmesituationen vor und dann liege eine entsprechende Entscheidung eines Arztes vor. Aber selbst bei einem Herzinfarkt könne man als Patient immer noch sagen, dass man nicht ins Krankenhaus wolle - unabhängig davon, ob das sinnvoll fürs Leben ist oder nicht.
In der Notaufnahme des Evangelischen Krankenhauses eskaliert die Situation dann. Der Mann wird laut Feuerwehr zunächst ausfallend. Die Polizei wird um 21.28 Uhr im Rahmen der Amtshilfe dazugerufen, bestätigt Polizeisprecherin Marina Sablic. Laut Polizei hat der 30-Jährige zwei Rettungskräfte und einen Arzt aus dem Krankenhaus angegriffen. Auch die Beamten seien attackiert worden. Die Polizisten bleiben unverletzt. Die zwei Rettungskräfte von der städtischen Feuerwehr und der Arzt erleiden leichte Verletzungen. Feuerwehrsprecher René Bonn spricht von Schürfwunden und Kratzwunden. Die Verletzten können nach der Behandlung ihren Dienst fortsetzen.
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Vorfall ein Beispiel für die Verrohung im Verhalten gegenüber Einsatzkräften?
Warum greift man seine Helfer an? René Bonn will das nicht als Beispiel für die Verrohung gegenüber Einsatzkräften verstanden wissen. Das Phänomen sei nicht neu, dass jemand sich während der Behandlung gegen die Helfer wehre. „Es kommt schon mal vor. Das ist leider schon immer so. Oft ist ein Krankheitsbild ausschlaggebend.“ Häufig sei auch der Alkohol eine Ursache, von dem auch in diesem Fall alle ausgehen.
Auch wenn der Fall aus der Nacht eher nicht als Beispiel dafür tauge: „Verrohung findet schon statt“, sagt René Bonn. Einsatzkräfte seien regelmäßig Beschimpfungen ausgesetzt, wenn sie ihre Arbeit erledigen. Es komme zu Beleidigungen an Einsatzstellen. Das sei definitiv schlimmer geworden. In der Silvesternacht hatte die Feuerwehr ihren Einsatzkräften vorsichtshalber besondere Verhaltenshinweise mitgegeben. Dazu gehörte, dass an Einsatzstellen immer vorsichtshalber ein Helm aufzusetzen war. Zur Ausrüstung gehörten auch Ohrstöpsel.
Die Feuerwehr lasse sich das nicht bieten, wenn Grenzen überschritten werden, betont Bonn. Die Stadt erstatte Anzeige und auch die Einsatzkräfte persönlich gingen in der Regel gegen Täter vor - „auch bei kleineren Sachen“. Die Polizei bestätigt, dass mittlerweile auch eine Anzeige gegen den 30-Jährigen vorliegt. Er gilt zunächst als Verdächtiger.
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