Herne. Ein Herner Vater gibt zu, jahrelang gefilmt zu haben, wie er seine Tochter (7) sexuell missbraucht. Jetzt droht womöglich Endlos-Haft.

Die Anklage listet 58 sexuelle Übergriffe auf, nahezu alle sollen als Bild oder Video aufgezeichnet worden sein: Weil er erst seine Stieftochter und dann auch seine leibliche Tochter missbraucht haben soll, muss sich ein 34 Jahre alter Herner vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Zum Prozessauftakt legte der Vater über seinen Verteidiger Pierre Laurien ein weitreichendes Geständnis ab.

Begonnen haben soll die Missbrauchsserie vor elf Jahren. Mindestens zweimal soll der Angeklagte sich im Jahr 2013 an seiner anfangs vier Jahre alten Stieftochter sexuell vergangen haben. Bei den Übergriffen soll der Herner das Kind aufgefordert haben, leise zu sein.

Ab 2019 soll sich der Angeklagte auch an seiner leiblichen Tochter (anfangs sieben Jahre) vergriffen haben. Tatorte sollen eine ehemalige Mietwohnung an der Schulstraße, später dann auch eine „Single-Wohnung“ in Herne-Horsthausen gewesen sein. Aber auch in einem Pkw auf einem Autobahn-Rasthof soll der Vater übergriffig geworden sein.

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„Von den Taten erstellte der Angeklagte Aufnahmen, die er primär auf einer externen Festplatte und auf zwei PC beziehungsweise den darin verbauten Festplatten speicherte“, verlas Staatsanwältin Rabea Noll am Freitag, 20. Dezember, aus der Anklageschrift. 

Vater ignorierte offenbar ablehnende Äußerungen seiner Tochter 

Angesichts der beschlagnahmten Bilder und Videos lassen sich die Missbrauchshandlungen des Vaters zeitlich auf den Tag und die Sekunde genau zuordnen und sind durch bewusst gewählte Nahaufnahmen in allen schrecklichen Details nachzuvollziehen.

In der Anklageschrift werden auch mehrfach ablehnende Äußerungen des kindlichen Opfers wörtlich wiedergegeben, über die sich der angeklagte Herner aber letztlich – so die Staatsanwaltschaft – stets „bewusst hinwegsetzte“. In einem geschilderten Vorfall vom 8. November 2019 grenzen die zitierten Äußerungen und Kommentare des Mädchens sogar fast an ein Flehen oder Betteln, in einem anderen Fall ist wörtlich die Rede von einem „Winseln“ des Kindes. Einzelne Bild- und Videosegmente von den Übergriffen „speicherte der Angeklagte auch auf seinem Mobiltelefon Apple iPhone 6 in der besonders geschützten App ‚Keep Safe‘“, heißt es in der Anklage. 

Auch Kinder- und Jugendporno-Material entdeckt 

Neben den zahlreichen schweren Missbrauchshandlungen soll der 34-Jährige seine minderjährige Tochter im Laufe der Jahre auch mehrfach dazu gedrängt haben, Erwachsenenreizwäsche anzuziehen und sich von ihm fotografieren zu lassen. Der mutmaßlich letzte Übergriff des Vaters ließ sich auf den 14. Mai 2023 zurückverfolgen. Im Zuge der Durchsuchung seiner Herner Wohnung waren bei ihm auf Speichermedien weitere kinder- und jugendpornografische Inhalte entdeckt worden.

Vorsitzender Richter Stefan Culemann (Mitte) leitet den Prozess gegen den Herner.
Vorsitzender Richter Stefan Culemann (Mitte) leitet den Prozess gegen den Herner. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Zum Prozessauftakt versteckte der Herner Vater anfangs sein Gesicht hinter einem Aktendeckel. Der 34-Jährige sitzt seit Juli in U-Haft. Sein Verteidiger Pierre Laurien erklärte, dass alle Vorwürfe zulasten seiner leiblichen Tochter von dem 34-Jährigen „uneingeschränkt eingeräumt“ werden. Im Umkehrschluss bedeutet das scheinbar, dass die zwei Taten zulasten seiner Stieftochter bestritten werden sollen. Einzelheiten des Geständnisses sollen im Januar 2025 an einem der Fortsetzungstage erörtert werden.

Die Anklage lautet auf schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen. Die Mindeststrafe pro Einzelfall beträgt zwei Jahre Haft.

Die Richter der 8. Strafkammer prüfen auch, ob gegen den Angeklagten als gefährlicher Hangtäter möglicherweise auch die Sicherungsverwahrung (Endlos-Haft) anzuordnen ist. Für den Prozess sind vorerst noch sechs weitere Verhandlungstage bis zum 19. Februar 2025 anberaumt.