Herne/Bochum. Ein Familienvater aus Herne soll eine 17-Jährige in seiner Wohnung missbraucht haben. Was er vor Gericht sagt, soll geheim bleiben.

Mehr als acht Jahre nach einem mutmaßlichen Sex-Übergriff auf eine damals 17-jährige Jugendliche muss sich ein Familienvater (37) aus Herne vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Ein erster Prozessanlauf war im Sommer wegen eines befangenen Schöffen geplatzt.

Laut Anklage übergab der Herner im Sommer 2016 einer jugendlichen Bekannten in seiner damaligen Wohnung an der Herner Bahnhofstraße neben einem Marihuana-Joint auch „ein alkoholisches Getränk, nach dessen Verzehr die Frau mehrfach erbrach, Herzrasen und Schwindel empfand“. Die damals 17-Jährige soll sich daraufhin auf den Vorschlag des Angeklagten hin zur Erholung in sein Bett gelegt haben. Der Herner soll ihr zuvor noch versprochen haben, selbst ausnahmsweise auf der Couch zu übernachten. Als die Frau laut Anklage scheinbar eingeschlafen war, soll der heute 37-Jährige das Versprechen gebrochen haben.

Anklage: „Schlafendes“ Opfer hoffte vergeblich, dass der Angeklagte aufhört 

Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum.
Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Der Angeklagte soll sich zu der Jugendlichen in sein Bett gelegt und die Frau unter der Unterwäsche gestreichelt haben. „Die Zeugin wachte durch die Handlungen zwar vorübergehend auf“, heißt es in der Anklage. „Aufgrund ihrer Benommenheit sowie aus Angst, der ihr körperlich überlegene Angeklagte werde ihr etwas antun, stellte sie sich weiter schlafend. In der vergeblichen Hoffnung, dass der Angeklagte aufhört.“ Im Anschluss an die Übernachtung hatten sich die Wege der beiden offenbar nicht mehr gekreuzt. Wie bekannt wurde, hat sich die inzwischen 25 Jahre alte Frau nach intensiven Gesprächen mit Freunden schließlich 2023 zu einer Strafanzeige gegen den Herner entschlossen.

Der Herner Ingenieur hat beim ersten Prozessauftakt im Juli seine Unschuld beteuert. Dass die junge Frau, die er offenbar über einen Tauchkurs kennengelernt hatte, in seiner damaligen Herner Wohnung übernachtet habe, sei soweit richtig. Die Nacht sei aber ohne Berührungen, ohne Küsse und ohne sexuelle Handlungen verlaufen. Weil im weiteren Prozessverlauf ein Schöffe nach einer unbedachten Äußerung für befangen erklärt werden musste, war das Verfahren im August abgebrochen worden. Seit Donnerstag, 5. Dezember, werden die Missbrauchsvorwürfe vor der 11. Strafkammer in veränderter Besetzung noch einmal von vorne verhandelt.

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Anders als noch vor vier Monaten wollte sich der Angeklagte nun beim Neustart nicht mehr öffentlich, sondern ausschließlich ohne Zuhörer zu den Vorwürfen äußern. Sein Anwalt argumentierte, es könnten „Umstände aus dem intimen Lebensbereich“ zu erörtern sein, schutzwürdige Interessen des Herners könnten verletzt werden. Die Richter gaben dem Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit für die Aussage des Angeklagten statt. Ob und inwieweit der 37-Jährige sich zu den Anschuldigungen geäußert hat, blieb daher unbekannt.

Den vorherigen Vorstoß des Verteidigers, auch bereits die öffentliche Verlesung der Anklageschrift zu verhindern, lehnte das Gericht allerdings ab. Insoweit sei kein übermäßiger Eingriff in die Privatsphäre des Angeklagten zu erkennen, hieß es. Die Anklage lautet auf sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen und Verstoß gegen das Konsumcannabisgesetz (Drogenabgabe an Jugendliche). Für den Prozess haben die Richter noch drei Verhandlungstage bis zum 13. Dezember anberaumt.