Herne. Das Aus kam nach 100 Jahren: Am Silvestertag öffneten die Metzgerei Weber und das angeschlossene Café zum letzten Mal. Was der Chef sagt.

Aus und vorbei: Die Metzgerei Weber in Herne hat am Dienstag, 31. Dezember, für immer geschlossen. Ihren 100. Geburtstag hat der Familienbetrieb erst vor zwei Jahren gefeiert. Geschlossen wurde zum Jahresende auch das angrenzende Café. Warum? „Ich muss jetzt die Reißleine ziehen“, sagt Rainer Weber, der das Geschäft in vierter Generation führt. Die Kosten seien einfach zu groß geworden.

Der Metzgermeister stand bis zuletzt morgens vor 6 Uhr in der Wurstküche. Mit seinem kleinen Team stellte der 58-Jährige in den Hinterräumen Mettwürste, Kochschinken und Grützwurst her, hinzu kamen Eintöpfe, Schnitzel und Braten. Das Motto des Betriebs prangt an der Wand im Verkaufsraum: „Hier läuft die Ware nicht vom Band, hier schafft man noch mit Herz und Hand“. Diese Zeiten, sagt Weber, seien nun vorbei: „Die kleinen Metzger sterben aus.“ Dazu gehöre jetzt auch sein Betrieb. Obwohl er viele Stammkundinnen und -kunden habe, reichten die Umsätze einfach nicht mehr aus.

Herne: Nur mit Café weitermachen will er nicht

Traditionsunternehmen in Wanne: Die Metzgerei Weber und Weber‘s Schlemmerstuben machen dicht.
Traditionsunternehmen in Wanne: Die Metzgerei Weber und Weber‘s Schlemmerstuben machen dicht. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Der Schwachpunkt sei zuletzt die Metzgerei gewesen. Das 1993 eröffnete Café „Weber‘s Schlemmerstuben“, erzählt er, lief noch gut. Dort gab es etwa das „Wanner-Frühstück“ oder das „Schlemmer-Frühstück“, auf den Tellern landeten Brötchen und seine Waren. 45 verschiedene Wurst- und Schinkenspezialitäten aus eigener Herstellung bot er an, außerdem Lachs, Rührei, veganes Mett sowie einen täglich wechselnden Mittagstisch. Nur mit den Schlemmerstuben weitermachen will der Chef aber nicht: „Beides hängt ja zusammen.“ Eingekaufte Wurst in seinem kleinen Café anbieten - das könne er sich nun wirklich nicht vorstellen, betont er. Und: „Ich bin aus Überzeugung Fleischer.“

In der Wurstküche wurden die Waren noch alle per Hand hergestellt.
In der Wurstküche wurden die Waren noch alle per Hand hergestellt. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Das ihm das Herz blutet, will Weber nicht verhehlen. Mit der Schließung endet schließlich eine lange Tradition. Zwei Generationen lang, ab 1806, hatten die Vorfahren einen Betrieb in Posen, 1922 siedelten sie nach Wanne über und tauschten die Fleischerei mit einem polnischen Metzger, der zurück in seine Heimat wollte. Auf die alten, überlieferten Rezepte greifen die Webers noch heute zurück, das wüssten auch die vielen Stammkunden zu schätzen. Sein Bruder lernte ebenfalls das Handwerk, ging dann aber zum Medizinstudium nach Berlin, wurde Arzt.

Metzgermeister Rainer Weber mit Jasmin Harders (links) und Zora Madajewski arbeiten beide schon jahrelang im Wanner Traditionsbetrieb.
Metzgermeister Rainer Weber mit Jasmin Harders (links) und Zora Madajewski arbeiten beide schon jahrelang im Wanner Traditionsbetrieb. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

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So ist er es nun, der das Geschäft schließen muss. Der Betrieb war sein Leben. „Ich hab mit dem Laufstall in der Wurstküche gestanden“, erzählt er. Später kam die Ausbildung im Betrieb der Eltern Irmgard und Gerhard, 2016 schließlich die Übernahme von Metzgerei und Café. Kinder hat der Wanne-Eickeler keine, die weitermachen und - vielleicht mit einem neuen, frischen Konzept - noch mal neu starten könnten. Deshalb mache er Ende 2024 den Schnitt. Nach der Schließung will der 58-Jährige erst mal eine Pause machen, sich sortieren. „Däumchen drehen will ich aber nicht“, stellt er klar, „ich will in meinem Beruf bleiben.“ Wie und wo das möglich ist, das müsse er noch klären.

Traditionsbetrieb: Hier ein undatiertes Foto, das die lange Geschichte der Metzgerei dokumentiert.
Traditionsbetrieb: Hier ein undatiertes Foto, das die lange Geschichte der Metzgerei dokumentiert. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Und was wird aus seinem Team, den zwei Festangestellten und den drei Aushilfen? Auch sie müssten einen Neuanfang machen, bedauert der Metzgermeister. Der Abschied von ihnen sei bitter, man kenne und schätze sich seit vielen, vielen Jahren. Nicole Möller, seine Fleischfachverkäuferin, sei etwa seit 30 Jahren an Bord, Volker Linka, sein „guter Geist“, seit 15. Beide hätten aber schon was Neues gefunden, freut er sich.

Weber hofft, dass er die Räume an der Heinestraße vermieten kann. Das Haus, zum Glück, gehöre ihm, übernommen ebenfalls von den Eltern. Interessenten für die beiden Ladenlokale gebe es bereits, aber spruchreif sei noch nichts. Ein Fachgeschäft oder Gastronomie, das könne er sich gut vorstellen.