Herne. Die Stadt Herne bekommt einen neuen Mietspiegel. Er ist völlig anders gestaltet. Wie der neue Mietspiegel funktioniert.
Die Stadt Herne legt erstmals einen „qualifizierten Mietspiegel“ vor, der den bisherigen „einfachen Mietspiegel“ ablösen soll. Dieser neue Mietspiegel ist fairer, weil in die Miethöhe künftig unter anderem auch die Straße, in der die Wohnung liegt, ihre Ausstattung und mögliche Modernisierungsmaßnahmen einfließen. In Kraft treten soll er zum 1. Januar 2025.
Der bisherige Mietspiegel sei „handgestrickt“, gab das Rathaus vor zwei Jahren zu. Wichtige Daten seien bei der Aufstellung gar nicht berücksichtigt worden, und als Basis seien fast ausschließlich die Mieten der Wohnungswirtschaft benutzt worden, also von LEG Wohnen, Herner Wohnungsbaugesellschaft (HGW) oder Vonovia. Wohnungen von privaten Vermieterinnen und Vermietern ließ die Verwaltung dagegen unberücksichtigt – obwohl sie laut Stadt 80 Prozent des Wohnraums vermieten.
Der neue Mietspiegel wurde unter wissenschaftlichen Kriterien vom Büro Firma Neitzel Consultants (Witten) erarbeitet und nun der Politik vorgelegt. Der Rat stimmt darüber in der kommenden Woche ab. Gibt er grünes Licht, dann tritt der Mietspiegel zum 1. Januar 2025 in Kraft. Dieser neue Mietspiegel, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken, basiere auf einer breiteren, repräsentativen Datenbasis. Damit liefere er verlässlichere Ergebnisse als der alte Mietspiegel und habe darüber hinaus eine höhere - auch rechtlich höhere - Verbindlichkeit. „Er trägt somit besser zu Transparenz und Befriedung auf dem Mietwohnungsmarkt bei“, so Hüsken.
Herne: Basistabelle bildet die Grundlage
Kern des neuen Mietspiegels ist eine Basistabelle, die der Nutzerin oder dem Nutzer eine Netto-Kaltmiete anzeigt. Anschließend sind Zu- und Abschläge möglich. Bei der Basistabelle spielen das Alter und die Größe einer Wohnung die wichtigste Rolle. Die Mietspiegel-Tabelle weist deshalb neun Bau-Altersklassen und acht Wohnungsgrößen-Klassen aus. Ein Beispiel: Bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung Baujahr 1907 wird ein Basis-Mietpreis von 5,36 Euro pro Quadratmeter angesetzt. Liegt die Wohnung dagegen in einem Haus Baujahr 2005, dann beträgt der Basis-Mietpreis 7,05 Euro.
Anschließend können besagte Zuschläge, aber auch Abschläge hinzukommen. Etwa zwei Dutzend Kriterien hat das Expertenbüro dafür aufgelistet. Gibt es ein zweites Badezimmer? Dann kommen auf die Kaltmiete der Basistabelle 35 Cent pro Quadratmeter hinzu. Hat die Wohnung eine Wohnküche oder offene Küche? Wenn ja, dann werden 10 Cent pro Quadratmeter hinzuaddiert. Weitere „Pluspunkte“ unter anderem: Parkett (plus 94 Cent/Quadratmeter), Wärmeschutz-Verglasung (plus 15 Cent), Terrasse (plus 51 Cent/Quadratmeter) oder Fenstererneuerung ab 2017 (24 Cent/Quadratmeter). Abschläge von der Basismiete treten unter anderem dann in Kraft, wenn eine Wohnung im Dachgeschoss liegt (minus 17 Cent/Quadratmeter) oder in einem Reihenmittelhaus mit Baujahr bis 1948 (minus 57 Cent/Quadratmeter).
+++ Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch: +++
- Trickdiebstahl bei Lidl: Kundin lässt Paar auffliegen
- Wie in Herne eine Eisbahn unter dem Dach entsteht
- Waschmaschine für 160 Euro? Hernerin fällt auf Fakeshop rein
Nicht zuletzt spielt erstmals die Wohnlage eine Rolle. Das Expertenbüro hat jede Straße in Herne einer Wohnlage von eins bis drei zugeordnet. Eins entspricht der Referenzlage, also der Basistabelle. Mieterinnen und Mieter, die in Wohnlage zwei wohnen, sollen zusätzlich zu den Werten in der Basistabelle sowie den Zu- und Abschlägen weitere 7 Cent pro Quadratmeter mehr bezahlen, wer in Wohnlage drei wohnt, sogar 28 Cent pro Quadratmeter. Das neue Wohnlagen-Verzeichnis geht von A wie Ahornweg (Wohnlage zwei) bis Z wie Zur-Nieden-Straße (Wohnlage drei).
Um es noch komplizierter zu machen: Eigentümerinnen und Eigentümer können von der am Ende errechneten Miete abweichen. Geplant ist mit dem neuen Mietspiegel auch eine „Mietspanne“. So soll die Miete nach unten um 13,4 Prozent und nach oben um 13,8 Prozent abweichen können – wenn nötig. In der Basistabelle, so heißt es in der städtischen Vorlage, hätten nicht alle Kriterien aufgelistet werden können. So ist ein Abschlag etwa dann möglich, wenn eine Wohnung im Erdgeschoss liegt, und ein Aufschlag ist möglich, wenn ein Haus in allen Räumen eine Fußbodenheizung hat.
In einem tabellarischen Vordruck, den die Stadt nach dem Ja des Rates ebenfalls veröffentlichen will, können Hausbesitzerinnen und -besitzer alle einzelnen Punkte eintragen und so am Ende die tatsächliche Miete errechnen und eintragen. Das Rathaus plant auch einen Online-Rechner: „In diesem können Nutzer die Merkmale ihrer Wohnung angeben und erhalten die entsprechende Miete inklusive unterer und oberer Grenze der Mietspreisspanne“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken.
>>> Weitere Informationen: Transparenz und Befriedung auf dem Mietwohnungsmarkt
- Dass Kommunen jetzt „qualifizierte Mietspiegel“ erstellen müssen, fordert der Gesetzgeber. Herne hatte sich 2022, angesichts einer Mietspiegel-Reform, dafür auf den Weg gemacht. Andere Städte waren schneller: Essen etwa hat bereits 2016 ohne Druck einen qualifizierten Mietspiegel vorgelegt.
- Auf Grundlage des Mietspiegels können Mieterinnen und Mieter sowie Vermieterinnen und Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete errechnen. Diese ist für Vermieterinnen und Vermieter die Obergrenze, bis zu der sie Mieterhöhungen durchsetzen können. Wird eine Wohnung neu vermietet, hilft der Mietspiegel aber auch den Mietenden. Sie können überprüfen, ob sich die Preisvorstellung des Vermietenden im ortsüblichen Rahmen bewegt.
- Ein qualifizierter Mietspiegel muss im Abstand von zwei Jahren an die Marktentwicklung angepasst und nach vier Jahren komplett neu erstellt werden.