Herne. Der Eickeler Heimatkundler Heinrich Lührig hat eine Chronik der Hülsmann-Brauerei zusammengestellt. Mit zwei erstaunlichen Erkenntnissen.
Fast könnte man von einer Lebensaufgabe sprechen: Heinrich Lührig hat sich als Heimatforscher im Laufe der vergangenen Jahrzehnte mit vielen unterschiedlichen Themen beschäftigt, doch ein „Forschungsobjekt“ war rund 40 Jahre lang immer präsent: die Historie der Eickeler Hülsmann-Brauerei. Jetzt hat Lührig sein Wissen - und vor allem auch seine umfangreiche private Sammlung mit Hülsmann-Gegenständen - in einer Chronik zusammengefasst.
Maybach und Jagdschloss im Taunus
Nun könnte man auf die Idee kommen, dass Lührig angesichts der langen Zeit, die er sich mit der Brauerei beschäftigt, alle Irrungen und Wirrungen der Geschichte kennt, doch ab und zu fördert er doch neue Details ans Tageslicht. Zwei stammen aus den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und sind deutliche Hinweise darauf, dass sich mit dem Bier aus dem Herzen von Eickel bestens verdienen ließ. So zeigt Lührig einen Auszug für zugelassene Kraftfahrzeuge aus dem Jahr 1926. Und unter der Nummer 23869 ist für die H. Hülsmann-Exportbrauerei ein Maybach eingetragen.
In diese Zeit fiel auch ein Bauprojekt, dass in Wanne-Eickel weitestgehend unbekannt ist, weil es im Taunus realisiert wurde. Dort ließ Hülsmann Ende der 20er-Jahre Burg Weilstein bauen. Ein Foto offenbart, dass dieses Anwesen tatsächlich einen Burg-Charakter hatte. Bis 1969 blieb das Jagdschloss im Hülsmann-Besitz, ehe es verkauft wurde. Neuer Besitzer wurde ein prominenter deutscher Sänger: Ivan Rebroff.
Hülsmann produzierte auch das Kultgetränk Afri-Cola
Lührig wirft in der Chronik einen Blick auf die fast 300-jährige Tradition der Brauerei, die 1692 erstmals urkundlich erwähnt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Bierausstoß von etwa 120.000 Hektolitern pro Jahr zu den Großbrauereien gezählt wurde. Doch es verließen nicht nur verschiedene Biersorten die Laderampe, Hülsmann produzierte darüber hinaus in den 60er- und 70er-Jahren Kultgetränke wie Bluna oder Afri-Cola.
Doch in den 60er-Jahren hatte Hülsmann seinen Zenit überschritten, ein jahrelanger Abstieg hatte eingesetzt bis zur Insolvenz. Im September 1989 waren noch 1400 DM und ein paar Groschen in der Tageskasse, beschreibt Lührig das Ende. Es folgte der Abbruch, den Lührig täglich beobachtete. Für seine Hülsmann-Story wurde er 2004 mit dem 2. Platz beim Wettbewerb zur Geschichte des Ruhrgebiets ausgezeichnet. Vom Abbruch blieb nur das Sud- und Treberhaus verschont, das später in ein Bürgerzentrum umgewandelt wurde. Neben diesem Gebäude gibt es im Stadtbild mutmaßlich nur noch einen Hinweis auf die Brauerei. Die Werbung für „Eickel Pils“ auf einer Hauswand am Alten Amt.
Fritz Walter wirbt auf Bierdeckel für WM-Tippspiel
Dafür hat Heinrich Lührig nach und nach eine Vielzahl an Gegenständen zusammengetragen, die stumme Zeugen der Hülsmann-Historie sind. Selbstverständlich Gläser, aber auch Stühle, Aschenbecher, Anstecknadeln, Flaschen oder Werbeplakate. Manche Wanne-Eickeler haben sich nach dem Ende Alltagsgegenstände wie Gläser gesichert - die Familie des Autors dieses Textes hat einen Flaschenöffner -, Lührig ist allerdings auch im Besitz von verschiedenen Raritäten: Glasflaschen mit dem aufgeprägten Namen der Brauerei oder: Bierdeckel. Auf einem wirbt Fritz Walter für ein Tippspiel zur Fußball-WM 1982.
Einen weiteren Hinweis, wie gut es der Eickeler Brauerei Anfang des 20. Jahrhunderts ging, liefern Ansichtskarten und Werbeplakate. Die ließ Hülsmann von Ludwig Hohlwein gestalten, einem der bekanntesten deutschen Grafiker jener Zeit.
Hülsmann-Fasser warten auf ihre Wiederbelebung
Heinrich Lührig Leser nimmt Leser nicht nur mit auf eine Reise durch die Hülsmann-Historie, mit den zahlreichen Gaststätten, in denen Hülsmann ausgeschenkt wurde, kann man auch ein Stück Stadtgeschichte nachvollziehen. Völlig abgeschlossen ist die Historie noch nicht. 2010 kam das Hülsmann-Festtagsbier auf den lokalen Markt - das natürlich nicht in Eickel gebraut wird. Und wer weiß, vielleicht lässt der Besitzer die überdimensionalen Hülsmann-Fässer, die lange fester Bestandteil der Cranger Kirmes waren, zu neuen Ehren kommen.
Heinrich Lührig hat von der Chronik lediglich zwei Exemplare produzieren lassen. Eins kann im Herner Stadtarchiv eingesehen werden.