Herne/Bochum. Nach einem perfiden Straßenraub auf einem Herner Supermarkt-Parkplatz kassiert eine Seriendiebin (20) Jugendhaft - das Opfer leidet bis heute.

Eine 20-jährige Ladendiebin ist nach einem dramatischen Handtaschen-Überfall auf eine 87 Jahre alte Hernerin zu zwei Jahren und drei Monaten Jugendhaft verurteilt worden. Die Angeklagte hatte vor dem Jugendschöffengericht geschwiegen. Richterin Maren Butscher zeigte sich beim Urteil „völlig erschüttert“.

Die alte Dame war am 28. Februar auf dem Rewe-Parkplatz an der Siepenstraße gerade dabei, ihre Einkäufe im Auto zu verstauen, als es passierte. Laut Urteil schlich sich Angeklagte von hinten an die Seniorin an, zerrte blitzartig am Schulterriemen der umgehängten Handtasche, riss die Hernerin so zu Boden.

Richterin: Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit leidet 

Die damals 87-Jährige hielt den Taschenriemen an der einen Seite fest, die Täterin zog mit aller Kraft an der anderen. „Sie hat mich wirklich komplett über den Boden gezogen. Das ganze Bein war danach blau“, gab die Seniorin später bei der Polizei zu Protokoll. Auch mehrere ihrer Fingernägel waren abgerissen. Nachdem die alte Dame loslassen musste, war die Räuberin geflüchtet.

„Das war eine derart niederträchtige Tat. Dafür gibt es überhaupt keine anderen Worte“, sagte Richterin Maren Butscher am Mittwoch, 30. Oktober, in der Urteilsbegründung. Dass das Überfallopfer bis heute schwer traumatisiert ist, nicht mehr alleine einkaufen geht und unter ständiger Angst leidet, habe einzig die Angeklagte zu verantworten. Auch das Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit leide durch solch perfide Taten enorm, so die Richterin.

Dass die junge Mutter aus Bochum die Handtaschenräuberin gewesen ist, daran hatte das Jugendschöffengericht „nicht die geringsten Zweifel“. Die 20-Jährige hatte zu den Vorwürfen zwar kein Wort gesagt, außerdem war der älteren Dame aus gesundheitlichen Gründen eine Zeugenvernehmung erspart worden.

Weitere Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch:

Zusammengefügt ergaben aber mehrere belastende Indizien für das Gericht die hundertprozentige Überzeugung, dass nur die Angeklagte „die Täterin gewesen ist“. So war die 20-Jährige nämlich bereits in dem Rewe-Markt von Überwachungskameras gefilmt worden, wie sie das spätere Überfallopfer, dessen Handtasche und Einkaufswagen auf Schritt und Tritt beschattet.

Außerdem war das Mitglied einer Großfamilie damals schon bei der Nahbereichsfahndung unweit der Kreuzkirche von einer Polizeibeamtin als Tatverdächtige ausgemacht worden, die geraubte Handtasche und zahlreiche Dokumente später nur wenige Meter im Gebüsch entfernt entdeckt worden. „Zeitlich und örtlich ist es ohne Stolpersteine nachzuvollziehen, dass sie die Frau beraubt haben“, legte sich das Gericht fest. 

Angeklagte hätte eigentlich im Jugendgefängnis sitzen müssen

Die Angeklagte lebt laut Urteil „wie gefangen in schwierigen Familienverhältnissen“, ist wegen unzähliger Ladendiebstähle vorbestraft. Erst im Dezember 2023 hatte das Bochumer Jugendschöffengericht gegen die Seriendiebin nach einer Klau-Serie eineinhalb Jahre Jugendgefängnis ohne Bewährung verhängt.

Dass die 20-Jährige diese rechtskräftige Haftstrafe nicht zeitnah angetreten hat, lag an von ihr und ihrer Verteidigung im Nachhinein gesäten Zweifeln an der Haftfähigkeit. „Ich bin verwirrt“, flüsterte die Angeklagte auch jetzt vor Gericht. Erst kürzlich war sie von einem Amtsarzt untersucht worden, das Ergebnis steht noch aus.

Das Urteil lautet auf Raub und Körperverletzung. Die Strafe aus 2023 wurde in die aktuelle Strafe mit einbezogen.