Herne. Die Herner Band „Why Amnesia“ wollte ein Konzert in der Schweiz spielen. Der Auftritt wurde nach stundenlangem Verhandeln abgesagt.
Der Ärger ist noch längst nicht verraucht. Gitarrist Theus Caster bedauert, dass man an der Grenze wohl zu ehrlich sein wollte. Die einfache Fahrt zu einem Auftritt in der Schweiz endete für die Herner Band „Why Amnesia“ im Fiasko. Der Auftritt wurde abgesagt. Und die Band lernte viel über das europäische und internationale Zollrecht. Der Zoll gesteht ein, dass das Verfahren nicht ganz so einfach ist, betont aber die Notwendigkeit der Regeln.
Auftritt in Biberist in der Schweiz geplant und abgesagt
Rückblick: Die fünf Bandmitglieder waren am 4. Oktober unterwegs zu einem Auftritt in Biberist in der Schweiz als Support-Band der Hardrock-Band Victory. „Wir sind mit zwei privaten Pkw gefahren“, sagt Theus. Die Band sei sich sehr wohl bewusst gewesen, dass man den EU-Zollraum verlasse und habe deshalb extra „in stundenlanger Kleinarbeit“ eine Liste aller Instrumente mit Seriennummern und Beschreibungen erstellt. Um bei der Rückkehr mit dem insgesamt 16.000 Euro teuren Equipment keinerlei Probleme zu haben, habe man die Liste bei der Ausreise beim deutschen Zoll an der Grenze in Weil am Rhein vorlegen wollen.
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Man sei sich sehr wohl bewusst gewesen, dass man hier ja nicht privat reise, sondern einen geschäftlichen Zweck verfolge. „Es wurde uns so erklärt, dass die dann den Wert der Umsatzsteuer auf einer Kreditkarte einfrieren“, sagt Theus. Bei der korrekten Rückkehr mit allem Equipment werde das dann gelöscht.
„Beim deutschen Zoll fing dann für uns das Dilemma an. Wir wurden immer wieder zwischen drei Etagen hin- und hergeschickt.“ Schließlich sei man für die Zollformalitäten an eine Spedition verwiesen worden. Diese habe für 2500 Euro und Wochenendaufschlag die Formalitäten erledigen wollen, viel zu teuer für die Band. Nach etlichen Stunden sei es schließlich so spät gewesen, dass man den Auftritt nur noch absagen konnte. „Wir können gar nicht so viel saufen, wie wir kotzen wollen“, schrieben die harten Rocker von Why Amnesia ihren Fans bei Facebook und Instagram und sagten das Konzert letztlich frustriert ab.
Instrumente gelten offiziell als Berufsausrüstung
Die Instrumente einer Band behandele man zolltechnisch als Berufsausrüstung, sagt Sprecherin Antje Bendel vom zuständigen Hauptzollamt in Lörrach. Die Regeln seien da anders als für jemanden, der privat seine Gitarre mit in den Urlaub nehme. „Für den einen oder anderen ist das Bürokratie, aber es dient natürlich auch dem Schutz der Wirtschaft.“
Für eine Band, die einem Beruf nachgehe, sei es vielleicht etwas naiv loszufahren und zu erwarten, dass man die Formalitäten spontan an der Grenze erledigen könne, heißt es. Die Zoll-Expertin rät, die Industrie- und Handelskammern im Vorfeld hinzuzuziehen. Diese könnten über ein spezielles Verfahren dafür bürgen, dass die Instrumente wieder ausgeführt werden, quasi ein Reisepass für Waren. Dazu wird ein sogenanntes „Carnet ATA“ ausgestellt und mitgeführt. Man könne sich auch vorher bei seinem zuständigen Hauptzollamt erkundigen, im Herner Fall das Dortmunder Hauptzollamt. Die von der Band angesprochene Spedition hätte das dann auch erledigen können, spontan aber nur für viel Geld.
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Steuern drohen in der Schweiz und in Deutschland
Der Grenzübertritt hin und zurück bringt für die Band zolltechnisch vier Amtsakte mit sich: Ausfuhr in Deutschland, Einfuhr in der Schweiz, Ausfuhr aus der Schweiz und Wiedereinfuhr in Deutschland. Ist nicht alles korrekt dokumentiert, drohen auch für die Instrumente Zölle, aber in jedem Fall die Einfuhrumsatzsteuer. Würde sich das denn lohnen, ein Instrument in der Schweiz teuer zu kaufen und nach Deutschland zu bringen? Die Frage nach der Motivation stelle sich für den Zoll nicht, betont Antje Bendel. Es gebe so viele Spezialfälle wie Liebhaberstücke, dass man da keine Regel festmachen könne.
Zum Einzelfall könne sie sich nicht äußern, sofern er überhaupt dokumentiert sei. Aus ihrer Sicht sei es aber für die Band „bedauerlich“. Letztlich wäre es für die Band aber teuer gekommen, wenn sie bei der Einreise in die Schweiz erwischt worden wäre. „Die Schweizer hätten die Abgabe erhoben, wenn sie nicht Gnade vor Recht ergehen lassen.“ Genau da sei dann das Carnet ATA erforderlich: „Die Schweiz möchte die Garantie haben, dass die Instrumente wieder ausgeführt werden.“
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Band: „Hätten gerne in der Schweiz gespielt“
„Der Fehler, den wir gemacht haben, ist, dass wir alles vernünftig und ehrlich machen wollten“, sagt Theus weiter frustriert. Für die Band standen am Ende 800 Kilometer vergebene Fahrstrecke. „Wir hätten echt gerne in der Schweiz gespielt.“