Herne. Bereits Schwangere suchen ein Betreuungsplatz für ihr Kind - aus Angst, sonst leer auszugehen. Die Herner Tageseltern starten ein neues Angebot.

Ihr Sorge, keinen Betreuungsplatz fürs eigene Kind zu bekommen, treibt viele Eltern in Herne um. Einige von ihnen haben die Chance genutzt, sich beim ersten „Tag der offenen Tür“ bei Herner Großtagespflegen einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, welche gute Alternative zur Kita es dort gibt. Wie groß die Ängste der Mütter und Väter ist, zeigt sich darin, dass viele der Besucherinnen an diesem Tag noch schwanger sind und sich und ihr ungeborenes Kind schon jetzt auf die Wartelisten setzen.

Eine von ihnen ist Nadja Gurski, die mit ihrem Partner Mirko Szonn zwei Wochen vorm errechneten Geburtstermin bei der Großtagespflegestelle „Waldwichtel“ in Constantin vorbeischaut. „Die Angst, nichts zu finden, ist schon groß“, sagt sie. Denn schon jetzt steht für die Staatsanwältin fest, dass sie ein Jahr nach der Geburt wieder arbeiten gehen möchte. Dabei ist für sie eine Tagesmutter bzw. eine Großtagespflege mit zumeist neun Kindern, die von zwei oder drei Tagesmüttern betreut werden, die erste Wahl. „Wir haben uns dafür entschieden, weil es kleinere Betreuungsgruppen sind als in der Kita und die Kinder alle etwa gleich groß sind.“ Außerdem sei bei der Großtagespflege der Vorteil, dass sich die Tageseltern gegenseitig vertreten könnten.

Herne: Eltern können sich unverbindlich bei Tagesmüttern umsehen

Nach den „Waldwichteln“ möchten sie sich auch noch die „Süder Rasselbande“ und die Großtagespflege „Glück Auf“ in Sodingen ansehen, denn gleich fünf Tagespflegestellen öffneten an diesem Tag ihre Türen. Weitere folgen in der kommenden Woche. „Am Ende des Tages werden wir uns wohl bei mehreren anmelden, um die Chance auf einen Platz zu erhöhen“, sagt Nadja Gurski. Der „Tag der offenen Tür“ sei eine gute Möglichkeit für Eltern, sich mehrere Einrichtungen anzuschauen.

Genau das sei auch der Grund für die Einführung des neuen Angebotes, wie es ihn bei Kitas ja bereits gebe, erläutert Britta Möller, Teamleiterin beim Verein Herner Tageseltern e.V.: „Die Idee ist, dass Eltern sich einen persönlichen Eindruck machen und unverbindlich reinschauen können.“ Viel zu oft wüssten Eltern in Herne immer noch nichts von diesem Angebot, glaubten fälschlicherweise, dass die Betreuung dort teurer sei als in einer Kita oder hätten Vorbehalte, da die Betreuung in einem familiäreren Umfeld stattfindet. Auch die Sorge vor Ausfall durch Krankheit und Urlaub sei ein Grund. Dafür haben die Herner Tageseltern bereits in Wanne einen Vertretungsstützunkt in Wanne eröffnet, ein weiterer in Mitte solle so bald wie möglich folgen. Die Räume seien an der Flottmannstraße bereits renoviert, nun suche der Verein noch eine Tagespflegeperson, die dort arbeitet, so Möller.

Bundesweiter Trend: Nachfrage bei Tagesmüttern sinkt

Trotz dieser positiven Entwicklung machen sich die Tageseltern aber auch Sorgen um die Zukunft: „Wir haben von vielen Tagesmüttern gehört, dass die Nachfrage geringer wird“, sagt Ursula Hemmerich von den „Waldwichteln“. Ihre Großtagespflege, die als erste in Herne eröffnete und am Tag der offenen Tür gleich auch ihr 15-jähriges Bestehen feierte, habe aufgrund von Empfehlungen zwar bisher immer genug Anmeldungen, aber auch sie bemerke, dass es im letzten Jahr weniger geworden sei. „Bundesweit gibt es einen Trend, dass die Nachfrage an Tagespflege abnimmt, obwohl die Zahl der Kita-Plätze nicht ausreicht“, sagt Britta Möller. In Herne seien die Plätze bisher noch belegt, dennoch beobachte man diesen Trend aufmerksam.

Ursula Hemmerich, Tagesmutter bei den Waldwichteln in Herne, bemerkt eine sinkende Nachfrage im Bereich der Tagespflege.
Ursula Hemmerich, Tagesmutter bei den Waldwichteln in Herne, bemerkt eine sinkende Nachfrage im Bereich der Tagespflege. © FUNKE Foto Services | Stephan Lucka

Ursula Hemmerich sieht mehrere mögliche Gründe für diese Entwicklung: Natürlich baue die Stadt zum einen immer mehr Kita-Plätze aus - aus ihrer Sicht zu viele im U3-Bereich und zu wenige im Ü3-Bereich. Auf Eltern werde zudem Druck gemacht, ihr zweijähriges Kind nach nur einem Jahr wieder von der Tagesmutter abzumelden und einen Kita-Platz anzunehmen, da man ihnen ein Jahr später keinen mehr anbieten könne. Das sei nicht im Sinne des Kindes. Zudem sei die Tagespflege nicht im Kita-Navigator aufgeführt, über den Eltern einen Betreuungsplatz suchen, kritisiert sie. Auch einige Eltern merken an, dass sie sich wünschen würden, die Wahloption über den Kita-Navigator angezeigt zu bekommen.

Der Tag der offenen Tür ist auch für die Tageseltern eine willkommene Chance, mehr Beachtung zu finden: „Es ist für uns eine gute Möglichkeit, Kunden zu gewinnen und das Feld der Kindertagespflege insgesamt bekannter zu machen“, sagt Britta Hennig, Tagesmutter bei der „Süder Rasselbande“. Auch sie führt an diesem Tag einige Eltern durch die Räume, beantwortet Fragen zum Essen und Schlafen.

Tagespflege in Herne - Lesen Sie auch

Unter ihnen ist Lorena Schmidt, die ebenfalls noch schwanger ist - mit errechnetem Geburtstermin im Dezember und schon jetzt auf der Suche nach einem Betreuungsplatz. Sie sei selbst Erzieherin und wisse deshalb, wie schwierig es sei, einen Platz zu bekommen. Eine Tagesmutter wäre zum Vergleich zur Kita ihre erste Wahl, allerdings hat sie, wie viele andere Eltern, ein Problem: Nach der Elternzeit bräuchte sie für ihr Kind ab Februar einen Betreuungsplatz. Das dürfte aber schwierig werden, muss Tagesmutter Hennig sie aufklären, da meist nur im August Plätze frei würden, wenn ältere Kinder einen Kita-Platz bekommen.

Dieses Problem hat Jennifer Lange nicht, die ihren Sohn Milan, der bereits ein halbes Jahr alt ist, zur Besichtigung der Waldwichtel mitgebracht hat. Sie hat durch eine Freundin vom Tag der offenen Tür gehört und ist spontan mit ihrem Mann und dem älteren Sohn vorbeigekommen. „Eigentlich hatten wir eher an eine Kita gedacht“, sagt sie. „Die Tagespflege hatten wir als Alternative noch gar nicht so im Blick“, gesteht sie. Aber das habe sich durch den Tag der offenen Tür nun definitiv geändert.

>>> Weiterer Tag der offenen Tür

  • Der „Tag der offenen Tür“ in der Kindertagespflege wurde aufgesplittet auf zwei Tage. Der zweite Termin ist am Donnerstag, 10. Oktober, von 16 bis 18 Uhr.
  • Dann stellen sich gleich neun Tagespflegepersonen oder -stellen vor: Cranger Kids, Dorstener Str. 536; Jesica-Mabel Scheffler, Karlstr. 8; Eickeler Parkwichtel, Burgstraße 21; Fliegenpilz, Mozartstr. 9; Krabbelkäfer, Wittenbergstr. 18; Little Angels, Annastr. 17; Regenbogen, Regenkamp 105; Wurzeln & Flügel, Altenhöfener Str. 18a und Zauberwald, Westring 11.
  • Weitere Informationen dazu und zur Betreuung bei einer Tagespflegeperson beim Verein Herner Tageseltern auf www.herner-tageseltern.de.