Herne. Sie fühlten sich allein gelassen, nun wurden sie erhört: Was sich für Tageseltern in Herne bald ändern soll und was das für Eltern bedeutet.

Die Zahl der Ausfalltage für Kindertagespflegepersonen soll in Herne von 30 auf 40 Tage im Jahr erhöht werden. Das ist wohl eine der zentralen Änderungen in der neuen Satzung zur Kindertagespflege, die der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie nun einstimmig beschlossen hat. Doch das sind nicht die einzigen Änderungen. Ein Überblick und Reaktionen.

Vergütung

Viele Kindertagespflegepersonen hatten zuletzt unter finanziellen Sorgen gelitten: Höhere Kosten durch die Inflation, höhere Heizkosten und zum Teil eine zu späte oder niedrige Bezahlung durch die Stadt Herne hatte einige Tageseltern sogar in Existenznöte gebracht.

Bisher erhalten Kindertagespflegepersonen in Herne 5,65 Euro pro Betreuungsstunde und Kind. Dieser Satz soll zum 1. August 2024 um 15 Cent angehoben werden auf dann 5,80 Euro pro Stunde und Kind. In den Folgejahren soll die Entlohnung weiter um jeweils 12 Cent steigen. „Eine Abfrage bei den umliegenden Kommunen ergab, dass die Anpassung mit den Vergütungssätzen vergleichbar ist“, heißt es in der Beschlussvorlage. „Das ist eine Verbesserung, die wir begrüßen, aber da wäre noch Luft nach oben“, sagt Britta Hennig, Tagesmutter bei der „Süder Rasselbande“ in Herne-Süd und Sprecherin der Regionalgruppe Herne der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V..

Ausfalltage

Bisher hatten Tageseltern 30 Ausfalltage. Diese mussten sie auch nutzen, um an Fortbildungen teilzunehmen, oder wenn sie krank waren. Um dieser zusätzlichen Belastung gerecht zu werden, sollen die Ausfalltage für Urlaub, Krankheit und Fortbildungen auf 40 Tage erhöht werden. Für die Eltern von Tageskindern bedeutet das auch, dass die Kinder zehn Tage weniger betreut sind.

Musste wie viele Tageseltern im Winter die Heizkosten im Blick behalten: Britta Hennig, Tagesmutter der Kindertagespflege „Süder Rasselbande“ ist auch Sprecherin der Regionalgruppe Herne der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V.
Musste wie viele Tageseltern im Winter die Heizkosten im Blick behalten: Britta Hennig, Tagesmutter der Kindertagespflege „Süder Rasselbande“ ist auch Sprecherin der Regionalgruppe Herne der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Es ist schon mal positiv, dass die Tage erhöht worden sind, weil es mehr Krankheitsbedarfe abdeckt und so Kindertagespflegepersonen sich nicht krank zur Arbeit schleppen müssen“, beurteilt Britta Hennig die Neuerung. „Da wäre aber noch eine Steigerung möglich, indem man zum Beispiel sagt: 30 Urlaubstage fest und bis zu sechs Wochen Krankheit weiterbezahlt. Das wäre dann eine Forderung, die wir mit der nächsten Satzung einbringen möchten.“

Vertretung

Die Stadt Herne hat die Pflicht, für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Tageskind sicherzustellen. Dazu wurden zwei Vertretungsmodelle überarbeitet: 1. Es gibt einen neuen Vertretungsstützpunkt, an dem Kinder in Not-Situationen betreut werden können, die sonst bei Tagespflegepersonen zu Hause betreut werden. 2. Bei Großtagespflegestellen erhalten Vertretungskräfte, die bei Bedarf in die Einrichtung kommen, unabhängig von einer Vertretungssituation, nach der neuen Satzung einen Sockelbetrag in Höhe von monatlich 433 Euro. „Die Bezahlung, und die Attraktivität der Vertretungsposten wurde erhöht“, lobt Hennig. „Das ist sehr gut, weil dann vielleicht auch mehr Kindertagespflegepersonen bereit sind, Vertretungen zu machen, worauf die Eltern ja Anspruch haben“, so Hennig.

Tagespflege in Herne – Lesen Sie auch:

Platzsharing

Kindertagespflegepersonen sollen bis zu acht und in Großtagespflegen bis zu 15 Betreuungsverträge abschließen können. „Diese Regelung schafft große Vorteile“, heißt es in der Beschlussvorlage. Die übrigen Betreuungsplätze könnten von Kindertagespflegepersonen als Vertretungsplätze vorgehalten werden oder ließen eine Randzeitenbetreuung zu. „Dies ist vorteilhaft, um auch den gestiegenen Bedarf an OGS-Plätzen zu decken“, heißt es weiter.

Kinder mit besonderem Förderbedarf

Um dem Anspruch auf Inklusion in der Kindertagespflege gerecht zu werden, soll künftig in jedem Einzelfall eine Prüfung des erhöhten Förderbedarfs durch die Fachberatung des Vereins Herner Tageseltern in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und den behandelnden Ärzten erfolgen. „Um Geldeinbußen und Anerkennung der Kindertagespflegeperson aufzufangen, wurde der Satz der Honorierung auf das 2,5- Fache der Stundenvergütung durch die Stadt Herne festgelegt“, heißt es in der Beschlussvorlage. „Das ist eine sehr gute Steigerung, weil somit auch die Attraktivität der Plätze inklusiver Kinder gefördert wird“, sagt Britta Hennig. „So können auch Kinder mit Behinderung Integration und Teilhabe an der Kindertagespflege finden.“

Was nicht in der Satzung steht

Tagesmutter Britta Hennig lobt den Austausch bei der Ausgestaltung der neuen Satzung. Die Kommunikation unter dem Verein, den aktiven Kindertagespflegepersonen und dem Jugendamt, den Tageseltern zuletzt kritisiert hatten, habe sich verbessert. „Es wurde auch ein Arbeitskreis initiiert, der sich mehrmals im Jahr regelmäßig trifft, um die Kommunikation und die Transparenz sowie die Zusammenarbeit zu verbessern“, so Hennig weiter. Seit einem Positionswechsel und Gesprächen, habe sich auch die pünktliche Bezahlung gebessert.

Fazit

Herne sei schon sehr gut aufgestellt in seinen Satzungen und habe damit noch mal eine Verbesserung erreicht, sagt die Sprecherin der Regionalgruppe Herne der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V. Viele Anregungen der Kindertagespflegepersonen seien umgesetzt worden. „Aber es gibt auch Bereiche, wo noch Luft nach oben ist“, so Hennig.

Und was heißt das für die Tagespflegepersonen, von denen einige wegen der schlechten Arbeitsbedingungen ans Aufhören gedacht haben? Britta Hennig dazu: „Ich weiß von Kollegen, die dennoch aufhören wollen, aber auch von welchen, die sagen: Unter den Bedingungen machen wir nun erstmal weiter.“

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Satzung soll im Januar 2024 in Kraft treten

  • Die Aktualisierungen der Satzung zur Kindertagespflege sollen ab dem 1. Januar 2024 gültig sein. Vorher berät noch am Donnerstag, 28. September, der Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Immobilien und abschließend der Rat der Stadt Herne darüber.
  • Die bis heute geltende Satzung der Kindertagespflege wurde im März 2021 vom Rat der Stadt Herne beschlossen und trat rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 in Kraft.