Herne. Warum der neue Asylkurs Grüne in Herne umtreibt und Hinterköpfe im Rat künftig eine größere Rolle spielen könnten: das Politgeflüster.
Trick 17 im Rathaus
Mit seiner Behauptung, Herne sei die grünste Stadt im Ruhrgebiet, hat Oberbürgermeister Frank Dudda 2019 nicht nur viel Gegenwind bekommen, sondern er ist auch faktisch widerlegt worden. So ganz hat sich die Verwaltung von dieser schönen Wunschvorstellung aber offenbar noch nicht verabschieden wollen.
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Die Stadt hat nun eine Karte des überarbeiteten städtebaulichen Konzepts für die (umstrittene) Bebauung am Zechenweg in Wanne vorgelegt, in der die geplanten neuen Wohnhäuser nicht wie noch im ersten Konzept weiß sind, sondern grün. Wenn den Plänen jetzt noch Taten folgen und künftig alle neu zu bauenden Häuser in Herne grün werden, ist der OB von der Umsetzung seines Traums nicht mehr weit entfernt. Im Ernst: Mit der Farbgebung dürfte die Stadt das Ziel verfolgen, dass die (von der Bürgerinitiative nach wie vor abgelehnten) Pläne auf Anwohnerinnen und Anwohner gar nicht mehr so bedrohlich wirken sollen. Pfiffig? Eher ein leicht zu durchschauender Taschenspieler- bzw. Stadtplanertrick.
Die Grünen und die Sache mit den Grundwerten
In der Bundesregierung tragen die Grünen derzeit zahlreiche Verschärfungen in der Asylpolitik mit, widersprechen damit (mal wieder) eigenen Grundsätzen - und lösen ein Brodeln bei Teilen der grünen Basis aus: In einem offenen Brief an die Parteispitze fordern mehr als 1300 Mitglieder die eigenen Regierungsmitglieder zu einem Kurswechsel auf. „Statt Humanität und Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen, setzt Deutschland verstärkt auf Abschottung, auf Zäune und sogar auf Abkommen mit autoritären Regimen, die die Würde von Schutzsuchenden mit Füßen treten“, heißt es unter anderem in dem Brief. Zu den Unterzeichnern zählen mit Ratsherr Justus Lichau, Hendryk Schäfer und Vorstandsmitglied Milena Meyers (bislang) auch drei Mitglieder aus Herne. Lichau hat beim Unterzeichnen offener Briefe schon Routine: Anfang 2023 setzte er im Kampf gegen den Braunkohle-Abbau seinen Justus unter die (auch gegen die eigenen Parteifreunde in der NRW-Landesregierung gerichtete) Forderung „Grüne Grundwerte nicht verraten: Lützerath muss bleiben“.
Dieser nun schon zweite öffentliche Kampf um wichtige Grundwerte der Grünen wirft die Frage auf: Muss man sich nicht auch irgendwann fragen, ob man noch in der richtigen Partei ist? „Ich habe mich durchaus gefragt, wie ich das mittragen kann“, sagt Lichau. Auch deshalb, weil er 2019 insbesondere wegen einer humanen Asyl- und Migrationspolitik eingetreten sei. Er ziehe einen Austritt aber nicht ernsthaft in Erwägung, weil er sich im grünen Kreisverband an der „richtigen Stelle“ fühle. Und mit Partei und Fraktion habe er auch einiges bewegen können. Und. Er wolle künftig in überregionalen Gremien mehr „Opposition in der Partei“ machen.
Erschütternd: die AfD-Rede in Rats-TV
Die Stadt Herne hat im September ihren Dienstleister für das Rats-TV gewechselt (der Bericht über die Hintergründe folgt in Kürze). Drei Dinge, die uns bei der Premiere der „Neuen“ in der jüngsten Ratssitzung auffielen. 1. Der Hinterkopf von Björn Wohlgefahrt wird künftig eine wichtige Rolle spielen, denn: der CDU-Stadtverordnete sitzt genau in der „Schusslinie“ zwischen Kamera und Sitzungsleiter Frank Dudda. 2. Eine andere (neue) Kameraeinstellung sorgt dafür, dass man Mitgliedern des Verwaltungsvorstands von hinten direkt auf den Laptop schauen kann. Das sollten die Dezernenten vielleicht künftig bedenken, bevor sie sich während der Ratssitzung etwas auf den Bildschirm holen, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. 3. Beim Wortbeitrag von AfD-Ratsherr Guido Grützmacher über Asylpolitik und Solingen wackelte dieser bzw. wackelte das Bild mit Grützmacher bedenklich. Der erste Gedanke, dass neben den demokratischen Ratsparteien auch die Kamera bzw. der Kameramann erschüttert waren ob des Beitrags, verflog schnell wieder: Wackelbilder gab es auch noch bei anderen Rednern.