Bochum/Herne. Ein Schöffe wurde für befangen erklärt: Ein Missbrauchsprozess gegen einen Herner (37) ist deshalb geplatzt. Hintergrund: eine Äußerung.
Alles zurück auf Anfang: Der Prozess um einen mutmaßlichen Missbrauch einer Jugendlichen (17) in Herne vor acht Jahren muss noch einmal von vorne beginnen. Die 11. Strafkammer am Bochumer Landgericht hat einen Schöffen für befangen erklärt und die Hauptverhandlung gegen einen Vater (37) aus Herne ausgesetzt - der Laienrichter hatte sich mehr oder weniger verplappert.
Der Schöffe soll sich während einer Sitzungspause im Beratungszimmer – offenbar bei geöffneter Tür – mit der anderen Schöffin über den Fall und den die Vorwürfe bestreitenden Angeklagten unterhalten haben. Dass der Verteidiger des Angeklagten nebenan im Gerichtssaal das Gespräch mitanhören konnte, war dem Laienrichter offenbar nicht bewusst.
Fakt ist: Der Verteidiger beanstandete später eine vorverurteilende Äußerung des Schöffen, die aus seiner Sicht massive Zweifel an dessen Unvoreingenommenheit erkennen lassen. Die Bochumer Richter folgten der Argumentation und erklärten den Befangenheitsantrag für begründet.
Weitere Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch
- Nach einem Jahr: Herner Gesamtschule hat neue Schulleitung
- Chefgehälter bei Stadttöchtern: Geheimnistuerei hat ein Ende
- Betrug im Gefängnis: Häftling poliert sein Taschengeld auf
Dazu muss man wissen: Schöffinnen und Schöffen üben während einer Verhandlung ein verantwortungsvolles Amt aus, haben unter anderem das gleiche Stimmrecht wie Berufsrichter. Insbesondere für die Unparteilichkeit der Richter gelten allerhöchste Ansprüche. Im Merkblatt der Justiz in NRW heißt es mit Blick auf das Schöffenamt unter anderem: „In ihrem äußeren Verhalten müssen Schöffen alles vermeiden, was geeignet sein könnte, bei anderen Personen Zweifel an ihrer Unparteilichkeit zu erwecken. Insbesondere müssen sie (...) jede Erörterung über den zur Verhandlung stehenden Fall unterlassen.“
Der geplatzte Prozess gegen den mutmaßlichen Sexualtäter aus Herne muss demnächst am Bochumer Landgericht mit neuen Schöffen noch einmal ganz von vorne verhandelt werden. Dem 37-Jährigen wird vorgeworfen, im Sommer 2016 einer damals 17-jährigen Bekannten in seiner Herner Wohnung einen mit Marihuana versetzten Joint gegeben zu haben. Als die Jugendliche danach schlafend auf seinem Bett lag, soll er sie im Intimbereich angefasst haben. „Die Zeugin wurde dabei wach, traute sich aber aus Angst nicht, etwas zu sagen. Sie stellte sich schlafend und hoffte, dass der Angeklagte aufhört“, heißt es in der Anklage.
Der Angeklagte hat beim Prozessauftakt im Juli seine Unschuld beteuert. Ja, die junge Frau sei im Jahr 2016 in seiner Wohnung gewesen. Und ja, sie habe auch bei ihm übernachtet. Allerdings ohne Berührungen, ohne Küsse und ohne sexuelle Handlungen. „Ich weiß nicht, wo diese Vorwürfe jetzt herkommen“, hatte der Herner versichert.