Herne. Vieles spricht dafür: Kommunal- und Bundestagswahl werden 2025 in Herne nicht am selben Tag stattfinden. Die Gründe - und warum es Kritik gibt.

Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, dass die Bundestagswahl am 28. September 2025 stattfinden soll, die endgültige Entscheidung trifft der Bundespräsident. Für die Kommunalwahl zeichnet sich ebenfalls ein Termin ab - allerdings nicht der, mit dem bislang alle gerechnet haben.

Beschlossen worden ist vom (zuständigen) NRW-Innenministerium noch nichts, doch zurzeit läuft offenbar alles darauf hinaus, dass es am 28. September 2025 in Nordrhein-Westfalen keinen Superwahlsonntag mit Bundestagswahl und Kommunalwahl geben wird. Sondern: Die Bundestagswahl soll in NRW gemeinsam mit OB-Stichwahlen stattfinden. Die „richtige“ Kommunalwahl - in Herne die Wahl des Oberbürgermeisters/der Oberbürgermeisterin, des Rates, der vier Bezirksvertretungen, des Integrationsrates und des Ruhr-Parlamentes - fände dann drei Wochen zuvor statt, am 7. September.

NRW-Landtag änderte das Kommunalwahlgesetz

Der NRW-Landtag hat kurz vor der Sommerpause zunächst mal die Voraussetzungen für eine solche Konstellation schaffen müssen. Denn: Das Kommunalwahlgesetz erlaubt bisher lediglich zwei Wochen Abstand zwischen einer OB-Wahl und einer OB-Stichwahl. Letztere wird erforderlich, wenn kein Kandidat in der ersten Runde eine absolute Mehrheit, sprich: mehr als 50 Prozent erreicht. In der zweiten Runde treten dann die beiden Kandidaten/Kandidatinnen mit den meisten Stimmen gegeneinander an. In Herne kam dies 2020 nicht zum Tragen: OB Frank Dudda setzte sich mit 63,4 Prozent gegen die vier Herausforderer von CDU, Grünen, Linkspartei und FDP durch. 2015 erhielt er 55,9 Prozent der Stimmen.

Vor der Wahl 2020 standen die vier Herner OB-Kandidaten der WAZ und Radio Herne in den Flottmann-Hallen Rede und Antwort: (v.li.) Frank Dudda (SPD), Daniel Kleibömer (Linke), Pascal Krüger (Grüne), Stefan Erdmann (Radio Herne), Timon Radicke (CDU), Michael Muscheid (WAZ) und Thomas Bloch (FDP).
Vor der Wahl 2020 standen die vier Herner OB-Kandidaten der WAZ und Radio Herne in den Flottmann-Hallen Rede und Antwort: (v.li.) Frank Dudda (SPD), Daniel Kleibömer (Linke), Pascal Krüger (Grüne), Stefan Erdmann (Radio Herne), Timon Radicke (CDU), Michael Muscheid (WAZ) und Thomas Bloch (FDP). © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Der Städte- und Gemeindebund NRW (StGB) befürwortet die Trennung zwischen den beiden „großen“ Wahlen. Die Kommunalwahlen erhielten so einen eigenen Stellenwert, sagte ein StGB-Sprecher den Westfälischen Nachrichten. Es werden allerdings auch andere Gründe für diesen Move vermutet. Der langjährige Herner FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel ist überzeugt davon, dass parteipolitische Motive hinter solchen Plänen stecken.

Die CDU wolle auf diese Weise die Wahlbeteiligung bei der OB-Stichwahl und damit die Chancen ihrer Kandidatinnen und Kandidaten erhöhen, sagt das Mitglied des FDP-Landesvorstandes. Bei den OB-Stichwahlen 2014 und 2020 hätten einige christdemokratische Bewerber in NRW Schiffbruch erlitten. Die Westfälischen Nachrichten bringen noch eine weitere (parteipolitische) Theorie ins Spiel: Durch eine hohe Wahlbeteiligung sollten AfD-Oberbürgermeisterinnen und -bürgermeister verhindert werden.

Vermutet vor allem Parteipolitik hinter den Plänen: Thomas Nückel (FDP), der 2012 bis 2022 dem Düsseldorfer Landtag angehörte.
Vermutet vor allem Parteipolitik hinter den Plänen: Thomas Nückel (FDP), der 2012 bis 2022 dem Düsseldorfer Landtag angehörte. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Hinweise auf die von Nückel vermuteten taktischen Pläne der CDU lägen ihm bisher nicht vor, erklärt der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt. Grundsätzlich stellt er fest: Mehrere Wahlen an einem Tag stattfinden zu lassen, habe generelle einige Vorteile. Die Kommunen sparten Geld und Organisationsaufwand. Und die Wahlbeteiligung steige, wenn eine „medial präsentere Wahl“, wie die Bundestagswahl, zeitgleich stattfinde, so der Herner SPD-Vize.

In Herne könnte hinsichtlich der Kosten allerdings der gegenteilige Effekt eintreten. Falls OB Dudda erneut antreten sollte - in der SPD zweifelt niemand daran -, gälte er erneut als hoher Favorit und könnte sich wie schon 2015 und 2020 in der ersten Runde durchsetzen. Die OB-Stichwahl entfiele dann. Bei einer Koppelung von Bundestags- und Kommunalwahl hätte Herne in diesem Fall einen Wahlgang und den damit verbundenen finanziellen und personellen Aufwand gespart.

Bundestagswahl kostet Herne bis zu 95.000 Euro

Die Stadt Herne bezieht auf Anfrage der WAZ recht deutlich Stellung für eine Entkoppelung. „Bei den Kommunalwahlen ist der Aufwand für die Stadt besonders hoch“, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken und verweist auf die fünf verschiedenen Wahlen (siehe oben). Das ziehe einen noch wesentlich höheren organisatorischen und finanziellen Aufwand nach sich als zum Beispiel jüngst bei der Europawahl. „Käme die Bundestagswahl hinzu, würden der organisatorische Aufwand und die ohnehin besonders hohe Belastung der Wahlhelfenden bei Kommunalwahlen noch einmal gesteigert“, so Hüsken. Und: Eine eventuelle OB-Stichwahl am Tag der Bundestagswahl würde mutmaßlich zu einer höheren Wahlbeteiligung bei einer Stichwahl führen, was eine Stärkung der Demokratie bedeute.

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Der finanzielle Aspekt bei einer drei Wochen nach der Kommunalwahl stattfindenden Bundestagswahl wäre für Herne eher zu vernachlässigen: Die Kosten, die durch eine Bundestagswahl für eine Kommune entstehen, halten sich aufgrund von Erstattungen des Bundes in Grenzen. Die Stadt rechnet bei einer Bundestagswahl mit einem Aufwand von selbst zu tragenden Kosten in Höhe von 35.000 Euro bis 95.000 Euro.

Das sagt das NRW-Innenministerium zur Terminfrage

  • Das von Herbert Reul (CDU) geführte NRW-Innenministerium hält sich zur Terminfrage noch bedeckt.
  • „Zu den im Jahr 2025 stattfindenden Kommunalwahlen ist noch keine Entscheidung getroffen“, so ein Sprecher zur WAZ. Und: Der Kommunalwahltermin 2020 sei etwa ein Jahr zuvor festgelegt worden.