Herne. Das Shoah-Mahnmal wird künftig per Video überwacht. Das hat der Rat beschlossen. Warum sich die Stadt über einen WAZ-Bericht ärgert.
Das Shoah-Mahnmal in Herne wird wieder geöffnet. Zugleich soll es mithilfe einer Kameraüberwachung vor weiteren Anschlägen geschützt werden. Diesem Vorschlag der Stadt hat der Rat am Dienstag, 25. Juni, in nicht-öffentlicher Sitzung zugestimmt.
Rückblick: Das Shoah-Mahnmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz, 2010 errichtet, wurde mehrfach geschändet. Es zeigt eine Betonwand, an der 401 Okulare aus Glas angebracht sind, unter denen die Namen, Geburts- und Todesdaten der jüdischen Nazi-Opfer aus Herne aufgelistet sind. Weil es mehrere Anschläge auf die Betonwand gab, unter anderem mit Farbe, wurde die Wand verhüllt, und die Politik beschloss den Bau von Schutztoren. Die tonnenschweren Tore sind aber eine Fehlkonstruktion, sie lassen sich auf Knopfdruck nicht bewegen. Deshalb ist die gelb eingefärbte Wand noch immer und seit der Einweihung fast dauerhaft versperrt. Auf Antrag der rot-schwarzen Ratskoalition beschloss der Rat im März 2024, die Betonwand für die Öffentlichkeit endlich wieder zugänglich zu machen - mit der Forderung, dass sie zugleich vor weiteren Anschlägen geschützt wird, beispielsweise durch Kameras. Die Stadt sollte prüfen, ob und wie das möglich ist.
Stadt Herne plant zwei Kameras mit Nachtsichtfunktion
Die Prüfung ist nun abgeschlossen. Das Rathaus spricht sich ebenfalls für eine Kameraüberwachung aus. Zugleich sollen die Schutztore aus Baubronze in geöffnetem Zustand an der Wand fixiert werden, heißt es in einer nicht-öffentlichen Vorlage für den Rat. Die Künstler des Shoah-Mahnmals hätten dafür ihre Zustimmung gegeben. Die Kosten für die Fixierung der Tore beziffert die Stadt auf rund 65.000 Euro, die für die Videoanlage auf rund 25.000 Euro.
Die vom Rat ins Spiel gebrachte Videoüberwachung sei „rechtlich und technisch möglich“, so die Stadt in der Vorlage. Sie schlägt zwei Kameras mit Nachtsichtfunktion vor, die so angebracht werden, dass möglichst ausschließlich das Denkmal erfasst wird. Menschen, die sich neben dem Denkmal aufhalten, sollen nicht aufgenommen werden. Die Bilder sollen maximal 72 Stunden gespeichert und im Fall eines Anschlags begutachtet werden, um dem Täter oder der Täterin so auf die Spur kommen zu können. Eine Liveübertragung der Bilder, zum Beispiel zur Polizei, hat die Stadt nicht geplant.
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Mit diesen Plänen folgt die Stadt einem Vorschlag, den Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) zum Jahreswechsel im WAZ-Interview gemacht hatte. Die Bilder, so schlug er damals vor, sollen nicht live bei der Polizei auflaufen, weil sie von Beamten permanent gesichtet werden müssten. Stattdessen sollten sie gespeichert und bei Bedarf begutachtet werden. SPD und CDU, die den Ball aufnahmen und den Prüfauftrag stellten, sahen das ähnlich. Die Bilder, so SPD-Fraktionschef Udo Sobieski im März im Rat, könnten im Nachhinein gesichtet werden. Das habe „hohes Abschreckungspotenzial“. Dennoch: „Einen vollständigen Schutz wird es nicht geben.“
In der besagten Märzsitzung signalisierten die Grünen, die größte Opposition im Rat, Zustimmung zu einer Videoüberwachung. Sie baten die Stadt aber zugleich, auch andere Schutzvarianten zu prüfen, die früher aus Kostengründen verworfen wurden, darunter Tore aus Glas oder eine Einhausung des Denkmals aus Glas. Andere Schutzvarianten hat das Rathaus aber verworfen: Ein gleichwertiges Mittel zur dauerhaften Überwachung und Sicherung des Denkmals sei „aufgrund der Beschaffenheit des Shoah-Mahnmals nicht ersichtlich“. So komme etwa auch der Einsatz von Wachpersonal unter anderem aus Kostengründen nicht infrage. Rechtliche Bedenken gegen eine Videoüberwachung meldeten im März die Linken und die Piraten an.
Herner Rat: OB Dudda kritisiert Berichterstattung
Der Antrag der Piraten in der Ratssitzung am Dienstag, die Videoüberwachung aufgrund der bereits erfolgten WAZ-Berichterstattung in öffentlicher Sitzung zu diskutieren und zu beschließen, wurde mit breiter Mehrheit abgelehnt. OB Frank Dudda erklärte, dass der WAZ-Bericht über die nicht-öffentliche Vorlage die Verwaltung „nicht erfreut“ habe; darüber werde noch zu reden sein.
Hintergrund: In der Vorlage begründet die Stadt die Nicht-Öffentlichkeit damit, dass nicht bekannt werden solle, dass keine Echtzeit-Überwachung per Video stattfinde. Durch das Zurückhalten dieses technischen Details solle eine „abschreckende Wirkung“ erzielt werden, ergänzte Kämmerer und Immobiliendezernent Marc Ulrich in der Ratssitzung.
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Was die Stadt im Rat nicht erwähnte: Dass der Oberbürgermeister Ende 2023 im besagten WAZ-Interview, also streng öffentlich zum Thema Videoüberwachung erklärt hatte, dass die Bilder vom Shoah-Mahnmal nicht live bei der Polizei auflaufen sollten, sondern „nur“ gespeichert, bis zu 24 Stunden archiviert und bei Bedarf gesichtet werden sollten (siehe oben).
Nach dem Ratsbeschluss soll die Maßnahme nun „zeitnah“ umgesetzt werden.